tefeuille zu sehen, und leitete uns dadurch zur Geschichte der Kunst ein. Aber auch diese Uebungen brachten bey mir eine andere Wir¬ kung hervor, als er im Sinn haben mochte. Die mancherley Gegenstände, welche ich von den Künstlern behandelt sah, erweckten das poetische Talent in mir, und wie man ja wohl ein Kupfer zu einem Gedicht macht, so machte ich nun Gedichte zu den Kupfern und Zeichnungen, indem ich mir die darauf vorge¬ stellten Personen in ihrem vorhergehenden und nachfolgenden Zustande zu vergegenwärtigen, bald auch ein kleines Lied, das ihnen wohl geziemt hätte, zu dichten wußte, und so mich gewöhnte, die Künste in Verbindung mit ein¬ ander zu betrachten. Ja selbst die Fehlgriffe, die ich that, daß meine Gedichte manchmal beschreibend wurden, waren mir in der Fol¬ ge, als ich zu mehrerer Besinnung kam, nütz¬ lich, indem sie mich auf den Unterschied der Künste aufmerksam machten. Von solchen klei¬ nen Dingen standen mehrere in der Samm¬
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tefeuille zu ſehen, und leitete uns dadurch zur Geſchichte der Kunſt ein. Aber auch dieſe Uebungen brachten bey mir eine andere Wir¬ kung hervor, als er im Sinn haben mochte. Die mancherley Gegenſtaͤnde, welche ich von den Kuͤnſtlern behandelt ſah, erweckten das poetiſche Talent in mir, und wie man ja wohl ein Kupfer zu einem Gedicht macht, ſo machte ich nun Gedichte zu den Kupfern und Zeichnungen, indem ich mir die darauf vorge¬ ſtellten Perſonen in ihrem vorhergehenden und nachfolgenden Zuſtande zu vergegenwaͤrtigen, bald auch ein kleines Lied, das ihnen wohl geziemt haͤtte, zu dichten wußte, und ſo mich gewoͤhnte, die Kuͤnſte in Verbindung mit ein¬ ander zu betrachten. Ja ſelbſt die Fehlgriffe, die ich that, daß meine Gedichte manchmal beſchreibend wurden, waren mir in der Fol¬ ge, als ich zu mehrerer Beſinnung kam, nuͤtz¬ lich, indem ſie mich auf den Unterſchied der Kuͤnſte aufmerkſam machten. Von ſolchen klei¬ nen Dingen ſtanden mehrere in der Samm¬
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tefeuille zu ſehen, und leitete uns dadurch zur
Geſchichte der Kunſt ein. Aber auch dieſe
Uebungen brachten bey mir eine andere Wir¬
kung hervor, als er im Sinn haben mochte.
Die mancherley Gegenſtaͤnde, welche ich von
den Kuͤnſtlern behandelt ſah, erweckten das
poetiſche Talent in mir, und wie man ja
wohl ein Kupfer zu einem Gedicht macht, ſo
machte ich nun Gedichte zu den Kupfern und
Zeichnungen, indem ich mir die darauf vorge¬
ſtellten Perſonen in ihrem vorhergehenden und
nachfolgenden Zuſtande zu vergegenwaͤrtigen,
bald auch ein kleines Lied, das ihnen wohl
geziemt haͤtte, zu dichten wußte, und ſo mich
gewoͤhnte, die Kuͤnſte in Verbindung mit ein¬
ander zu betrachten. Ja ſelbſt die Fehlgriffe,
die ich that, daß meine Gedichte manchmal
beſchreibend wurden, waren mir in der Fol¬
ge, als ich zu mehrerer Beſinnung kam, nuͤtz¬
lich, indem ſie mich auf den Unterſchied der
Kuͤnſte aufmerkſam machten. Von ſolchen klei¬
nen Dingen ſtanden mehrere in der Samm¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/249>, abgerufen am 24.11.2024.
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