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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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Ich zog daher meinen Freund in die Wäl¬
der und, indem ich die einförmigen Fichten
floh, sucht' ich jene schönen belaubten Haine,
die sich zwar nicht weit und breit in der Ge¬
gend erstrecken, aber doch immer von solchem
Umfange sind, daß ein armes verwundetes
Herz sich darin verbergen kann. In der
größten Tiefe des Waldes hatte ich mir ei¬
nen ernsten Platz ausgesucht, wo die ältesten
Eichen und Buchen einen herrlich großen, be¬
schatteten Raum bildeten. Etwas abhängig
war der Boden und machte das Verdienst
der alten Stämme nur desto bemerkbarer.
Rings an diesen freyen Kreis schlossen sich
die dichtesten Gebüsche, aus denen bemooste
Felsen mächtig und würdig hervorblickten und
einem wasserreichen Bach einen raschen Fall
verschafften.

Kaum hatte ich meinen Freund, der sich
lieber in freyer Landschaft am Strom unter
Menschen befand, hierher genöthiget, als er

Ich zog daher meinen Freund in die Waͤl¬
der und, indem ich die einfoͤrmigen Fichten
floh, ſucht' ich jene ſchoͤnen belaubten Haine,
die ſich zwar nicht weit und breit in der Ge¬
gend erſtrecken, aber doch immer von ſolchem
Umfange ſind, daß ein armes verwundetes
Herz ſich darin verbergen kann. In der
groͤßten Tiefe des Waldes hatte ich mir ei¬
nen ernſten Platz ausgeſucht, wo die aͤlteſten
Eichen und Buchen einen herrlich großen, be¬
ſchatteten Raum bildeten. Etwas abhaͤngig
war der Boden und machte das Verdienſt
der alten Staͤmme nur deſto bemerkbarer.
Rings an dieſen freyen Kreis ſchloſſen ſich
die dichteſten Gebuͤſche, aus denen bemooste
Felſen maͤchtig und wuͤrdig hervorblickten und
einem waſſerreichen Bach einen raſchen Fall
verſchafften.

Kaum hatte ich meinen Freund, der ſich
lieber in freyer Landſchaft am Strom unter
Menſchen befand, hierher genoͤthiget, als er

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[16/0024] Ich zog daher meinen Freund in die Waͤl¬ der und, indem ich die einfoͤrmigen Fichten floh, ſucht' ich jene ſchoͤnen belaubten Haine, die ſich zwar nicht weit und breit in der Ge¬ gend erſtrecken, aber doch immer von ſolchem Umfange ſind, daß ein armes verwundetes Herz ſich darin verbergen kann. In der groͤßten Tiefe des Waldes hatte ich mir ei¬ nen ernſten Platz ausgeſucht, wo die aͤlteſten Eichen und Buchen einen herrlich großen, be¬ ſchatteten Raum bildeten. Etwas abhaͤngig war der Boden und machte das Verdienſt der alten Staͤmme nur deſto bemerkbarer. Rings an dieſen freyen Kreis ſchloſſen ſich die dichteſten Gebuͤſche, aus denen bemooste Felſen maͤchtig und wuͤrdig hervorblickten und einem waſſerreichen Bach einen raſchen Fall verſchafften. Kaum hatte ich meinen Freund, der ſich lieber in freyer Landſchaft am Strom unter Menſchen befand, hierher genoͤthiget, als er

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/24>, abgerufen am 21.11.2024.