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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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glocke zu verhören. Außerdem gab er wenig
Acht auf die Gesellschaft, auch kaum wenn
er widersprach. Man hatte mich, um ihn
sicherer zu machen, nicht zwischen die Schwe¬
stern, sondern an das Ende des Tisches ge¬
setzt, wo Georges manchmal zu sitzen pflegte.
Als er, mir im Rücken, zur Thür herein¬
gekommen war, schlug er mir derb auf die
Achsel und sagte: Georges, gesegnete Mahl¬
zeit! -- Schönen Dank, Junker! erwiederte
ich. -- Die fremde Stimme, das fremde
Gesicht erschreckten ihn. -- Was sagst du?
rief Olivie, sieht er seinem Bruder nicht recht
ähnlich? -- Ja wohl, von hinten, versetz¬
te Moses, der sich gleich wieder zu fassen
wußte, wie allen Leuten. Er sah mich gar
nicht wieder an und beschäftigte sich bloß, die
Gerichte, die er nachzuholen hatte, eifrig
hinunterzuschlingen. Dann beliebte es ihm
auch, gelegentlich aufzustehen und sich in Hof
und Garten etwas zu schaffen zu machen.

glocke zu verhoͤren. Außerdem gab er wenig
Acht auf die Geſellſchaft, auch kaum wenn
er widerſprach. Man hatte mich, um ihn
ſicherer zu machen, nicht zwiſchen die Schwe¬
ſtern, ſondern an das Ende des Tiſches ge¬
ſetzt, wo Georges manchmal zu ſitzen pflegte.
Als er, mir im Ruͤcken, zur Thuͤr herein¬
gekommen war, ſchlug er mir derb auf die
Achſel und ſagte: Georges, geſegnete Mahl¬
zeit! — Schoͤnen Dank, Junker! erwiederte
ich. — Die fremde Stimme, das fremde
Geſicht erſchreckten ihn. — Was ſagſt du?
rief Olivie, ſieht er ſeinem Bruder nicht recht
aͤhnlich? — Ja wohl, von hinten, verſetz¬
te Moſes, der ſich gleich wieder zu faſſen
wußte, wie allen Leuten. Er ſah mich gar
nicht wieder an und beſchaͤftigte ſich bloß, die
Gerichte, die er nachzuholen hatte, eifrig
hinunterzuſchlingen. Dann beliebte es ihm
auch, gelegentlich aufzuſtehen und ſich in Hof
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[567/0575] glocke zu verhoͤren. Außerdem gab er wenig Acht auf die Geſellſchaft, auch kaum wenn er widerſprach. Man hatte mich, um ihn ſicherer zu machen, nicht zwiſchen die Schwe¬ ſtern, ſondern an das Ende des Tiſches ge¬ ſetzt, wo Georges manchmal zu ſitzen pflegte. Als er, mir im Ruͤcken, zur Thuͤr herein¬ gekommen war, ſchlug er mir derb auf die Achſel und ſagte: Georges, geſegnete Mahl¬ zeit! — Schoͤnen Dank, Junker! erwiederte ich. — Die fremde Stimme, das fremde Geſicht erſchreckten ihn. — Was ſagſt du? rief Olivie, ſieht er ſeinem Bruder nicht recht aͤhnlich? — Ja wohl, von hinten, verſetz¬ te Moſes, der ſich gleich wieder zu faſſen wußte, wie allen Leuten. Er ſah mich gar nicht wieder an und beſchaͤftigte ſich bloß, die Gerichte, die er nachzuholen hatte, eifrig hinunterzuſchlingen. Dann beliebte es ihm auch, gelegentlich aufzuſtehen und ſich in Hof und Garten etwas zu ſchaffen zu machen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 567. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/575>, abgerufen am 24.11.2024.