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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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sten Freund, der uns bey den Brustbildern der
sämmtlichen Kaiser, die in einer gewissen Hö¬
he umher gemalt waren, etwas von ihren
Thaten erzählen mochte.

Von Carl dem Großen vernahmen wir
manches Mährchenhafte; aber das Historisch¬
interessante für uns fing erst mit Rudolph
von Habsburg an, der durch seine Mannheit
so großen Verwirrungen ein Ende gemacht.
Auch Carl der vierte zog unsre Aufmerksam¬
keit an sich. Wir hatten schon von der gold¬
nen Bulle und der peinlichen Halsgerichtsord¬
nung gehört, auch daß er den Frankfurtern
ihre Anhänglichkeit an seinen edlen Gegenkai¬
ser, Günther von Schwarzburg, nicht entgel¬
ten ließ. Maximilianen hörten wir als einen
Menschen- und Bürgerfreund loben, und daß
von ihm prophezeyt worden, er werde der
letzte Kaiser aus einem deutschen Hause seyn;
welches denn auch leider eingetroffen, indem
nach seinem Tode die Wahl nur zwischen dem

ſten Freund, der uns bey den Bruſtbildern der
ſaͤmmtlichen Kaiſer, die in einer gewiſſen Hoͤ¬
he umher gemalt waren, etwas von ihren
Thaten erzaͤhlen mochte.

Von Carl dem Großen vernahmen wir
manches Maͤhrchenhafte; aber das Hiſtoriſch¬
intereſſante fuͤr uns fing erſt mit Rudolph
von Habsburg an, der durch ſeine Mannheit
ſo großen Verwirrungen ein Ende gemacht.
Auch Carl der vierte zog unſre Aufmerkſam¬
keit an ſich. Wir hatten ſchon von der gold¬
nen Bulle und der peinlichen Halsgerichtsord¬
nung gehoͤrt, auch daß er den Frankfurtern
ihre Anhaͤnglichkeit an ſeinen edlen Gegenkai¬
ſer, Guͤnther von Schwarzburg, nicht entgel¬
ten ließ. Maximilianen hoͤrten wir als einen
Menſchen- und Buͤrgerfreund loben, und daß
von ihm prophezeyt worden, er werde der
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welches denn auch leider eingetroffen, indem
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[28/0044] ſten Freund, der uns bey den Bruſtbildern der ſaͤmmtlichen Kaiſer, die in einer gewiſſen Hoͤ¬ he umher gemalt waren, etwas von ihren Thaten erzaͤhlen mochte. Von Carl dem Großen vernahmen wir manches Maͤhrchenhafte; aber das Hiſtoriſch¬ intereſſante fuͤr uns fing erſt mit Rudolph von Habsburg an, der durch ſeine Mannheit ſo großen Verwirrungen ein Ende gemacht. Auch Carl der vierte zog unſre Aufmerkſam¬ keit an ſich. Wir hatten ſchon von der gold¬ nen Bulle und der peinlichen Halsgerichtsord¬ nung gehoͤrt, auch daß er den Frankfurtern ihre Anhaͤnglichkeit an ſeinen edlen Gegenkai¬ ſer, Guͤnther von Schwarzburg, nicht entgel¬ ten ließ. Maximilianen hoͤrten wir als einen Menſchen- und Buͤrgerfreund loben, und daß von ihm prophezeyt worden, er werde der letzte Kaiſer aus einem deutſchen Hauſe ſeyn; welches denn auch leider eingetroffen, indem nach ſeinem Tode die Wahl nur zwiſchen dem

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/44>, abgerufen am 30.04.2024.