Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.Könnt ihr euch des Tages freuen Der nur Freuden unterbricht?Er ist gut sich zu zerstreuen, Zu was anderm taugt er nicht. Aber wenn in nächt'ger Stunde Süßer Lampe Dämmrung fließt,Und vom Mund zum nahen Munde Scherz und Liebe sich ergießt; Wenn der rasche lose Knabe, Der sonst wild und feurig eilt,Oft, bey einer kleinen Gabe, Unter leichten Spielen weilt; Wenn die Nachtigall Verliebten Liebevoll ein Liedchen singt,Das Gefangnen und Betrübten Nur wie Ach und Wehe klingt: Mit wie leichtem Herzensregen Horchet ihr der Glocke nicht,Die mit zwölf bedächt'gen Schlägen Ruh und Sicherheit verspricht! Könnt ihr euch des Tages freuen Der nur Freuden unterbricht?Er iſt gut ſich zu zerſtreuen, Zu was anderm taugt er nicht. Aber wenn in nächt’ger Stunde Süßer Lampe Dämmrung fließt,Und vom Mund zum nahen Munde Scherz und Liebe ſich ergießt; Wenn der raſche loſe Knabe, Der ſonſt wild und feurig eilt,Oft, bey einer kleinen Gabe, Unter leichten Spielen weilt; Wenn die Nachtigall Verliebten Liebevoll ein Liedchen ſingt,Das Gefangnen und Betrübten Nur wie Ach und Wehe klingt: Mit wie leichtem Herzensregen Horchet ihr der Glocke nicht,Die mit zwölf bedächt’gen Schlägen Ruh und Sicherheit verſpricht! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0106" n="100"/> <lg n="3"> <l rendition="#et">Könnt ihr euch des Tages freuen</l><lb/> <l>Der nur Freuden unterbricht?</l><lb/> <l>Er iſt gut ſich zu zerſtreuen,</l><lb/> <l>Zu was anderm taugt er nicht.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l rendition="#et">Aber wenn in nächt’ger Stunde</l><lb/> <l>Süßer Lampe Dämmrung fließt,</l><lb/> <l>Und vom Mund zum nahen Munde</l><lb/> <l>Scherz und Liebe ſich ergießt;</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l rendition="#et">Wenn der raſche loſe Knabe,</l><lb/> <l>Der ſonſt wild und feurig eilt,</l><lb/> <l>Oft, bey einer kleinen Gabe,</l><lb/> <l>Unter leichten Spielen weilt;</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <l rendition="#et">Wenn die Nachtigall Verliebten</l><lb/> <l>Liebevoll ein Liedchen ſingt,</l><lb/> <l>Das Gefangnen und Betrübten</l><lb/> <l>Nur wie Ach und Wehe klingt:</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l rendition="#et">Mit wie leichtem Herzensregen</l><lb/> <l>Horchet ihr der Glocke nicht,</l><lb/> <l>Die mit zwölf bedächt’gen Schlägen</l><lb/> <l>Ruh und Sicherheit verſpricht!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [100/0106]
Könnt ihr euch des Tages freuen
Der nur Freuden unterbricht?
Er iſt gut ſich zu zerſtreuen,
Zu was anderm taugt er nicht.
Aber wenn in nächt’ger Stunde
Süßer Lampe Dämmrung fließt,
Und vom Mund zum nahen Munde
Scherz und Liebe ſich ergießt;
Wenn der raſche loſe Knabe,
Der ſonſt wild und feurig eilt,
Oft, bey einer kleinen Gabe,
Unter leichten Spielen weilt;
Wenn die Nachtigall Verliebten
Liebevoll ein Liedchen ſingt,
Das Gefangnen und Betrübten
Nur wie Ach und Wehe klingt:
Mit wie leichtem Herzensregen
Horchet ihr der Glocke nicht,
Die mit zwölf bedächt’gen Schlägen
Ruh und Sicherheit verſpricht!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |