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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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kleider und ein Paar Schnürstiefeln schienen
die wahre Tracht eines Fußgängers. Dann
verschafte er sich eine schöne seidne Schärpe,
die er zuerst unter dem Vorwande, den Leib
warm zu halten, umband; dagegen befreyte
er seinen Hals von der Knechtschaft einer
Binde, und ließ sich einige Streifen Nessel¬
tuch ans Hemde heften, die aber etwas breit
geriethen, und das völlige Ansehn eines an¬
tiken Kragens erhielten. Das schöne seidne
Halstuch, das gerettete Andenken Marianens,
lag nur locker geknüpft unter der nesseltuch¬
nen Krause. Ein runder Hut mit einem
bunten Bande und einer großen Feder mach¬
te die Maskerade vollkommen.

Die Frauen betheuerten, diese Tracht lasse
ihm vorzüglich gut. Philine stellte sich ganz
bezaubert darüber, und bat sich seine schönen
Haare aus, die er, um dem natürlichen Ideal
nur desto näher zu kommen, unbarmherzig

kleider und ein Paar Schnürſtiefeln ſchienen
die wahre Tracht eines Fußgängers. Dann
verſchafte er ſich eine ſchöne ſeidne Schärpe,
die er zuerſt unter dem Vorwande, den Leib
warm zu halten, umband; dagegen befreyte
er ſeinen Hals von der Knechtſchaft einer
Binde, und ließ ſich einige Streifen Neſſel¬
tuch ans Hemde heften, die aber etwas breit
geriethen, und das völlige Anſehn eines an¬
tiken Kragens erhielten. Das ſchöne ſeidne
Halstuch, das gerettete Andenken Marianens,
lag nur locker geknüpft unter der neſſeltuch¬
nen Krauſe. Ein runder Hut mit einem
bunten Bande und einer großen Feder mach¬
te die Maskerade vollkommen.

Die Frauen betheuerten, dieſe Tracht laſſe
ihm vorzüglich gut. Philine ſtellte ſich ganz
bezaubert darüber, und bat ſich ſeine ſchönen
Haare aus, die er, um dem natürlichen Ideal
nur deſto näher zu kommen, unbarmherzig

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[183/0191] kleider und ein Paar Schnürſtiefeln ſchienen die wahre Tracht eines Fußgängers. Dann verſchafte er ſich eine ſchöne ſeidne Schärpe, die er zuerſt unter dem Vorwande, den Leib warm zu halten, umband; dagegen befreyte er ſeinen Hals von der Knechtſchaft einer Binde, und ließ ſich einige Streifen Neſſel¬ tuch ans Hemde heften, die aber etwas breit geriethen, und das völlige Anſehn eines an¬ tiken Kragens erhielten. Das ſchöne ſeidne Halstuch, das gerettete Andenken Marianens, lag nur locker geknüpft unter der neſſeltuch¬ nen Krauſe. Ein runder Hut mit einem bunten Bande und einer großen Feder mach¬ te die Maskerade vollkommen. Die Frauen betheuerten, dieſe Tracht laſſe ihm vorzüglich gut. Philine ſtellte ſich ganz bezaubert darüber, und bat ſich ſeine ſchönen Haare aus, die er, um dem natürlichen Ideal nur deſto näher zu kommen, unbarmherzig

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/191>, abgerufen am 21.11.2024.