sogleich ein Zimmer in Besitz, und fragte sich nun, ob er bleiben oder vorwärts ge¬ hen solle? In dieser Unentschlossenheit wagte er das Blättchen wieder hervor zu nehmen, das er bisher nochmals anzusehen nicht ge¬ traut hatte, es enthielt folgende Worte: Schicke mir Deinen jungen Freund ja bald; Mignon hat sich diese beyden letzten Tage eher verschlimmert. So traurig diese Gele¬ genheit ist, so soll michs doch freuen ihn kennen zu lernen.
Die letzten Worte hatte Wilhelm beym ersten Blick nicht bemerkt. Er erschrack dar¬ über, und war sogleich entschieden, daß er nicht gehen wollte. Wie, rief er aus, Lo¬ thario, der das Verhältniß weiß, hat ihr nicht eröfnet wer ich bin. Sie erwartet nicht mit gesetztem Gemüth einen Bekannten, den sie lieber nicht wieder sähe, sie erwartet ei¬ nen Fremden, und ich trete hinein! Ich sehe
ſogleich ein Zimmer in Beſitz, und fragte ſich nun, ob er bleiben oder vorwärts ge¬ hen ſolle? In dieſer Unentſchloſſenheit wagte er das Blättchen wieder hervor zu nehmen, das er bisher nochmals anzuſehen nicht ge¬ traut hatte, es enthielt folgende Worte: Schicke mir Deinen jungen Freund ja bald; Mignon hat ſich dieſe beyden letzten Tage eher verſchlimmert. So traurig dieſe Gele¬ genheit iſt, ſo ſoll michs doch freuen ihn kennen zu lernen.
Die letzten Worte hatte Wilhelm beym erſten Blick nicht bemerkt. Er erſchrack dar¬ über, und war ſogleich entſchieden, daß er nicht gehen wollte. Wie, rief er aus, Lo¬ thario, der das Verhältniß weiß, hat ihr nicht eröfnet wer ich bin. Sie erwartet nicht mit geſetztem Gemüth einen Bekannten, den ſie lieber nicht wieder ſähe, ſie erwartet ei¬ nen Fremden, und ich trete hinein! Ich ſehe
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ſogleich ein Zimmer in Beſitz, und fragte
ſich nun, ob er bleiben oder vorwärts ge¬
hen ſolle? In dieſer Unentſchloſſenheit wagte
er das Blättchen wieder hervor zu nehmen,
das er bisher nochmals anzuſehen nicht ge¬
traut hatte, es enthielt folgende Worte:
Schicke mir Deinen jungen Freund ja bald;
Mignon hat ſich dieſe beyden letzten Tage
eher verſchlimmert. So traurig dieſe Gele¬
genheit iſt, ſo ſoll michs doch freuen ihn
kennen zu lernen.
Die letzten Worte hatte Wilhelm beym
erſten Blick nicht bemerkt. Er erſchrack dar¬
über, und war ſogleich entſchieden, daß er
nicht gehen wollte. Wie, rief er aus, Lo¬
thario, der das Verhältniß weiß, hat ihr
nicht eröfnet wer ich bin. Sie erwartet nicht
mit geſetztem Gemüth einen Bekannten, den
ſie lieber nicht wieder ſähe, ſie erwartet ei¬
nen Fremden, und ich trete hinein! Ich ſehe
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/250>, abgerufen am 22.11.2024.
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