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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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tete, ist hier auseinander zu setzen. Durch
ein geistreiches Zusammenseyn an den heitersten
Tagen aufgeregt, gewöhnte man sich, in au¬
genblicklichen kurzen Darstellungen alles das¬
jenige zu zersplittern, was man sonst zusam¬
mengehalten hatte, um größere Compositionen
daraus zu erbauen. Ein einzelner einfacher
Vorfall, ein glücklich naives, ja ein albernes
Wort, ein Misverstand, eine Paradoxie, eine
geistreiche Bemerkung, persönliche Eigenheiten
oder Angewohnheiten, ja eine bedeutende
Miene, und was nur immer in einem bun¬
ten rauschenden Leben vorkommen mag, alles
ward in Form des Dialogs, der Catechisa¬
tion, einer bewegten Handlung, eines Schau¬
spiels dargestellt, manchmal in Prosa, öfters
in Versen.

An dieser genialisch-leidenschaftlich durch¬
gesetzten Uebung bestätigte sich jene eigentlich
poetische Denkweise. Man ließ nämlich Ge¬
genstände, Begebenheiten, Personen an und

tete, iſt hier auseinander zu ſetzen. Durch
ein geiſtreiches Zuſammenſeyn an den heiterſten
Tagen aufgeregt, gewoͤhnte man ſich, in au¬
genblicklichen kurzen Darſtellungen alles das¬
jenige zu zerſplittern, was man ſonſt zuſam¬
mengehalten hatte, um groͤßere Compoſitionen
daraus zu erbauen. Ein einzelner einfacher
Vorfall, ein gluͤcklich naives, ja ein albernes
Wort, ein Misverſtand, eine Paradoxie, eine
geiſtreiche Bemerkung, perſoͤnliche Eigenheiten
oder Angewohnheiten, ja eine bedeutende
Miene, und was nur immer in einem bun¬
ten rauſchenden Leben vorkommen mag, alles
ward in Form des Dialogs, der Catechiſa¬
tion, einer bewegten Handlung, eines Schau¬
ſpiels dargeſtellt, manchmal in Proſa, oͤfters
in Verſen.

An dieſer genialiſch-leidenſchaftlich durch¬
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[361/0369] tete, iſt hier auseinander zu ſetzen. Durch ein geiſtreiches Zuſammenſeyn an den heiterſten Tagen aufgeregt, gewoͤhnte man ſich, in au¬ genblicklichen kurzen Darſtellungen alles das¬ jenige zu zerſplittern, was man ſonſt zuſam¬ mengehalten hatte, um groͤßere Compoſitionen daraus zu erbauen. Ein einzelner einfacher Vorfall, ein gluͤcklich naives, ja ein albernes Wort, ein Misverſtand, eine Paradoxie, eine geiſtreiche Bemerkung, perſoͤnliche Eigenheiten oder Angewohnheiten, ja eine bedeutende Miene, und was nur immer in einem bun¬ ten rauſchenden Leben vorkommen mag, alles ward in Form des Dialogs, der Catechiſa¬ tion, einer bewegten Handlung, eines Schau¬ ſpiels dargeſtellt, manchmal in Proſa, oͤfters in Verſen. An dieſer genialiſch-leidenſchaftlich durch¬ geſetzten Uebung beſtaͤtigte ſich jene eigentlich poetiſche Denkweiſe. Man ließ naͤmlich Ge¬ genſtaͤnde, Begebenheiten, Perſonen an und

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/369>, abgerufen am 25.11.2024.