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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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nen Mitteln und der Furcht zuschreiben
kann, in die wir das Kind versetzt haben.

Bald darauf trat Jarno mit der Nach¬
richt herein, daß man Augustin auf dem
Oberboden in seinem Blute gefunden habe,
ein Schermesser habe neben ihm gelegen,
wahrscheinlich habe er sich die Kehle abge¬
schnitten. Der Arzt eilte fort und begegnete
den Leuten, welche den Körper zur Treppe
herunterbrachten. Er ward auf ein Bett
gelegt und genau untersucht, der Schnitt war
in die Luftröhre gegangen, auf einen starken
Blutverlust war eine Ohnmacht gefolgt, doch
ließ sich bald bemerken, daß noch Leben, daß
noch Hoffnung übrig sey. Der Arzt brachte
den Körper in die rechte Lage, fügte die ge¬
trennten Theile zusammen, und legte den
Verband auf. Die Nacht ging allen schlaf¬
los und sorgenvoll vorüber. Das Kind
wollte sich nicht von Natalien trennen lassen.

nen Mitteln und der Furcht zuſchreiben
kann, in die wir das Kind verſetzt haben.

Bald darauf trat Jarno mit der Nach¬
richt herein, daß man Auguſtin auf dem
Oberboden in ſeinem Blute gefunden habe,
ein Schermeſſer habe neben ihm gelegen,
wahrſcheinlich habe er ſich die Kehle abge¬
ſchnitten. Der Arzt eilte fort und begegnete
den Leuten, welche den Körper zur Treppe
herunterbrachten. Er ward auf ein Bett
gelegt und genau unterſucht, der Schnitt war
in die Luftröhre gegangen, auf einen ſtarken
Blutverluſt war eine Ohnmacht gefolgt, doch
ließ ſich bald bemerken, daß noch Leben, daß
noch Hoffnung übrig ſey. Der Arzt brachte
den Körper in die rechte Lage, fügte die ge¬
trennten Theile zuſammen, und legte den
Verband auf. Die Nacht ging allen ſchlaf¬
los und ſorgenvoll vorüber. Das Kind
wollte ſich nicht von Natalien trennen laſſen.

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[487/0491] nen Mitteln und der Furcht zuſchreiben kann, in die wir das Kind verſetzt haben. Bald darauf trat Jarno mit der Nach¬ richt herein, daß man Auguſtin auf dem Oberboden in ſeinem Blute gefunden habe, ein Schermeſſer habe neben ihm gelegen, wahrſcheinlich habe er ſich die Kehle abge¬ ſchnitten. Der Arzt eilte fort und begegnete den Leuten, welche den Körper zur Treppe herunterbrachten. Er ward auf ein Bett gelegt und genau unterſucht, der Schnitt war in die Luftröhre gegangen, auf einen ſtarken Blutverluſt war eine Ohnmacht gefolgt, doch ließ ſich bald bemerken, daß noch Leben, daß noch Hoffnung übrig ſey. Der Arzt brachte den Körper in die rechte Lage, fügte die ge¬ trennten Theile zuſammen, und legte den Verband auf. Die Nacht ging allen ſchlaf¬ los und ſorgenvoll vorüber. Das Kind wollte ſich nicht von Natalien trennen laſſen.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/491>, abgerufen am 22.11.2024.