gleich keine Uniform anhatte, sprach beson¬ ders mit unserm Freunde, und zeichnete sich vor allen andern aus. Große hellblaue Au¬ gen leuchteten unter einer hohen Stirne her¬ vor, nachlässig waren seine blonden Haare aufgeschlagen, und seine mittlere Statur zeigte ein sehr wackres, festes und bestimm¬ tes Wesen. Seine Fragen waren lebhaft, und er schien sich auf alles zu verstehen, wornach er fragte.
Wilhelm erkundigte sich nach diesem Man¬ ne bey dem Baron, der aber nicht viel Gu¬ tes von ihm zu sagen wußte. Er habe den Character als Major, sey eigentlich der Günstling des Prinzen, versehe dessen ge¬ heimste Geschäfte und werde für dessen rech¬ ten Arm gehalten, ja man habe Ursache zu glauben, er sey sein natürlicher Sohn. In Frankreich, England, Italien sey er mit Ge¬ sandtschaften gewesen, er werde überall sehr
gleich keine Uniform anhatte, ſprach beſon¬ ders mit unſerm Freunde, und zeichnete ſich vor allen andern aus. Große hellblaue Au¬ gen leuchteten unter einer hohen Stirne her¬ vor, nachläſſig waren ſeine blonden Haare aufgeſchlagen, und ſeine mittlere Statur zeigte ein ſehr wackres, feſtes und beſtimm¬ tes Weſen. Seine Fragen waren lebhaft, und er ſchien ſich auf alles zu verſtehen, wornach er fragte.
Wilhelm erkundigte ſich nach dieſem Man¬ ne bey dem Baron, der aber nicht viel Gu¬ tes von ihm zu ſagen wußte. Er habe den Character als Major, ſey eigentlich der Günſtling des Prinzen, verſehe deſſen ge¬ heimſte Geſchäfte und werde für deſſen rech¬ ten Arm gehalten, ja man habe Urſache zu glauben, er ſey ſein natürlicher Sohn. In Frankreich, England, Italien ſey er mit Ge¬ ſandtſchaften geweſen, er werde überall ſehr
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gleich keine Uniform anhatte, ſprach beſon¬
ders mit unſerm Freunde, und zeichnete ſich
vor allen andern aus. Große hellblaue Au¬
gen leuchteten unter einer hohen Stirne her¬
vor, nachläſſig waren ſeine blonden Haare
aufgeſchlagen, und ſeine mittlere Statur
zeigte ein ſehr wackres, feſtes und beſtimm¬
tes Weſen. Seine Fragen waren lebhaft,
und er ſchien ſich auf alles zu verſtehen,
wornach er fragte.
Wilhelm erkundigte ſich nach dieſem Man¬
ne bey dem Baron, der aber nicht viel Gu¬
tes von ihm zu ſagen wußte. Er habe den
Character als Major, ſey eigentlich der
Günſtling des Prinzen, verſehe deſſen ge¬
heimſte Geſchäfte und werde für deſſen rech¬
ten Arm gehalten, ja man habe Urſache zu
glauben, er ſey ſein natürlicher Sohn. In
Frankreich, England, Italien ſey er mit Ge¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/61>, abgerufen am 24.11.2024.
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