Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

und Klarheit vermehrt die Lust zu sparen
und zu erwerben. Ein Mensch, der übel
haushält, befindet sich in der Dunkelheit sehr
wohl, er mag die Posten nicht gerne zusam¬
men rechnen, die er schuldig ist. Dagegen
kann einem guten Wirthe nichts angenehmer
seyn, als sich alle Tage die Summe seines
wachsenden Glückes zu ziehen. Selbst ein
Unfall, wenn er ihn verdrießlich überrascht,
erschreckt ihn nicht; denn er weiß sogleich,
was für erworbene Vortheile er auf die an¬
dere Waagschale zu legen hat. Ich bin
überzeugt, mein lieber Freund, wenn du nur
einmal einen rechten Geschmack an unsern
Geschäften finden könntest, so würdest du
dich überzeugen, daß manche Fähigkeiten des
Geistes auch dabey ihr freyes Spiel haben
können.

Es ist möglich, daß mich die Reise, die
ich vorhabe, auf andere Gedanken bringt.

F2

und Klarheit vermehrt die Luſt zu ſparen
und zu erwerben. Ein Menſch, der übel
haushält, befindet ſich in der Dunkelheit ſehr
wohl, er mag die Poſten nicht gerne zuſam¬
men rechnen, die er ſchuldig iſt. Dagegen
kann einem guten Wirthe nichts angenehmer
ſeyn, als ſich alle Tage die Summe ſeines
wachſenden Glückes zu ziehen. Selbſt ein
Unfall, wenn er ihn verdrießlich überraſcht,
erſchreckt ihn nicht; denn er weiß ſogleich,
was für erworbene Vortheile er auf die an¬
dere Waagſchale zu legen hat. Ich bin
überzeugt, mein lieber Freund, wenn du nur
einmal einen rechten Geſchmack an unſern
Geſchäften finden könnteſt, ſo würdeſt du
dich überzeugen, daß manche Fähigkeiten des
Geiſtes auch dabey ihr freyes Spiel haben
können.

Es iſt möglich, daß mich die Reiſe, die
ich vorhabe, auf andere Gedanken bringt.

F2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0091" n="83"/>
und Klarheit vermehrt die Lu&#x017F;t zu &#x017F;paren<lb/>
und zu erwerben. Ein Men&#x017F;ch, der übel<lb/>
haushält, befindet &#x017F;ich in der Dunkelheit &#x017F;ehr<lb/>
wohl, er mag die Po&#x017F;ten nicht gerne zu&#x017F;am¬<lb/>
men rechnen, die er &#x017F;chuldig i&#x017F;t. Dagegen<lb/>
kann einem guten Wirthe nichts angenehmer<lb/>
&#x017F;eyn, als &#x017F;ich alle Tage die Summe &#x017F;eines<lb/>
wach&#x017F;enden Glückes zu ziehen. Selb&#x017F;t ein<lb/>
Unfall, wenn er ihn verdrießlich überra&#x017F;cht,<lb/>
er&#x017F;chreckt ihn nicht; denn er weiß &#x017F;ogleich,<lb/>
was für erworbene Vortheile er auf die an¬<lb/>
dere Waag&#x017F;chale zu legen hat. Ich bin<lb/>
überzeugt, mein lieber Freund, wenn du nur<lb/>
einmal einen rechten Ge&#x017F;chmack an un&#x017F;ern<lb/>
Ge&#x017F;chäften finden könnte&#x017F;t, &#x017F;o würde&#x017F;t du<lb/>
dich überzeugen, daß manche Fähigkeiten des<lb/>
Gei&#x017F;tes auch dabey ihr freyes Spiel haben<lb/>
können.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t möglich, daß mich die Rei&#x017F;e, die<lb/>
ich vorhabe, auf andere Gedanken bringt.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">F2<lb/></fw>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0091] und Klarheit vermehrt die Luſt zu ſparen und zu erwerben. Ein Menſch, der übel haushält, befindet ſich in der Dunkelheit ſehr wohl, er mag die Poſten nicht gerne zuſam¬ men rechnen, die er ſchuldig iſt. Dagegen kann einem guten Wirthe nichts angenehmer ſeyn, als ſich alle Tage die Summe ſeines wachſenden Glückes zu ziehen. Selbſt ein Unfall, wenn er ihn verdrießlich überraſcht, erſchreckt ihn nicht; denn er weiß ſogleich, was für erworbene Vortheile er auf die an¬ dere Waagſchale zu legen hat. Ich bin überzeugt, mein lieber Freund, wenn du nur einmal einen rechten Geſchmack an unſern Geſchäften finden könnteſt, ſo würdeſt du dich überzeugen, daß manche Fähigkeiten des Geiſtes auch dabey ihr freyes Spiel haben können. Es iſt möglich, daß mich die Reiſe, die ich vorhabe, auf andere Gedanken bringt. F2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/91
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/91>, abgerufen am 29.11.2024.