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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Gelegenheit das Gespräch wieder anzuknüpfen,
vielleicht in der Ueberzeugung, daß man einen
Vorsatz nicht sichrer abstumpfen kann, als wenn
man ihn öfters durchspricht.

Eduarden war diese Wiederhohlung er¬
wünscht. Er äußerte sich nach seiner Weise
freundlich und angenehm: denn wenn er, em¬
pfänglich wie er war, leicht aufloderte, wenn
sein lebhaftes Begehren zudringlich ward, wenn
seine Hartnäckigkeit ungeduldig machen konnte;
so waren doch alle seine Aeußerungen durch
eine vollkommene Schonung des andern der¬
gestalt gemildert, daß man ihn immer noch
liebenswürdig finden mußte, wenn man ihn
auch beschwerlich fand.

Auf eine solche Weise brachte er Char¬
lotten diesen Morgen erst in die heiterste Lau¬
ne, dann durch anmuthige Gesprächswendun¬
gen ganz aus der Fassung, so daß sie zuletzt
ausrief: Du willst gewiß, daß ich das was

Gelegenheit das Geſpraͤch wieder anzuknuͤpfen,
vielleicht in der Ueberzeugung, daß man einen
Vorſatz nicht ſichrer abſtumpfen kann, als wenn
man ihn oͤfters durchſpricht.

Eduarden war dieſe Wiederhohlung er¬
wuͤnſcht. Er aͤußerte ſich nach ſeiner Weiſe
freundlich und angenehm: denn wenn er, em¬
pfaͤnglich wie er war, leicht aufloderte, wenn
ſein lebhaftes Begehren zudringlich ward, wenn
ſeine Hartnaͤckigkeit ungeduldig machen konnte;
ſo waren doch alle ſeine Aeußerungen durch
eine vollkommene Schonung des andern der¬
geſtalt gemildert, daß man ihn immer noch
liebenswuͤrdig finden mußte, wenn man ihn
auch beſchwerlich fand.

Auf eine ſolche Weiſe brachte er Char¬
lotten dieſen Morgen erſt in die heiterſte Lau¬
ne, dann durch anmuthige Geſpraͤchswendun¬
gen ganz aus der Faſſung, ſo daß ſie zuletzt
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[24/0029] Gelegenheit das Geſpraͤch wieder anzuknuͤpfen, vielleicht in der Ueberzeugung, daß man einen Vorſatz nicht ſichrer abſtumpfen kann, als wenn man ihn oͤfters durchſpricht. Eduarden war dieſe Wiederhohlung er¬ wuͤnſcht. Er aͤußerte ſich nach ſeiner Weiſe freundlich und angenehm: denn wenn er, em¬ pfaͤnglich wie er war, leicht aufloderte, wenn ſein lebhaftes Begehren zudringlich ward, wenn ſeine Hartnaͤckigkeit ungeduldig machen konnte; ſo waren doch alle ſeine Aeußerungen durch eine vollkommene Schonung des andern der¬ geſtalt gemildert, daß man ihn immer noch liebenswuͤrdig finden mußte, wenn man ihn auch beſchwerlich fand. Auf eine ſolche Weiſe brachte er Char¬ lotten dieſen Morgen erſt in die heiterſte Lau¬ ne, dann durch anmuthige Geſpraͤchswendun¬ gen ganz aus der Faſſung, ſo daß ſie zuletzt ausrief: Du willſt gewiß, daß ich das was

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/29>, abgerufen am 30.04.2024.