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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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Behandlung eines Theils irgend vorher wäre
zu Papier gebracht gewesen.

Das nunmehr fertige Manuscript lag im
Concept, mit wenigen Correcturen und Abän¬
derungen, vor mir. Es ward sogleich gehef¬
tet: denn der Band dient der Schrift un¬
gefähr wie der Rahmen einem Bilde: man
sieht viel eher, ob sie denn auch in sich
wirklich bestehe. Da ich dieses Werklein
ziemlich unbewußt, einem Nachtwandler ähn¬
lich, geschrieben hatte, so verwunderte ich
mich selbst darüber, als ich es nun durch¬
ging, um daran etwas zu ändern und zu
bessern. Doch in Erwartung daß nach eini¬
ger Zeit, wenn ich es in gewisser Entfer¬
nung besähe, mir manches beygehen würde,
das noch zu seinem Vortheil gereichen könnte,
gab ich es meinen jüngeren Freunden zu le¬
sen, auf die es eine desto größere Wir¬
kung that, als ich, gegen meine Gewohn¬
heit, vorher Niemanden davon erzählt, noch

Behandlung eines Theils irgend vorher waͤre
zu Papier gebracht geweſen.

Das nunmehr fertige Manuſcript lag im
Concept, mit wenigen Correcturen und Abaͤn¬
derungen, vor mir. Es ward ſogleich gehef¬
tet: denn der Band dient der Schrift un¬
gefaͤhr wie der Rahmen einem Bilde: man
ſieht viel eher, ob ſie denn auch in ſich
wirklich beſtehe. Da ich dieſes Werklein
ziemlich unbewußt, einem Nachtwandler aͤhn¬
lich, geſchrieben hatte, ſo verwunderte ich
mich ſelbſt daruͤber, als ich es nun durch¬
ging, um daran etwas zu aͤndern und zu
beſſern. Doch in Erwartung daß nach eini¬
ger Zeit, wenn ich es in gewiſſer Entfer¬
nung beſaͤhe, mir manches beygehen wuͤrde,
das noch zu ſeinem Vortheil gereichen koͤnnte,
gab ich es meinen juͤngeren Freunden zu le¬
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[344/0352] Behandlung eines Theils irgend vorher waͤre zu Papier gebracht geweſen. Das nunmehr fertige Manuſcript lag im Concept, mit wenigen Correcturen und Abaͤn¬ derungen, vor mir. Es ward ſogleich gehef¬ tet: denn der Band dient der Schrift un¬ gefaͤhr wie der Rahmen einem Bilde: man ſieht viel eher, ob ſie denn auch in ſich wirklich beſtehe. Da ich dieſes Werklein ziemlich unbewußt, einem Nachtwandler aͤhn¬ lich, geſchrieben hatte, ſo verwunderte ich mich ſelbſt daruͤber, als ich es nun durch¬ ging, um daran etwas zu aͤndern und zu beſſern. Doch in Erwartung daß nach eini¬ ger Zeit, wenn ich es in gewiſſer Entfer¬ nung beſaͤhe, mir manches beygehen wuͤrde, das noch zu ſeinem Vortheil gereichen koͤnnte, gab ich es meinen juͤngeren Freunden zu le¬ ſen, auf die es eine deſto groͤßere Wir¬ kung that, als ich, gegen meine Gewohn¬ heit, vorher Niemanden davon erzaͤhlt, noch

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/352>, abgerufen am 23.11.2024.