mich auf sein Wort verlasse. Ach! rief sie aus, indem sie aufstand und am Halse The¬ resens weinte; er ist von meinen Feinden umgeben, sie werden ihn zu bereden suchen, daß ich ihm nichts aufgeopfert habe; o! der beste Mann mag gerne hören, daß er jedes Opfer werth ist, ohne dafür dankbar seyn zu dürfen.
Wilhelms Abschied von Theresen war heiterer, sie wünschte ihn bald wieder zu sehen. Sie kennen mich ganz! sagte sie, Sie haben mich immer reden lassen, es ist das nächstemal Ihre Pflicht meine Aufrich¬ tigkeit zu erwiedern.
Auf seiner Rückreise hatte er Zeit genug, diese neue, helle Erscheinung lebhaft in der Erinnerung zu betrachten. Welch ein Zu¬ trauen hatte sie ihm eingeflößt! Er dachte an Mignon und Felix, wie glücklich die Kin¬ der unter einer solchen Aufsicht werden könn¬
mich auf ſein Wort verlaſſe. Ach! rief ſie aus, indem ſie aufſtand und am Halſe The¬ reſens weinte; er iſt von meinen Feinden umgeben, ſie werden ihn zu bereden ſuchen, daß ich ihm nichts aufgeopfert habe; o! der beſte Mann mag gerne hören, daß er jedes Opfer werth iſt, ohne dafür dankbar ſeyn zu dürfen.
Wilhelms Abſchied von Thereſen war heiterer, ſie wünſchte ihn bald wieder zu ſehen. Sie kennen mich ganz! ſagte ſie, Sie haben mich immer reden laſſen, es iſt das nächſtemal Ihre Pflicht meine Aufrich¬ tigkeit zu erwiedern.
Auf ſeiner Rückreiſe hatte er Zeit genug, dieſe neue, helle Erſcheinung lebhaft in der Erinnerung zu betrachten. Welch ein Zu¬ trauen hatte ſie ihm eingeflößt! Er dachte an Mignon und Felix, wie glücklich die Kin¬ der unter einer ſolchen Aufſicht werden könn¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0122"n="118"/>
mich auf ſein Wort verlaſſe. Ach! rief ſie<lb/>
aus, indem ſie aufſtand und am Halſe The¬<lb/>
reſens weinte; er iſt von meinen Feinden<lb/>
umgeben, ſie werden ihn zu bereden ſuchen,<lb/>
daß ich ihm nichts aufgeopfert habe; o! der<lb/>
beſte Mann mag gerne hören, daß er jedes<lb/>
Opfer werth iſt, ohne dafür dankbar ſeyn zu<lb/>
dürfen.</p><lb/><p>Wilhelms Abſchied von Thereſen war<lb/>
heiterer, ſie wünſchte ihn bald wieder zu<lb/>ſehen. Sie kennen mich ganz! ſagte ſie,<lb/>
Sie haben mich immer reden laſſen, es iſt<lb/>
das nächſtemal Ihre Pflicht meine Aufrich¬<lb/>
tigkeit zu erwiedern.</p><lb/><p>Auf ſeiner Rückreiſe hatte er Zeit genug,<lb/>
dieſe neue, helle Erſcheinung lebhaft in der<lb/>
Erinnerung zu betrachten. Welch ein Zu¬<lb/>
trauen hatte ſie ihm eingeflößt! Er dachte<lb/>
an Mignon und Felix, wie glücklich die Kin¬<lb/>
der unter einer ſolchen Aufſicht werden könn¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[118/0122]
mich auf ſein Wort verlaſſe. Ach! rief ſie
aus, indem ſie aufſtand und am Halſe The¬
reſens weinte; er iſt von meinen Feinden
umgeben, ſie werden ihn zu bereden ſuchen,
daß ich ihm nichts aufgeopfert habe; o! der
beſte Mann mag gerne hören, daß er jedes
Opfer werth iſt, ohne dafür dankbar ſeyn zu
dürfen.
Wilhelms Abſchied von Thereſen war
heiterer, ſie wünſchte ihn bald wieder zu
ſehen. Sie kennen mich ganz! ſagte ſie,
Sie haben mich immer reden laſſen, es iſt
das nächſtemal Ihre Pflicht meine Aufrich¬
tigkeit zu erwiedern.
Auf ſeiner Rückreiſe hatte er Zeit genug,
dieſe neue, helle Erſcheinung lebhaft in der
Erinnerung zu betrachten. Welch ein Zu¬
trauen hatte ſie ihm eingeflößt! Er dachte
an Mignon und Felix, wie glücklich die Kin¬
der unter einer ſolchen Aufſicht werden könn¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/122>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.