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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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schien er geneigter zu seyn, etwas gelegentlich,
zu einem gewissen Zweck und Gebrauch zu
verfertigen, als daß er für sich bestehende
Dinge, welche eine größere Vollendung ver¬
langen, unternommen und ausgearbeitet hätte:
deshalb er auch immer bereit und zur Hand
war, wenn die Buchhändler größere und klei¬
nere Kupfer zu irgend einem Werk verlangten;
wie denn die Vignetten zu Winkelmanns er¬
sten Schriften von ihm radirt sind. Oft aber
machte er nur sehr skizzenhafte Zeichnungen,
in welche sich Geyser ganz gut zu sckicken
verstand. Seine Figuren hatten durchaus et¬
was Allgemeines, um nicht zu sagen Ideelles.
Seine Frauen waren angenehm und gefällig,
seine Kinder naiv genug; nur mit den Män¬
nern wollte es nicht fort, die, bey seiner
zwar geistreichen, aber doch immer nebuli¬
stischen und zugleich abbrevirenden Manier,
meistentheils das Ansehn von Lazaroni erhiel¬
ten. Da er seine Compositionen überhaupt
weniger auf Form, als auf Licht, Schatten

ſchien er geneigter zu ſeyn, etwas gelegentlich,
zu einem gewiſſen Zweck und Gebrauch zu
verfertigen, als daß er fuͤr ſich beſtehende
Dinge, welche eine groͤßere Vollendung ver¬
langen, unternommen und ausgearbeitet haͤtte:
deshalb er auch immer bereit und zur Hand
war, wenn die Buchhaͤndler groͤßere und klei¬
nere Kupfer zu irgend einem Werk verlangten;
wie denn die Vignetten zu Winkelmanns er¬
ſten Schriften von ihm radirt ſind. Oft aber
machte er nur ſehr ſkizzenhafte Zeichnungen,
in welche ſich Geyſer ganz gut zu ſckicken
verſtand. Seine Figuren hatten durchaus et¬
was Allgemeines, um nicht zu ſagen Ideelles.
Seine Frauen waren angenehm und gefaͤllig,
ſeine Kinder naiv genug; nur mit den Maͤn¬
nern wollte es nicht fort, die, bey ſeiner
zwar geiſtreichen, aber doch immer nebuli¬
ſtiſchen und zugleich abbrevirenden Manier,
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[234/0242] ſchien er geneigter zu ſeyn, etwas gelegentlich, zu einem gewiſſen Zweck und Gebrauch zu verfertigen, als daß er fuͤr ſich beſtehende Dinge, welche eine groͤßere Vollendung ver¬ langen, unternommen und ausgearbeitet haͤtte: deshalb er auch immer bereit und zur Hand war, wenn die Buchhaͤndler groͤßere und klei¬ nere Kupfer zu irgend einem Werk verlangten; wie denn die Vignetten zu Winkelmanns er¬ ſten Schriften von ihm radirt ſind. Oft aber machte er nur ſehr ſkizzenhafte Zeichnungen, in welche ſich Geyſer ganz gut zu ſckicken verſtand. Seine Figuren hatten durchaus et¬ was Allgemeines, um nicht zu ſagen Ideelles. Seine Frauen waren angenehm und gefaͤllig, ſeine Kinder naiv genug; nur mit den Maͤn¬ nern wollte es nicht fort, die, bey ſeiner zwar geiſtreichen, aber doch immer nebuli¬ ſtiſchen und zugleich abbrevirenden Manier, meiſtentheils das Anſehn von Lazaroni erhiel¬ ten. Da er ſeine Compoſitionen uͤberhaupt weniger auf Form, als auf Licht, Schatten

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/242>, abgerufen am 21.11.2024.