Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Wilhelm konnte sich nunmehr manches
Lied, manches Wort dieses guten Kindes er¬
klären. Er bat seinen Freund aufs drin¬
gendste, ihm ja nichts vorzuenthalten, was
ihm von den sonderbaren Gesängen und Be¬
kenntnissen des einzigen Wesens bekannt
worden sey.

O! sagte der Arzt, bereiten Sie sich auf
ein sonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬
schichte, an der Sie, ohne sich zu erinnern,
viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für
Tod und Leben dieses guten Geschöpfs ent¬
scheidend ist.

Lassen Sie mich hören, versetzte Wilhelm,
ich bin äußerst ungeduldig.

Erinnern Sie sich, sagte der Arzt eines
geheimen, nächtlichen, weiblichen Besuchs
nach der Aufführung des Hamlets?

Ja ich erinnere mich dessen wohl! rief
Wilhelm beschämt, aber ich glaubte nicht

Wilhelm konnte ſich nunmehr manches
Lied, manches Wort dieſes guten Kindes er¬
klären. Er bat ſeinen Freund aufs drin¬
gendſte, ihm ja nichts vorzuenthalten, was
ihm von den ſonderbaren Geſängen und Be¬
kenntniſſen des einzigen Weſens bekannt
worden ſey.

O! ſagte der Arzt, bereiten Sie ſich auf
ein ſonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬
ſchichte, an der Sie, ohne ſich zu erinnern,
viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für
Tod und Leben dieſes guten Geſchöpfs ent¬
ſcheidend iſt.

Laſſen Sie mich hören, verſetzte Wilhelm,
ich bin äußerſt ungeduldig.

Erinnern Sie ſich, ſagte der Arzt eines
geheimen, nächtlichen, weiblichen Beſuchs
nach der Aufführung des Hamlets?

Ja ich erinnere mich deſſen wohl! rief
Wilhelm beſchämt, aber ich glaubte nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0282" n="278"/>
            <p>Wilhelm konnte &#x017F;ich nunmehr manches<lb/>
Lied, manches Wort die&#x017F;es guten Kindes er¬<lb/>
klären. Er bat &#x017F;einen Freund aufs drin¬<lb/>
gend&#x017F;te, ihm ja nichts vorzuenthalten, was<lb/>
ihm von den &#x017F;onderbaren Ge&#x017F;ängen und Be¬<lb/>
kenntni&#x017F;&#x017F;en des einzigen We&#x017F;ens bekannt<lb/>
worden &#x017F;ey.</p><lb/>
            <p>O! &#x017F;agte der Arzt, bereiten Sie &#x017F;ich auf<lb/>
ein &#x017F;onderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬<lb/>
&#x017F;chichte, an der Sie, ohne &#x017F;ich zu erinnern,<lb/>
viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für<lb/>
Tod und Leben die&#x017F;es guten Ge&#x017F;chöpfs ent¬<lb/>
&#x017F;cheidend i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>La&#x017F;&#x017F;en Sie mich hören, ver&#x017F;etzte Wilhelm,<lb/>
ich bin äußer&#x017F;t ungeduldig.</p><lb/>
            <p>Erinnern Sie &#x017F;ich, &#x017F;agte der Arzt eines<lb/>
geheimen, nächtlichen, weiblichen Be&#x017F;uchs<lb/>
nach der Aufführung des Hamlets?</p><lb/>
            <p>Ja ich erinnere mich de&#x017F;&#x017F;en wohl! rief<lb/>
Wilhelm be&#x017F;chämt, aber ich glaubte nicht<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0282] Wilhelm konnte ſich nunmehr manches Lied, manches Wort dieſes guten Kindes er¬ klären. Er bat ſeinen Freund aufs drin¬ gendſte, ihm ja nichts vorzuenthalten, was ihm von den ſonderbaren Geſängen und Be¬ kenntniſſen des einzigen Weſens bekannt worden ſey. O! ſagte der Arzt, bereiten Sie ſich auf ein ſonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬ ſchichte, an der Sie, ohne ſich zu erinnern, viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für Tod und Leben dieſes guten Geſchöpfs ent¬ ſcheidend iſt. Laſſen Sie mich hören, verſetzte Wilhelm, ich bin äußerſt ungeduldig. Erinnern Sie ſich, ſagte der Arzt eines geheimen, nächtlichen, weiblichen Beſuchs nach der Aufführung des Hamlets? Ja ich erinnere mich deſſen wohl! rief Wilhelm beſchämt, aber ich glaubte nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/282
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/282>, abgerufen am 16.07.2024.