seines Vermögens, seine Plane, seine Aus¬ sichten vor, und erbat sich meine Mitwir¬ kung. Nur bis zur Einwilligung seines Oheims sollte es ein Geheimniß bleiben.
Kaum hatte er sich entfernt, so fragte mich Lydie: ob er etwa von ihr gesprochen habe? Ich sagte nein, und machte ihr lange Weile mit Erzählung von ökonomischen Ge¬ genständen. Sie war unruhig, mißlaunig, und sein Betragen, als er wieder kam, ver¬ besserte ihren Zustand nicht.
Doch ich sehe, daß die Sonne sich zu ih¬ rem Untergange neigt! Es ist Ihr Glück, mein Freund, Sie hätten sonst die Geschich¬ te, die ich mir so gerne selbst erzähle, mit allen ihren kleinen Umständen durchhören müssen. Lassen Sie mich eilen, wir nahen einer Epoche, bey der nicht gut zu verwei¬ len ist.
Lothario machte mich mit seiner trefflichen
ſeines Vermögens, ſeine Plane, ſeine Aus¬ ſichten vor, und erbat ſich meine Mitwir¬ kung. Nur bis zur Einwilligung ſeines Oheims ſollte es ein Geheimniß bleiben.
Kaum hatte er ſich entfernt, ſo fragte mich Lydie: ob er etwa von ihr geſprochen habe? Ich ſagte nein, und machte ihr lange Weile mit Erzählung von ökonomiſchen Ge¬ genſtänden. Sie war unruhig, mißlaunig, und ſein Betragen, als er wieder kam, ver¬ beſſerte ihren Zuſtand nicht.
Doch ich ſehe, daß die Sonne ſich zu ih¬ rem Untergange neigt! Es iſt Ihr Glück, mein Freund, Sie hätten ſonſt die Geſchich¬ te, die ich mir ſo gerne ſelbſt erzähle, mit allen ihren kleinen Umſtänden durchhören müſſen. Laſſen Sie mich eilen, wir nahen einer Epoche, bey der nicht gut zu verwei¬ len iſt.
Lothario machte mich mit ſeiner trefflichen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0106"n="102"/>ſeines Vermögens, ſeine Plane, ſeine Aus¬<lb/>ſichten vor, und erbat ſich meine Mitwir¬<lb/>
kung. Nur bis zur Einwilligung ſeines<lb/>
Oheims ſollte es ein Geheimniß bleiben.</p><lb/><p>Kaum hatte er ſich entfernt, ſo fragte<lb/>
mich Lydie: ob er etwa von ihr geſprochen<lb/>
habe? Ich ſagte nein, und machte ihr lange<lb/>
Weile mit Erzählung von ökonomiſchen Ge¬<lb/>
genſtänden. Sie war unruhig, mißlaunig,<lb/>
und ſein Betragen, als er wieder kam, ver¬<lb/>
beſſerte ihren Zuſtand nicht.</p><lb/><p>Doch ich ſehe, daß die Sonne ſich zu ih¬<lb/>
rem Untergange neigt! Es iſt Ihr Glück,<lb/>
mein Freund, Sie hätten ſonſt die Geſchich¬<lb/>
te, die ich mir ſo gerne ſelbſt erzähle, mit<lb/>
allen ihren kleinen Umſtänden durchhören<lb/>
müſſen. Laſſen Sie mich eilen, wir nahen<lb/>
einer Epoche, bey der nicht gut zu verwei¬<lb/>
len iſt.</p><lb/><p>Lothario machte mich mit ſeiner trefflichen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[102/0106]
ſeines Vermögens, ſeine Plane, ſeine Aus¬
ſichten vor, und erbat ſich meine Mitwir¬
kung. Nur bis zur Einwilligung ſeines
Oheims ſollte es ein Geheimniß bleiben.
Kaum hatte er ſich entfernt, ſo fragte
mich Lydie: ob er etwa von ihr geſprochen
habe? Ich ſagte nein, und machte ihr lange
Weile mit Erzählung von ökonomiſchen Ge¬
genſtänden. Sie war unruhig, mißlaunig,
und ſein Betragen, als er wieder kam, ver¬
beſſerte ihren Zuſtand nicht.
Doch ich ſehe, daß die Sonne ſich zu ih¬
rem Untergange neigt! Es iſt Ihr Glück,
mein Freund, Sie hätten ſonſt die Geſchich¬
te, die ich mir ſo gerne ſelbſt erzähle, mit
allen ihren kleinen Umſtänden durchhören
müſſen. Laſſen Sie mich eilen, wir nahen
einer Epoche, bey der nicht gut zu verwei¬
len iſt.
Lothario machte mich mit ſeiner trefflichen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/106>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.