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Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Bruder, du wirst mich loslassen, sagte er leise, du wirst mir keinen Schaden thun. -- Außerdem daß ich schreien könnte -- --

Wozu schreien, Bruder? unterbrach ihn der Andre ebenfalls flüsternd. Wie du zum Hinken gekommen, wirst du nicht ausschreien wollen, wir suchten sonst vergebens die Heimlichkeit dieses Ortes. -- --

Ich will nicht schreien, Bruderherz, aber loslassen mußt du mich jetzt. -- Ich bin alt und schwach und vermag nicht zu ringen.

Wie du zum Hinken gekommen!

Nun, da du's wissen willst: in derselben Backstube bei unsers Juden Sohn.

Wie kamst du zu Dem?

Wie kam ich, wie kam ich! Ich hatte das Streifen satt, ich fühlte mein Alter und dachte an dich. -- Mein Geld hatte nicht weit gereicht; ich dachte: ob's wohl bei dir weiter gereicht haben möchte -- und ging, dich zu suchen. Dich zu finden, war ich mir sicher: wir hatten uns beim Scheiden "auf Wiedersehn!" gesagt. Nebenher trieb mich die Neugier -- es peinigte mich, zu erfahren -- es plagte mich der Teufel, nach dem Städtchen zu wandern, das wie du weißt, abbrannte in jener Nacht. -- -- Weihnachten vorigen Jahrs erreichte ich's -- dunkel und kalt war's, da ich hineinging -- dazu war's neu ausgebaut, daß ich's nicht wieder erkannte -- breite Straßen, gerade Straßen -- und als ich ins

Bruder, du wirst mich loslassen, sagte er leise, du wirst mir keinen Schaden thun. — Außerdem daß ich schreien könnte — —

Wozu schreien, Bruder? unterbrach ihn der Andre ebenfalls flüsternd. Wie du zum Hinken gekommen, wirst du nicht ausschreien wollen, wir suchten sonst vergebens die Heimlichkeit dieses Ortes. — —

Ich will nicht schreien, Bruderherz, aber loslassen mußt du mich jetzt. — Ich bin alt und schwach und vermag nicht zu ringen.

Wie du zum Hinken gekommen!

Nun, da du's wissen willst: in derselben Backstube bei unsers Juden Sohn.

Wie kamst du zu Dem?

Wie kam ich, wie kam ich! Ich hatte das Streifen satt, ich fühlte mein Alter und dachte an dich. — Mein Geld hatte nicht weit gereicht; ich dachte: ob's wohl bei dir weiter gereicht haben möchte — und ging, dich zu suchen. Dich zu finden, war ich mir sicher: wir hatten uns beim Scheiden “auf Wiedersehn!“ gesagt. Nebenher trieb mich die Neugier — es peinigte mich, zu erfahren — es plagte mich der Teufel, nach dem Städtchen zu wandern, das wie du weißt, abbrannte in jener Nacht. — — Weihnachten vorigen Jahrs erreichte ich's — dunkel und kalt war's, da ich hineinging — dazu war's neu ausgebaut, daß ich's nicht wieder erkannte — breite Straßen, gerade Straßen — und als ich ins

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[0028] Bruder, du wirst mich loslassen, sagte er leise, du wirst mir keinen Schaden thun. — Außerdem daß ich schreien könnte — — Wozu schreien, Bruder? unterbrach ihn der Andre ebenfalls flüsternd. Wie du zum Hinken gekommen, wirst du nicht ausschreien wollen, wir suchten sonst vergebens die Heimlichkeit dieses Ortes. — — Ich will nicht schreien, Bruderherz, aber loslassen mußt du mich jetzt. — Ich bin alt und schwach und vermag nicht zu ringen. Wie du zum Hinken gekommen! Nun, da du's wissen willst: in derselben Backstube bei unsers Juden Sohn. Wie kamst du zu Dem? Wie kam ich, wie kam ich! Ich hatte das Streifen satt, ich fühlte mein Alter und dachte an dich. — Mein Geld hatte nicht weit gereicht; ich dachte: ob's wohl bei dir weiter gereicht haben möchte — und ging, dich zu suchen. Dich zu finden, war ich mir sicher: wir hatten uns beim Scheiden “auf Wiedersehn!“ gesagt. Nebenher trieb mich die Neugier — es peinigte mich, zu erfahren — es plagte mich der Teufel, nach dem Städtchen zu wandern, das wie du weißt, abbrannte in jener Nacht. — — Weihnachten vorigen Jahrs erreichte ich's — dunkel und kalt war's, da ich hineinging — dazu war's neu ausgebaut, daß ich's nicht wieder erkannte — breite Straßen, gerade Straßen — und als ich ins

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T16:05:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T16:05:09Z)

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Zitationshilfe: Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910/28>, abgerufen am 21.11.2024.