Da weinten die Kinder sehr, fielen Vater und Mutter um den Hals, und sagten, was sie in dem Falle thun würden.
Lorchen fieng zuerst an: Ich wollte ihnen geben, was ich hätte, sollte ich auch kein Hem- de auf dem Leibe behalten. Sie haben mirs ja erst gegeben.
Charlotte sagte: Ich wollte mich gleich aufmachen, zu ihnen laufen, meine Kleider ausziehen, und sie ihnen anziehen.
Du hättest aber selbst nicht viel, mein Kind? fiel ihm der Vater in die Rede. "Des- wegen wollte ich ihnen doch alles herzlich ger- ne geben, und lieber selbst hungern, bis ich wieder was verdient hätte."
Edle Seele! antwortete der Vater. Gott segne dich, und dich auch, Lorchen! Aber, Karl! was würdest du thun?
"Ich würde, wenn ich auf dem Lande Prediger wäre, von allen meinen Bauern
Brod,
Da weinten die Kinder ſehr, fielen Vater und Mutter um den Hals, und ſagten, was ſie in dem Falle thun wuͤrden.
Lorchen fieng zuerſt an: Ich wollte ihnen geben, was ich haͤtte, ſollte ich auch kein Hem- de auf dem Leibe behalten. Sie haben mirs ja erſt gegeben.
Charlotte ſagte: Ich wollte mich gleich aufmachen, zu ihnen laufen, meine Kleider ausziehen, und ſie ihnen anziehen.
Du haͤtteſt aber ſelbſt nicht viel, mein Kind? fiel ihm der Vater in die Rede. „Des- wegen wollte ich ihnen doch alles herzlich ger- ne geben, und lieber ſelbſt hungern, bis ich wieder was verdient haͤtte.“
Edle Seele! antwortete der Vater. Gott ſegne dich, und dich auch, Lorchen! Aber, Karl! was wuͤrdeſt du thun?
„Ich wuͤrde, wenn ich auf dem Lande Prediger waͤre, von allen meinen Bauern
Brod,
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0146"n="124"/><p>Da weinten die Kinder ſehr, fielen Vater<lb/>
und Mutter um den Hals, und ſagten, was<lb/>ſie in dem Falle thun wuͤrden.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Lorchen</hi> fieng zuerſt an: Ich wollte ihnen<lb/>
geben, was ich haͤtte, ſollte ich auch kein Hem-<lb/>
de auf dem Leibe behalten. Sie haben mirs<lb/>
ja erſt gegeben.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Charlotte</hi>ſagte: Ich wollte mich gleich<lb/>
aufmachen, zu ihnen laufen, meine Kleider<lb/>
ausziehen, und ſie ihnen anziehen.</p><lb/><p>Du haͤtteſt aber ſelbſt nicht viel, mein<lb/>
Kind? fiel ihm der Vater in die Rede. „Des-<lb/>
wegen wollte ich ihnen doch alles herzlich ger-<lb/>
ne geben, und lieber ſelbſt hungern, bis ich<lb/>
wieder was verdient haͤtte.“</p><lb/><p>Edle Seele! antwortete der Vater. Gott<lb/>ſegne dich, und dich auch, <hirendition="#fr">Lorchen</hi>! Aber,<lb/><hirendition="#fr">Karl</hi>! was wuͤrdeſt du thun?</p><lb/><p>„Ich wuͤrde, wenn ich auf dem Lande<lb/>
Prediger waͤre, von allen meinen Bauern<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Brod,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[124/0146]
Da weinten die Kinder ſehr, fielen Vater
und Mutter um den Hals, und ſagten, was
ſie in dem Falle thun wuͤrden.
Lorchen fieng zuerſt an: Ich wollte ihnen
geben, was ich haͤtte, ſollte ich auch kein Hem-
de auf dem Leibe behalten. Sie haben mirs
ja erſt gegeben.
Charlotte ſagte: Ich wollte mich gleich
aufmachen, zu ihnen laufen, meine Kleider
ausziehen, und ſie ihnen anziehen.
Du haͤtteſt aber ſelbſt nicht viel, mein
Kind? fiel ihm der Vater in die Rede. „Des-
wegen wollte ich ihnen doch alles herzlich ger-
ne geben, und lieber ſelbſt hungern, bis ich
wieder was verdient haͤtte.“
Edle Seele! antwortete der Vater. Gott
ſegne dich, und dich auch, Lorchen! Aber,
Karl! was wuͤrdeſt du thun?
„Ich wuͤrde, wenn ich auf dem Lande
Prediger waͤre, von allen meinen Bauern
Brod,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/146>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.