Er konnte sich das alles nicht erklären, bis ein alter verständiger Mann zu ihm kam, und ihn bey Seite zog. "Sie sind, sagte er, wie es scheint, hier fremd, und wundern sich über die Wirthschaft. Der kranke Herr dort ist der faulste Mensch von der Welt, der auch gar nichts thut, als essen, trinken, schlafen. Er wurde bettelarm. Da that er von seinem Onkel aus Ostindien eine reiche Erbschaft. Aber nun wurde er ein dummer Verschwender, soff und fraß sich krank, wie sie sehen. Den- noch muß das Wohlleben fortgehen. Andere zehren ihn aus, und er hat schon so viele Schulden, daß alle Augenblicke bogenlange Rechnungen kommen, die er vor Unmuth mit Füßen tritt."
Was ist er denn für Herkommens, frag- te der Vater? Der Mann nannte seinen Na- men, und setzte hinzu: Sein Vater soll ein bra- ver Mann gewesen seyn. Gott! wie erschrak
der
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Er konnte ſich das alles nicht erklaͤren, bis ein alter verſtaͤndiger Mann zu ihm kam, und ihn bey Seite zog. „Sie ſind, ſagte er, wie es ſcheint, hier fremd, und wundern ſich uͤber die Wirthſchaft. Der kranke Herr dort iſt der faulſte Menſch von der Welt, der auch gar nichts thut, als eſſen, trinken, ſchlafen. Er wurde bettelarm. Da that er von ſeinem Onkel aus Oſtindien eine reiche Erbſchaft. Aber nun wurde er ein dummer Verſchwender, ſoff und fraß ſich krank, wie ſie ſehen. Den- noch muß das Wohlleben fortgehen. Andere zehren ihn aus, und er hat ſchon ſo viele Schulden, daß alle Augenblicke bogenlange Rechnungen kommen, die er vor Unmuth mit Fuͤßen tritt.“
Was iſt er denn fuͤr Herkommens, frag- te der Vater? Der Mann nannte ſeinen Na- men, und ſetzte hinzu: Sein Vater ſoll ein bra- ver Mann geweſen ſeyn. Gott! wie erſchrak
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Er konnte ſich das alles nicht erklaͤren, bis
ein alter verſtaͤndiger Mann zu ihm kam, und
ihn bey Seite zog. „Sie ſind, ſagte er, wie
es ſcheint, hier fremd, und wundern ſich uͤber
die Wirthſchaft. Der kranke Herr dort iſt der
faulſte Menſch von der Welt, der auch gar
nichts thut, als eſſen, trinken, ſchlafen. Er
wurde bettelarm. Da that er von ſeinem
Onkel aus Oſtindien eine reiche Erbſchaft.
Aber nun wurde er ein dummer Verſchwender,
ſoff und fraß ſich krank, wie ſie ſehen. Den-
noch muß das Wohlleben fortgehen. Andere
zehren ihn aus, und er hat ſchon ſo viele
Schulden, daß alle Augenblicke bogenlange
Rechnungen kommen, die er vor Unmuth mit
Fuͤßen tritt.“
Was iſt er denn fuͤr Herkommens, frag-
te der Vater? Der Mann nannte ſeinen Na-
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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/89>, abgerufen am 21.11.2024.
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