daß ihn sein vorübergehendes Verhältnis zu ihr auf ewig schmerzen werde; er war sehr zufrieden, daß Therese das Gespräch nicht fortsetzte, und daß ihre Geschäfte sie in das Haus zurück zu gehen nöthigten. Er befand sich nun allein, und die letzte Nachricht, daß die junge, schöne Gräfin auch schon genö¬ thigt sey durch Wohlthätigkeit den Mangel an eignem Glück zu ersetzen, machte ihn äußerst traurig, er fühlte, daß es bey ihr nur eine Nothwendigkeit war sich zu zer¬ streuen, und an die Stelle eines frohen Le¬ bensgenusses die Hoffnung fremder Glückse¬ ligkeit zu setzen. Er pries Theresen glücklich, daß selbst bey jener unerwarteten traurigen Veränderung keine Veränderung in ihr selbst vorzugehen brauchte. Wie glücklich ist der über alles! rief er aus, der, um sich mit dem Schicksal in Einigkeit zu setzen, nicht
daß ihn ſein vorübergehendes Verhältnis zu ihr auf ewig ſchmerzen werde; er war ſehr zufrieden, daß Thereſe das Geſpräch nicht fortſetzte, und daß ihre Geſchäfte ſie in das Haus zurück zu gehen nöthigten. Er befand ſich nun allein, und die letzte Nachricht, daß die junge, ſchöne Gräfin auch ſchon genö¬ thigt ſey durch Wohlthätigkeit den Mangel an eignem Glück zu erſetzen, machte ihn äußerſt traurig, er fühlte, daß es bey ihr nur eine Nothwendigkeit war ſich zu zer¬ ſtreuen, und an die Stelle eines frohen Le¬ bensgenuſſes die Hoffnung fremder Glückſe¬ ligkeit zu ſetzen. Er pries Thereſen glücklich, daß ſelbſt bey jener unerwarteten traurigen Veränderung keine Veränderung in ihr ſelbſt vorzugehen brauchte. Wie glücklich iſt der über alles! rief er aus, der, um ſich mit dem Schickſal in Einigkeit zu ſetzen, nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0112"n="108"/>
daß ihn ſein vorübergehendes Verhältnis zu<lb/>
ihr auf ewig ſchmerzen werde; er war ſehr<lb/>
zufrieden, daß Thereſe das Geſpräch nicht<lb/>
fortſetzte, und daß ihre Geſchäfte ſie in das<lb/>
Haus zurück zu gehen nöthigten. Er befand<lb/>ſich nun allein, und die letzte Nachricht, daß<lb/>
die junge, ſchöne Gräfin auch ſchon genö¬<lb/>
thigt ſey durch Wohlthätigkeit den Mangel<lb/>
an eignem Glück zu erſetzen, machte ihn<lb/>
äußerſt traurig, er fühlte, daß es bey ihr<lb/>
nur eine Nothwendigkeit war ſich zu zer¬<lb/>ſtreuen, und an die Stelle eines frohen Le¬<lb/>
bensgenuſſes die Hoffnung fremder Glückſe¬<lb/>
ligkeit zu ſetzen. Er pries Thereſen glücklich,<lb/>
daß ſelbſt bey jener unerwarteten traurigen<lb/>
Veränderung keine Veränderung in ihr ſelbſt<lb/>
vorzugehen brauchte. Wie glücklich iſt der<lb/>
über alles! rief er aus, der, um ſich mit<lb/>
dem Schickſal in Einigkeit zu ſetzen, nicht<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[108/0112]
daß ihn ſein vorübergehendes Verhältnis zu
ihr auf ewig ſchmerzen werde; er war ſehr
zufrieden, daß Thereſe das Geſpräch nicht
fortſetzte, und daß ihre Geſchäfte ſie in das
Haus zurück zu gehen nöthigten. Er befand
ſich nun allein, und die letzte Nachricht, daß
die junge, ſchöne Gräfin auch ſchon genö¬
thigt ſey durch Wohlthätigkeit den Mangel
an eignem Glück zu erſetzen, machte ihn
äußerſt traurig, er fühlte, daß es bey ihr
nur eine Nothwendigkeit war ſich zu zer¬
ſtreuen, und an die Stelle eines frohen Le¬
bensgenuſſes die Hoffnung fremder Glückſe¬
ligkeit zu ſetzen. Er pries Thereſen glücklich,
daß ſelbſt bey jener unerwarteten traurigen
Veränderung keine Veränderung in ihr ſelbſt
vorzugehen brauchte. Wie glücklich iſt der
über alles! rief er aus, der, um ſich mit
dem Schickſal in Einigkeit zu ſetzen, nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/112>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.