Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

zu uns zieht; besonders wenn ich zugleich be¬
denke, daß uns seine Gegenwart nicht die
mindeste Unbequemlichkeit verursacht. Auf
dem rechten Flügel des Schlosses kann er
wohnen, und alles andre findet sich. Wie viel
wird ihm dadurch geleistet, und wie manches
Angenehme wird uns durch seinen Umgang,
ja wie mancher Vortheil! Ich hätte längst ei¬
ne Ausmessung des Gutes und der Gegend ge¬
wünscht; er wird sie besorgen und leiten.
Deine Absicht ist, selbst die Güter künftig zu
verwalten, sobald die Jahre der gegenwärtigen
Pächter verflossen sind. Wie bedenklich ist
ein solches Unternehmen! Zu wie manchen
Vorkenntnissen kann er uns nicht verhelfen!
Ich fühle nur zu sehr, daß mir ein Mann die¬
ser Art abgeht. Die Landleute haben die
rechten Kenntnisse; ihre Mittheilungen aber
sind confus und nicht ehrlich. Die Studirten
aus der Stadt und von den Akademieen sind
wohl klar und ordentlich; aber es fehlt an der
unmittelbaren Einsicht in die Sache. Vom

zu uns zieht; beſonders wenn ich zugleich be¬
denke, daß uns ſeine Gegenwart nicht die
mindeſte Unbequemlichkeit verurſacht. Auf
dem rechten Fluͤgel des Schloſſes kann er
wohnen, und alles andre findet ſich. Wie viel
wird ihm dadurch geleiſtet, und wie manches
Angenehme wird uns durch ſeinen Umgang,
ja wie mancher Vortheil! Ich haͤtte laͤngſt ei¬
ne Ausmeſſung des Gutes und der Gegend ge¬
wuͤnſcht; er wird ſie beſorgen und leiten.
Deine Abſicht iſt, ſelbſt die Guͤter kuͤnftig zu
verwalten, ſobald die Jahre der gegenwaͤrtigen
Paͤchter verfloſſen ſind. Wie bedenklich iſt
ein ſolches Unternehmen! Zu wie manchen
Vorkenntniſſen kann er uns nicht verhelfen!
Ich fuͤhle nur zu ſehr, daß mir ein Mann die¬
ſer Art abgeht. Die Landleute haben die
rechten Kenntniſſe; ihre Mittheilungen aber
ſind confus und nicht ehrlich. Die Studirten
aus der Stadt und von den Akademieen ſind
wohl klar und ordentlich; aber es fehlt an der
unmittelbaren Einſicht in die Sache. Vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0016" n="11"/>
zu uns zieht; be&#x017F;onders wenn ich zugleich be¬<lb/>
denke, daß uns &#x017F;eine Gegenwart nicht die<lb/>
minde&#x017F;te Unbequemlichkeit verur&#x017F;acht. Auf<lb/>
dem rechten Flu&#x0364;gel des Schlo&#x017F;&#x017F;es kann er<lb/>
wohnen, und alles andre findet &#x017F;ich. Wie viel<lb/>
wird ihm dadurch gelei&#x017F;tet, und wie manches<lb/>
Angenehme wird uns durch &#x017F;einen Umgang,<lb/>
ja wie mancher Vortheil! Ich ha&#x0364;tte la&#x0364;ng&#x017F;t ei¬<lb/>
ne Ausme&#x017F;&#x017F;ung des Gutes und der Gegend ge¬<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;cht; er wird &#x017F;ie be&#x017F;orgen und leiten.<lb/>
Deine Ab&#x017F;icht i&#x017F;t, &#x017F;elb&#x017F;t die Gu&#x0364;ter ku&#x0364;nftig zu<lb/>
verwalten, &#x017F;obald die Jahre der gegenwa&#x0364;rtigen<lb/>
Pa&#x0364;chter verflo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind. Wie bedenklich i&#x017F;t<lb/>
ein &#x017F;olches Unternehmen! Zu wie manchen<lb/>
Vorkenntni&#x017F;&#x017F;en kann er uns nicht verhelfen!<lb/>
Ich fu&#x0364;hle nur zu &#x017F;ehr, daß mir ein Mann die¬<lb/>
&#x017F;er Art abgeht. Die Landleute haben die<lb/>
rechten Kenntni&#x017F;&#x017F;e; ihre Mittheilungen aber<lb/>
&#x017F;ind confus und nicht ehrlich. Die Studirten<lb/>
aus der Stadt und von den Akademieen &#x017F;ind<lb/>
wohl klar und ordentlich; aber es fehlt an der<lb/>
unmittelbaren Ein&#x017F;icht in die Sache. Vom<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0016] zu uns zieht; beſonders wenn ich zugleich be¬ denke, daß uns ſeine Gegenwart nicht die mindeſte Unbequemlichkeit verurſacht. Auf dem rechten Fluͤgel des Schloſſes kann er wohnen, und alles andre findet ſich. Wie viel wird ihm dadurch geleiſtet, und wie manches Angenehme wird uns durch ſeinen Umgang, ja wie mancher Vortheil! Ich haͤtte laͤngſt ei¬ ne Ausmeſſung des Gutes und der Gegend ge¬ wuͤnſcht; er wird ſie beſorgen und leiten. Deine Abſicht iſt, ſelbſt die Guͤter kuͤnftig zu verwalten, ſobald die Jahre der gegenwaͤrtigen Paͤchter verfloſſen ſind. Wie bedenklich iſt ein ſolches Unternehmen! Zu wie manchen Vorkenntniſſen kann er uns nicht verhelfen! Ich fuͤhle nur zu ſehr, daß mir ein Mann die¬ ſer Art abgeht. Die Landleute haben die rechten Kenntniſſe; ihre Mittheilungen aber ſind confus und nicht ehrlich. Die Studirten aus der Stadt und von den Akademieen ſind wohl klar und ordentlich; aber es fehlt an der unmittelbaren Einſicht in die Sache. Vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/16
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/16>, abgerufen am 21.11.2024.