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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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ren genug gequält, bis wir den verworre¬
nen Zustand dieses guten Wesens, dem wir
zu helfen wünschten, nur so deutlich einsehen
konnten. Durch leichtsinnige Reden Phili¬
nens und der andern Mädchen, durch ein
gewisses Liedchen aufmerksam gemacht, war
ihr der Gedanke so reizend geworden, eine
Nacht bey dem Geliebten zuzubringen, ohne
daß sie dabey etwas weiter als eine ver¬
trauliche, glückliche Ruhe zu denken wußte.
Die Neigung für Sie, mein Freund, war
in dem guten Herzen schon lebhaft und ge¬
waltsam, in ihren Armen hatte das gute
Kind schon von manchem Schmerzen ausge¬
ruht, sie wünschte sich nun dieses Glück in
seiner ganzen Fülle. Bald nahm sie sich vor,
sie freundlich darum zu bitten, bald hielt sie
ein heimlicher Schauder wieder davon zu¬
rück. Endlich gab ihr der lustige Abend und
die Stimmung des häufig genossenen Weins,

ren genug gequält, bis wir den verworre¬
nen Zuſtand dieſes guten Weſens, dem wir
zu helfen wünſchten, nur ſo deutlich einſehen
konnten. Durch leichtſinnige Reden Phili¬
nens und der andern Mädchen, durch ein
gewiſſes Liedchen aufmerkſam gemacht, war
ihr der Gedanke ſo reizend geworden, eine
Nacht bey dem Geliebten zuzubringen, ohne
daß ſie dabey etwas weiter als eine ver¬
trauliche, glückliche Ruhe zu denken wußte.
Die Neigung für Sie, mein Freund, war
in dem guten Herzen ſchon lebhaft und ge¬
waltſam, in ihren Armen hatte das gute
Kind ſchon von manchem Schmerzen ausge¬
ruht, ſie wünſchte ſich nun dieſes Glück in
ſeiner ganzen Fülle. Bald nahm ſie ſich vor,
ſie freundlich darum zu bitten, bald hielt ſie
ein heimlicher Schauder wieder davon zu¬
rück. Endlich gab ihr der luſtige Abend und
die Stimmung des häufig genoſſenen Weins,

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[280/0284] ren genug gequält, bis wir den verworre¬ nen Zuſtand dieſes guten Weſens, dem wir zu helfen wünſchten, nur ſo deutlich einſehen konnten. Durch leichtſinnige Reden Phili¬ nens und der andern Mädchen, durch ein gewiſſes Liedchen aufmerkſam gemacht, war ihr der Gedanke ſo reizend geworden, eine Nacht bey dem Geliebten zuzubringen, ohne daß ſie dabey etwas weiter als eine ver¬ trauliche, glückliche Ruhe zu denken wußte. Die Neigung für Sie, mein Freund, war in dem guten Herzen ſchon lebhaft und ge¬ waltſam, in ihren Armen hatte das gute Kind ſchon von manchem Schmerzen ausge¬ ruht, ſie wünſchte ſich nun dieſes Glück in ſeiner ganzen Fülle. Bald nahm ſie ſich vor, ſie freundlich darum zu bitten, bald hielt ſie ein heimlicher Schauder wieder davon zu¬ rück. Endlich gab ihr der luſtige Abend und die Stimmung des häufig genoſſenen Weins,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/284>, abgerufen am 22.11.2024.