vorzuzeigen, wobey er uns denn freylich aus¬ schalt, daß wir uns nicht nach seinem Bey¬ spiel und Muster eben so am Schreibtisch be¬ trügen. Nun kam er wieder auf den Con¬ trast mit dem Setzer zurück, kehrte einen an¬ gefangenen Brief das Oberste zu unterst, und zeigte wie unanständig es sey, etwa von un¬ ten nach oben, oder von der Rechten zur Lin¬ ken zu schreiben, und was dergleichen Dinge mehr waren, womit man ganze Bände an¬ füllen könnte.
Mit solchen unschädlichen Thorheiten ver¬ geudeten wir die schöne Zeit, wobey keinem eingefallen wäre, daß aus unserem Kreis zu¬ fällig etwas ausgehen würde, welches allge¬ meine Sensation erregen und uns nicht in den besten Leumund bringen sollte.
Gellert mochte wenig Freude an seinem Practicum haben, und wenn er allenfalls Lust empfand, einige Anleitung im prosaischen und
vorzuzeigen, wobey er uns denn freylich aus¬ ſchalt, daß wir uns nicht nach ſeinem Bey¬ ſpiel und Muſter eben ſo am Schreibtiſch be¬ truͤgen. Nun kam er wieder auf den Con¬ traſt mit dem Setzer zuruͤck, kehrte einen an¬ gefangenen Brief das Oberſte zu unterſt, und zeigte wie unanſtaͤndig es ſey, etwa von un¬ ten nach oben, oder von der Rechten zur Lin¬ ken zu ſchreiben, und was dergleichen Dinge mehr waren, womit man ganze Baͤnde an¬ fuͤllen koͤnnte.
Mit ſolchen unſchaͤdlichen Thorheiten ver¬ geudeten wir die ſchoͤne Zeit, wobey keinem eingefallen waͤre, daß aus unſerem Kreis zu¬ faͤllig etwas ausgehen wuͤrde, welches allge¬ meine Senſation erregen und uns nicht in den beſten Leumund bringen ſollte.
Gellert mochte wenig Freude an ſeinem Practicum haben, und wenn er allenfalls Luſt empfand, einige Anleitung im proſaiſchen und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0215"n="207"/>
vorzuzeigen, wobey er uns denn freylich aus¬<lb/>ſchalt, daß wir uns nicht nach ſeinem Bey¬<lb/>ſpiel und Muſter eben ſo am Schreibtiſch be¬<lb/>
truͤgen. Nun kam er wieder auf den Con¬<lb/>
traſt mit dem Setzer zuruͤck, kehrte einen an¬<lb/>
gefangenen Brief das Oberſte zu unterſt, und<lb/>
zeigte wie unanſtaͤndig es ſey, etwa von un¬<lb/>
ten nach oben, oder von der Rechten zur Lin¬<lb/>
ken zu ſchreiben, und was dergleichen Dinge<lb/>
mehr waren, womit man ganze Baͤnde an¬<lb/>
fuͤllen koͤnnte.</p><lb/><p>Mit ſolchen unſchaͤdlichen Thorheiten ver¬<lb/>
geudeten wir die ſchoͤne Zeit, wobey keinem<lb/>
eingefallen waͤre, daß aus unſerem Kreis zu¬<lb/>
faͤllig etwas ausgehen wuͤrde, welches allge¬<lb/>
meine Senſation erregen und uns nicht in<lb/>
den beſten Leumund bringen ſollte.</p><lb/><p>Gellert mochte wenig Freude an ſeinem<lb/>
Practicum haben, und wenn er allenfalls Luſt<lb/>
empfand, einige Anleitung im proſaiſchen und<lb/></p></div></body></text></TEI>
[207/0215]
vorzuzeigen, wobey er uns denn freylich aus¬
ſchalt, daß wir uns nicht nach ſeinem Bey¬
ſpiel und Muſter eben ſo am Schreibtiſch be¬
truͤgen. Nun kam er wieder auf den Con¬
traſt mit dem Setzer zuruͤck, kehrte einen an¬
gefangenen Brief das Oberſte zu unterſt, und
zeigte wie unanſtaͤndig es ſey, etwa von un¬
ten nach oben, oder von der Rechten zur Lin¬
ken zu ſchreiben, und was dergleichen Dinge
mehr waren, womit man ganze Baͤnde an¬
fuͤllen koͤnnte.
Mit ſolchen unſchaͤdlichen Thorheiten ver¬
geudeten wir die ſchoͤne Zeit, wobey keinem
eingefallen waͤre, daß aus unſerem Kreis zu¬
faͤllig etwas ausgehen wuͤrde, welches allge¬
meine Senſation erregen und uns nicht in
den beſten Leumund bringen ſollte.
Gellert mochte wenig Freude an ſeinem
Practicum haben, und wenn er allenfalls Luſt
empfand, einige Anleitung im proſaiſchen und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/215>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.