säumte, so oft ich in der Nähe war, mich wenigstens an der eröfneten Atmosphäre zu weiden. Dieser merkwürdige Schlüssel blieb eines Sonntag Morgens, da die Mutter von dem Geläute übereilt ward, und das ganze Haus in einer tiefen Sabbathstille lag, stecken. Kaum hatte ich es bemerkt, als ich etlichemal sachte an der Wand hin und her ging, mich endlich still und fein andrängte, die Thüre öfnete, und mich mit Einem Schritt in der Nähe so vieler langgewünsch¬ ter Glückseligkeit fühlte. Ich besah Kästen, Säcke, Schachteln, Büchsen, Gläser mit ei¬ nem schnellen zweifelnden Blicke, was ich wählen und nehmen sollte? griff endlich nach den vielgeliebten gewelkten Pflaumen, versah mich mit einigen getrockneten Äpfeln, und nahm genügsam noch eine eingemachte Pomeranzenschaale dazu: mit welcher Beute ich meinen Weg wieder rückwärts glitschen
C 2
ſäumte, ſo oft ich in der Nähe war, mich wenigſtens an der eröfneten Atmoſphäre zu weiden. Dieſer merkwürdige Schlüſſel blieb eines Sonntag Morgens, da die Mutter von dem Geläute übereilt ward, und das ganze Haus in einer tiefen Sabbathſtille lag, ſtecken. Kaum hatte ich es bemerkt, als ich etlichemal ſachte an der Wand hin und her ging, mich endlich ſtill und fein andrängte, die Thüre öfnete, und mich mit Einem Schritt in der Nähe ſo vieler langgewünſch¬ ter Glückſeligkeit fühlte. Ich beſah Käſten, Säcke, Schachteln, Büchſen, Gläſer mit ei¬ nem ſchnellen zweifelnden Blicke, was ich wählen und nehmen ſollte? griff endlich nach den vielgeliebten gewelkten Pflaumen, verſah mich mit einigen getrockneten Äpfeln, und nahm genügſam noch eine eingemachte Pomeranzenſchaale dazu: mit welcher Beute ich meinen Weg wieder rückwärts glitſchen
C 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0043"n="35"/>ſäumte, ſo oft ich in der Nähe war, mich<lb/>
wenigſtens an der eröfneten Atmoſphäre zu<lb/>
weiden. Dieſer merkwürdige Schlüſſel blieb<lb/>
eines Sonntag Morgens, da die Mutter<lb/>
von dem Geläute übereilt ward, und das<lb/>
ganze Haus in einer tiefen Sabbathſtille lag,<lb/>ſtecken. Kaum hatte ich es bemerkt, als ich<lb/>
etlichemal ſachte an der Wand hin und her<lb/>
ging, mich endlich ſtill und fein andrängte,<lb/>
die Thüre öfnete, und mich mit Einem<lb/>
Schritt in der Nähe ſo vieler langgewünſch¬<lb/>
ter Glückſeligkeit fühlte. Ich beſah Käſten,<lb/>
Säcke, Schachteln, Büchſen, Gläſer mit ei¬<lb/>
nem ſchnellen zweifelnden Blicke, was ich<lb/>
wählen und nehmen ſollte? griff endlich<lb/>
nach den vielgeliebten gewelkten Pflaumen,<lb/>
verſah mich mit einigen getrockneten Äpfeln,<lb/>
und nahm genügſam noch eine eingemachte<lb/>
Pomeranzenſchaale dazu: mit welcher Beute<lb/>
ich meinen Weg wieder rückwärts glitſchen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 2<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[35/0043]
ſäumte, ſo oft ich in der Nähe war, mich
wenigſtens an der eröfneten Atmoſphäre zu
weiden. Dieſer merkwürdige Schlüſſel blieb
eines Sonntag Morgens, da die Mutter
von dem Geläute übereilt ward, und das
ganze Haus in einer tiefen Sabbathſtille lag,
ſtecken. Kaum hatte ich es bemerkt, als ich
etlichemal ſachte an der Wand hin und her
ging, mich endlich ſtill und fein andrängte,
die Thüre öfnete, und mich mit Einem
Schritt in der Nähe ſo vieler langgewünſch¬
ter Glückſeligkeit fühlte. Ich beſah Käſten,
Säcke, Schachteln, Büchſen, Gläſer mit ei¬
nem ſchnellen zweifelnden Blicke, was ich
wählen und nehmen ſollte? griff endlich
nach den vielgeliebten gewelkten Pflaumen,
verſah mich mit einigen getrockneten Äpfeln,
und nahm genügſam noch eine eingemachte
Pomeranzenſchaale dazu: mit welcher Beute
ich meinen Weg wieder rückwärts glitſchen
C 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/43>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.