Therese schwieg, und legte auf ihres neuen Freundes Hände ihre Hand, er küßte sie mit Theilnehmung, sie trocknete ihre Thrä¬ nen, und stand auf. Lassen Sie uns zurück ge¬ hen, sagte sie, und für die Unsrigen sorgen!
Das Gespräch auf dem Wege war nicht lebhaft; sie kamen zur Gartenthüre herein, und sahen Lydien auf einer Bank sitzen, sie stand auf, wich ihnen aus, und begab sich ins Haus zurück, sie hatte ein Papier in der Hand, und zwey kleine Mädchen waren bey ihr. Ich sehe, sagte Therese, sie trägt ihren einzigen Trost, den Brief Lothario's, noch immer bey sich, ihr Freund verspricht ihr, daß sie gleich, sobald er sich wohl befindet, wieder an seiner Seite leben soll, er bittet sie, so lange ruhig bey mir zu verweilen. An diesen Worten hängt sie, mit diesen Zeilen tröstet sie sich, aber seine Freunde sind übel bey ihr angeschrieben.
Thereſe ſchwieg, und legte auf ihres neuen Freundes Hände ihre Hand, er küßte ſie mit Theilnehmung, ſie trocknete ihre Thrä¬ nen, und ſtand auf. Laſſen Sie uns zurück ge¬ hen, ſagte ſie, und für die Unſrigen ſorgen!
Das Geſpräch auf dem Wege war nicht lebhaft; ſie kamen zur Gartenthüre herein, und ſahen Lydien auf einer Bank ſitzen, ſie ſtand auf, wich ihnen aus, und begab ſich ins Haus zurück, ſie hatte ein Papier in der Hand, und zwey kleine Mädchen waren bey ihr. Ich ſehe, ſagte Thereſe, ſie trägt ihren einzigen Troſt, den Brief Lothario’s, noch immer bey ſich, ihr Freund verſpricht ihr, daß ſie gleich, ſobald er ſich wohl befindet, wieder an ſeiner Seite leben ſoll, er bittet ſie, ſo lange ruhig bey mir zu verweilen. An dieſen Worten hängt ſie, mit dieſen Zeilen tröſtet ſie ſich, aber ſeine Freunde ſind übel bey ihr angeſchrieben.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0110"n="106"/><p>Thereſe ſchwieg, und legte auf ihres<lb/>
neuen Freundes Hände ihre Hand, er küßte<lb/>ſie mit Theilnehmung, ſie trocknete ihre Thrä¬<lb/>
nen, und ſtand auf. Laſſen Sie uns zurück ge¬<lb/>
hen, ſagte ſie, und für die Unſrigen ſorgen!</p><lb/><p>Das Geſpräch auf dem Wege war nicht<lb/>
lebhaft; ſie kamen zur Gartenthüre herein,<lb/>
und ſahen Lydien auf einer Bank ſitzen, ſie<lb/>ſtand auf, wich ihnen aus, und begab ſich<lb/>
ins Haus zurück, ſie hatte ein Papier in der<lb/>
Hand, und zwey kleine Mädchen waren bey<lb/>
ihr. Ich ſehe, ſagte Thereſe, ſie trägt ihren<lb/>
einzigen Troſt, den Brief Lothario’s, noch<lb/>
immer bey ſich, ihr Freund verſpricht ihr,<lb/>
daß ſie gleich, ſobald er ſich wohl befindet,<lb/>
wieder an ſeiner Seite leben ſoll, er bittet<lb/>ſie, ſo lange ruhig bey mir zu verweilen. An<lb/>
dieſen Worten hängt ſie, mit dieſen Zeilen<lb/>
tröſtet ſie ſich, aber ſeine Freunde ſind übel<lb/>
bey ihr angeſchrieben.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[106/0110]
Thereſe ſchwieg, und legte auf ihres
neuen Freundes Hände ihre Hand, er küßte
ſie mit Theilnehmung, ſie trocknete ihre Thrä¬
nen, und ſtand auf. Laſſen Sie uns zurück ge¬
hen, ſagte ſie, und für die Unſrigen ſorgen!
Das Geſpräch auf dem Wege war nicht
lebhaft; ſie kamen zur Gartenthüre herein,
und ſahen Lydien auf einer Bank ſitzen, ſie
ſtand auf, wich ihnen aus, und begab ſich
ins Haus zurück, ſie hatte ein Papier in der
Hand, und zwey kleine Mädchen waren bey
ihr. Ich ſehe, ſagte Thereſe, ſie trägt ihren
einzigen Troſt, den Brief Lothario’s, noch
immer bey ſich, ihr Freund verſpricht ihr,
daß ſie gleich, ſobald er ſich wohl befindet,
wieder an ſeiner Seite leben ſoll, er bittet
ſie, ſo lange ruhig bey mir zu verweilen. An
dieſen Worten hängt ſie, mit dieſen Zeilen
tröſtet ſie ſich, aber ſeine Freunde ſind übel
bey ihr angeſchrieben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/110>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.