mitten im Gewühl der Schlacht, wenn die Erde vom anhaltenden Donner bebte, wenn die Ku¬ geln sausten und pfiffen, rechts und links die Ge¬ fährten niederfielen, mein Pferd getroffen, mein Hut durchlöchert ward; es hat mir vorgeschwebt beym stillen nächtlichen Feuer unter dem ge¬ stirnten Gewölbe des Himmels. Dann tra¬ ten mir alle meine Verbindungen vor die Seele; ich habe sie durchgedacht, durchge¬ fühlt; ich habe mir zugeeignet, ich habe mich abgefunden, zu wiederholten Malen, und nun für immer.
In solchen Augenblicken, wie kann ich dir's verschweigen, warst auch du mir gegen¬ wärtig, auch du gehörtest in meinen Kreis; und gehören wir denn nicht schon so lange zueinander? Wenn ich dir etwas schuldig ge¬ worden, so komme ich jetzt in den Fall dir es mit Zinsen abzutragen; wenn du mir je etwas schuldig geworden, so siehst du dich nun im Stande, mir es zu vergelten. Ich weiß
mitten im Gewuͤhl der Schlacht, wenn die Erde vom anhaltenden Donner bebte, wenn die Ku¬ geln ſauſten und pfiffen, rechts und links die Ge¬ faͤhrten niederfielen, mein Pferd getroffen, mein Hut durchloͤchert ward; es hat mir vorgeſchwebt beym ſtillen naͤchtlichen Feuer unter dem ge¬ ſtirnten Gewoͤlbe des Himmels. Dann tra¬ ten mir alle meine Verbindungen vor die Seele; ich habe ſie durchgedacht, durchge¬ fuͤhlt; ich habe mir zugeeignet, ich habe mich abgefunden, zu wiederholten Malen, und nun fuͤr immer.
In ſolchen Augenblicken, wie kann ich dir's verſchweigen, warſt auch du mir gegen¬ waͤrtig, auch du gehoͤrteſt in meinen Kreis; und gehoͤren wir denn nicht ſchon ſo lange zueinander? Wenn ich dir etwas ſchuldig ge¬ worden, ſo komme ich jetzt in den Fall dir es mit Zinſen abzutragen; wenn du mir je etwas ſchuldig geworden, ſo ſiehſt du dich nun im Stande, mir es zu vergelten. Ich weiß
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0237"n="234"/>
mitten im Gewuͤhl der Schlacht, wenn die Erde<lb/>
vom anhaltenden Donner bebte, wenn die Ku¬<lb/>
geln ſauſten und pfiffen, rechts und links die Ge¬<lb/>
faͤhrten niederfielen, mein Pferd getroffen, mein<lb/>
Hut durchloͤchert ward; es hat mir vorgeſchwebt<lb/>
beym ſtillen naͤchtlichen Feuer unter dem ge¬<lb/>ſtirnten Gewoͤlbe des Himmels. Dann tra¬<lb/>
ten mir alle meine Verbindungen vor die<lb/>
Seele; ich habe ſie durchgedacht, durchge¬<lb/>
fuͤhlt; ich habe mir zugeeignet, ich habe mich<lb/>
abgefunden, zu wiederholten Malen, und<lb/>
nun fuͤr immer.</p><lb/><p>In ſolchen Augenblicken, wie kann ich<lb/>
dir's verſchweigen, warſt auch du mir gegen¬<lb/>
waͤrtig, auch du gehoͤrteſt in meinen Kreis;<lb/>
und gehoͤren wir denn nicht ſchon ſo lange<lb/>
zueinander? Wenn ich dir etwas ſchuldig ge¬<lb/>
worden, ſo komme ich jetzt in den Fall dir<lb/>
es mit Zinſen abzutragen; wenn du mir je<lb/>
etwas ſchuldig geworden, ſo ſiehſt du dich nun<lb/>
im Stande, mir es zu vergelten. Ich weiß<lb/></p></div></body></text></TEI>
[234/0237]
mitten im Gewuͤhl der Schlacht, wenn die Erde
vom anhaltenden Donner bebte, wenn die Ku¬
geln ſauſten und pfiffen, rechts und links die Ge¬
faͤhrten niederfielen, mein Pferd getroffen, mein
Hut durchloͤchert ward; es hat mir vorgeſchwebt
beym ſtillen naͤchtlichen Feuer unter dem ge¬
ſtirnten Gewoͤlbe des Himmels. Dann tra¬
ten mir alle meine Verbindungen vor die
Seele; ich habe ſie durchgedacht, durchge¬
fuͤhlt; ich habe mir zugeeignet, ich habe mich
abgefunden, zu wiederholten Malen, und
nun fuͤr immer.
In ſolchen Augenblicken, wie kann ich
dir's verſchweigen, warſt auch du mir gegen¬
waͤrtig, auch du gehoͤrteſt in meinen Kreis;
und gehoͤren wir denn nicht ſchon ſo lange
zueinander? Wenn ich dir etwas ſchuldig ge¬
worden, ſo komme ich jetzt in den Fall dir
es mit Zinſen abzutragen; wenn du mir je
etwas ſchuldig geworden, ſo ſiehſt du dich nun
im Stande, mir es zu vergelten. Ich weiß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/237>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.