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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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nicht indessen die schönsten Verhältnisse so
verschoben, so untergraben und so zerrüttet
werden, daß auch dann, wenn alles im Kla¬
ren seyn wird, doch nicht wieder zu helfen
ist, mag die Zeit lehren. Reißt sich mein
Freund nicht los, so komme ich in wenigen
Tagen, um ihn bey Dir aufzusuchen und
fest zu halten. Du wunderst Dich, wie diese
Leidenschaft sich Deiner Therese bemächtiget
hat. Es ist keine Leidenschaft, es ist Über¬
zeugung, daß, da Lothario nicht mein wer¬
den konnte, dieser neue Freund das Glück
meines Lebens machen wird. Sag ihm das!
im Nahmen des kleinen Knaben, der mit
ihm unter der Eiche saß und sich seiner Theil¬
nahme freute. Sag ihm das im Nahmen
Theresens, die seinem Antrage mit einer
herzlichen Offenheit entgegen kam. Mein
erster Traum, wie ich mit Lothario leben
würde, ist weit von meiner Seele wegge¬

nicht indeſſen die ſchönſten Verhältniſſe ſo
verſchoben, ſo untergraben und ſo zerrüttet
werden, daß auch dann, wenn alles im Kla¬
ren ſeyn wird, doch nicht wieder zu helfen
iſt, mag die Zeit lehren. Reißt ſich mein
Freund nicht los, ſo komme ich in wenigen
Tagen, um ihn bey Dir aufzuſuchen und
feſt zu halten. Du wunderſt Dich, wie dieſe
Leidenſchaft ſich Deiner Thereſe bemächtiget
hat. Es iſt keine Leidenſchaft, es iſt Über¬
zeugung, daß, da Lothario nicht mein wer¬
den konnte, dieſer neue Freund das Glück
meines Lebens machen wird. Sag ihm das!
im Nahmen des kleinen Knaben, der mit
ihm unter der Eiche ſaß und ſich ſeiner Theil¬
nahme freute. Sag ihm das im Nahmen
Thereſens, die ſeinem Antrage mit einer
herzlichen Offenheit entgegen kam. Mein
erſter Traum, wie ich mit Lothario leben
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[317/0321] nicht indeſſen die ſchönſten Verhältniſſe ſo verſchoben, ſo untergraben und ſo zerrüttet werden, daß auch dann, wenn alles im Kla¬ ren ſeyn wird, doch nicht wieder zu helfen iſt, mag die Zeit lehren. Reißt ſich mein Freund nicht los, ſo komme ich in wenigen Tagen, um ihn bey Dir aufzuſuchen und feſt zu halten. Du wunderſt Dich, wie dieſe Leidenſchaft ſich Deiner Thereſe bemächtiget hat. Es iſt keine Leidenſchaft, es iſt Über¬ zeugung, daß, da Lothario nicht mein wer¬ den konnte, dieſer neue Freund das Glück meines Lebens machen wird. Sag ihm das! im Nahmen des kleinen Knaben, der mit ihm unter der Eiche ſaß und ſich ſeiner Theil¬ nahme freute. Sag ihm das im Nahmen Thereſens, die ſeinem Antrage mit einer herzlichen Offenheit entgegen kam. Mein erſter Traum, wie ich mit Lothario leben würde, iſt weit von meiner Seele wegge¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/321>, abgerufen am 22.11.2024.