bewahren muß. Daß er jedoch bey allen sei¬ nen Arbeiten verneinend und zerstörend zu Werke ging, war ihm selbst unangenehm, und er sprach es oft aus, er beneide mich um mei¬ ne unschuldige Darstellungslust, welche aus der Freude an dem Vorbild und dem Nach¬ gebildeten entspringe.
Uebrigens hätte ihm sein literarischer Di¬ lettantismus eher Nutzen als Schaden ge¬ bracht, wenn er nicht den unwiderstehlichen Trieb gefühlt hätte, auch im technischen und mercantilischen Fach aufzutreten. Denn wenn er einmal seine Fähigkeiten zu verwünschen an¬ fing, und außer sich war, die Ansprüche an ein ausübendes Talent nicht genialisch genug befriedigen zu können, so ließ er bald die bil¬ dende, bald die Dichtkunst fahren und sann auf fabrikmäßige kaufmännische Unternehmun¬ gen, welche Geld einbringen sollten, indem sie ihm Spaß machten.
bewahren muß. Daß er jedoch bey allen ſei¬ nen Arbeiten verneinend und zerſtoͤrend zu Werke ging, war ihm ſelbſt unangenehm, und er ſprach es oft aus, er beneide mich um mei¬ ne unſchuldige Darſtellungsluſt, welche aus der Freude an dem Vorbild und dem Nach¬ gebildeten entſpringe.
Uebrigens haͤtte ihm ſein literariſcher Di¬ lettantismus eher Nutzen als Schaden ge¬ bracht, wenn er nicht den unwiderſtehlichen Trieb gefuͤhlt haͤtte, auch im techniſchen und mercantiliſchen Fach aufzutreten. Denn wenn er einmal ſeine Faͤhigkeiten zu verwuͤnſchen an¬ fing, und außer ſich war, die Anſpruͤche an ein ausuͤbendes Talent nicht genialiſch genug befriedigen zu koͤnnen, ſo ließ er bald die bil¬ dende, bald die Dichtkunſt fahren und ſann auf fabrikmaͤßige kaufmaͤnniſche Unternehmun¬ gen, welche Geld einbringen ſollten, indem ſie ihm Spaß machten.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0154"n="146"/>
bewahren muß. Daß er jedoch bey allen ſei¬<lb/>
nen Arbeiten verneinend und zerſtoͤrend zu<lb/>
Werke ging, war ihm ſelbſt unangenehm, und<lb/>
er ſprach es oft aus, er beneide mich um mei¬<lb/>
ne unſchuldige Darſtellungsluſt, welche aus<lb/>
der Freude an dem Vorbild und dem Nach¬<lb/>
gebildeten entſpringe.</p><lb/><p>Uebrigens haͤtte ihm ſein literariſcher Di¬<lb/>
lettantismus eher Nutzen als Schaden ge¬<lb/>
bracht, wenn er nicht den unwiderſtehlichen<lb/>
Trieb gefuͤhlt haͤtte, auch im techniſchen und<lb/>
mercantiliſchen Fach aufzutreten. Denn wenn<lb/>
er einmal ſeine Faͤhigkeiten zu verwuͤnſchen an¬<lb/>
fing, und außer ſich war, die Anſpruͤche an<lb/>
ein ausuͤbendes Talent nicht genialiſch genug<lb/>
befriedigen zu koͤnnen, ſo ließ er bald die bil¬<lb/>
dende, bald die Dichtkunſt fahren und ſann<lb/>
auf fabrikmaͤßige kaufmaͤnniſche Unternehmun¬<lb/>
gen, welche Geld einbringen ſollten, indem<lb/>ſie ihm Spaß machten.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[146/0154]
bewahren muß. Daß er jedoch bey allen ſei¬
nen Arbeiten verneinend und zerſtoͤrend zu
Werke ging, war ihm ſelbſt unangenehm, und
er ſprach es oft aus, er beneide mich um mei¬
ne unſchuldige Darſtellungsluſt, welche aus
der Freude an dem Vorbild und dem Nach¬
gebildeten entſpringe.
Uebrigens haͤtte ihm ſein literariſcher Di¬
lettantismus eher Nutzen als Schaden ge¬
bracht, wenn er nicht den unwiderſtehlichen
Trieb gefuͤhlt haͤtte, auch im techniſchen und
mercantiliſchen Fach aufzutreten. Denn wenn
er einmal ſeine Faͤhigkeiten zu verwuͤnſchen an¬
fing, und außer ſich war, die Anſpruͤche an
ein ausuͤbendes Talent nicht genialiſch genug
befriedigen zu koͤnnen, ſo ließ er bald die bil¬
dende, bald die Dichtkunſt fahren und ſann
auf fabrikmaͤßige kaufmaͤnniſche Unternehmun¬
gen, welche Geld einbringen ſollten, indem
ſie ihm Spaß machten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/154>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.