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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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Klopstock und Gleim, die persönliche Würde
gern wegwarf, weil er sich zutraute, sie jeden
Augenblick wieder ergreifen und aufnehmen zu
können, gefiel sich in einem zerstreuten Wirths¬
haus- und Weltleben, da er gegen sein mäch¬
tig arbeitendes Innere stets ein gewaltiges Ge¬
gengewicht brauchte, und so hatte er sich auch
in das Gefolge des Generals Tauentzien bege¬
ben. Man erkennt leicht, wie genanntes
Stück zwischen Krieg und Frieden, Haß und
Neigung erzeugt ist. Diese Production war
es, die den Blick in eine höhere, bedeutendere
Welt aus der litterarischen und bürgerlichen,
in welcher sich die Dichtkunst bisher bewegt
hatte, glücklich eröffnete.

Die gehässige Spannung, in welcher Preu¬
ßen und Sachsen sich während dieses Kriegs ge¬
gen einander befanden, konnte durch die Been¬
digung desselben nicht aufgehoben werden. Der
Sachse fühlte nun erst recht schmerzlich die
Wunden, die ihm der überstolz gewordene

Klopſtock und Gleim, die perſoͤnliche Wuͤrde
gern wegwarf, weil er ſich zutraute, ſie jeden
Augenblick wieder ergreifen und aufnehmen zu
koͤnnen, gefiel ſich in einem zerſtreuten Wirths¬
haus- und Weltleben, da er gegen ſein maͤch¬
tig arbeitendes Innere ſtets ein gewaltiges Ge¬
gengewicht brauchte, und ſo hatte er ſich auch
in das Gefolge des Generals Tauentzien bege¬
ben. Man erkennt leicht, wie genanntes
Stuͤck zwiſchen Krieg und Frieden, Haß und
Neigung erzeugt iſt. Dieſe Production war
es, die den Blick in eine hoͤhere, bedeutendere
Welt aus der litterariſchen und buͤrgerlichen,
in welcher ſich die Dichtkunſt bisher bewegt
hatte, gluͤcklich eroͤffnete.

Die gehaͤſſige Spannung, in welcher Preu¬
ßen und Sachſen ſich waͤhrend dieſes Kriegs ge¬
gen einander befanden, konnte durch die Been¬
digung deſſelben nicht aufgehoben werden. Der
Sachſe fuͤhlte nun erſt recht ſchmerzlich die
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[162/0170] Klopſtock und Gleim, die perſoͤnliche Wuͤrde gern wegwarf, weil er ſich zutraute, ſie jeden Augenblick wieder ergreifen und aufnehmen zu koͤnnen, gefiel ſich in einem zerſtreuten Wirths¬ haus- und Weltleben, da er gegen ſein maͤch¬ tig arbeitendes Innere ſtets ein gewaltiges Ge¬ gengewicht brauchte, und ſo hatte er ſich auch in das Gefolge des Generals Tauentzien bege¬ ben. Man erkennt leicht, wie genanntes Stuͤck zwiſchen Krieg und Frieden, Haß und Neigung erzeugt iſt. Dieſe Production war es, die den Blick in eine hoͤhere, bedeutendere Welt aus der litterariſchen und buͤrgerlichen, in welcher ſich die Dichtkunſt bisher bewegt hatte, gluͤcklich eroͤffnete. Die gehaͤſſige Spannung, in welcher Preu¬ ßen und Sachſen ſich waͤhrend dieſes Kriegs ge¬ gen einander befanden, konnte durch die Been¬ digung deſſelben nicht aufgehoben werden. Der Sachſe fuͤhlte nun erſt recht ſchmerzlich die Wunden, die ihm der uͤberſtolz gewordene

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/170>, abgerufen am 21.11.2024.