Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.Mann war unter ihrer Meisterschaft gestorben. Dieser "Schon lange war das alte Haus ihnen ein Dorn Mann war unter ihrer Meiſterſchaft geſtorben. Dieſer „Schon lange war das alte Haus ihnen ein Dorn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0103" n="93"/> Mann war unter ihrer Meiſterſchaft geſtorben. Dieſer<lb/> Sohn war ein ſchöner Bube, hatte ein gutes Gemüth<lb/> und war freundlich mit Menſch und Vieh; ſie hatte<lb/> ihn auch gar lieb, aber ſie ließ es ihn nicht merken.<lb/> Sie meiſterte ihn jeden Schritt und Tritt und keiner war<lb/> ihr recht, den ſie ihm nicht erlaubt, und längſt war<lb/> er erwachſen und durfte nicht zur Kameradſchaft und<lb/> an keine Kilbi, ohne der Mutter Begleit. Als ſie ihn<lb/> endlich alt genug glaubte, gab ſie ihm ein Weib aus<lb/> ihrer Verwandtſchaft, eins nach ihrem Sinn. Jetzt<lb/> hatte er zwei Meiſter ſtatt nur einen, und beide waren<lb/> gleich hoffärtig und gleich hochmüthig, und weil ſie es<lb/> waren, ſo ſollte auch Chriſten es ſein, und wenn er<lb/> freundlich war und demüthig, wie es ihm ſo wohl an¬<lb/> ſtund, ſo erfuhr er, wer Meiſter ſei.</p><lb/> <p>„Schon lange war das alte Haus ihnen ein Dorn<lb/> im Auge, und ſie ſchämten ſich ſeiner, da die Nach¬<lb/> barn neue Häuſer hatten und doch kaum ſo reich als<lb/> ſie waren. Die Sage von der Spinne und was die<lb/> Großmutter geſagt, war damals noch in Jedermanns<lb/> Gedächtniß, ſonſt wäre das alte Haus längſt ſchon<lb/> eingeriſſen worden, aber Alle wehrten es ihnen. Sie<lb/> nahmen aber dieſes Wehren immer mehr für Neid, der<lb/> ihnen kein neues Haus gönne. Zudem ward es ihnen<lb/> immer unheimeliger im alten Hauſe. Wenn ſie hier<lb/> am Tiſche ſaßen, ſo war es ihnen entweder als ſchnurre<lb/> hinter ihnen behaglich die Katze, oder als ginge leiſe<lb/> das Loch auf und die Spinne ziele nach ihrem Nacken.<lb/> Ihnen fehlte der Sinn, der das Loch vermachte, darum<lb/> fürchteten ſie ſich immer mehr, das Loch möchte ſich<lb/> öffnen. Darum fanden ſie einen guten Grund, ein<lb/> neues Haus zu bauen, in welchem ſie die Spinne nicht<lb/> zu fürchten hätten, wie ſie meinten. Das alte wollten ſie<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
Mann war unter ihrer Meiſterſchaft geſtorben. Dieſer
Sohn war ein ſchöner Bube, hatte ein gutes Gemüth
und war freundlich mit Menſch und Vieh; ſie hatte
ihn auch gar lieb, aber ſie ließ es ihn nicht merken.
Sie meiſterte ihn jeden Schritt und Tritt und keiner war
ihr recht, den ſie ihm nicht erlaubt, und längſt war
er erwachſen und durfte nicht zur Kameradſchaft und
an keine Kilbi, ohne der Mutter Begleit. Als ſie ihn
endlich alt genug glaubte, gab ſie ihm ein Weib aus
ihrer Verwandtſchaft, eins nach ihrem Sinn. Jetzt
hatte er zwei Meiſter ſtatt nur einen, und beide waren
gleich hoffärtig und gleich hochmüthig, und weil ſie es
waren, ſo ſollte auch Chriſten es ſein, und wenn er
freundlich war und demüthig, wie es ihm ſo wohl an¬
ſtund, ſo erfuhr er, wer Meiſter ſei.
„Schon lange war das alte Haus ihnen ein Dorn
im Auge, und ſie ſchämten ſich ſeiner, da die Nach¬
barn neue Häuſer hatten und doch kaum ſo reich als
ſie waren. Die Sage von der Spinne und was die
Großmutter geſagt, war damals noch in Jedermanns
Gedächtniß, ſonſt wäre das alte Haus längſt ſchon
eingeriſſen worden, aber Alle wehrten es ihnen. Sie
nahmen aber dieſes Wehren immer mehr für Neid, der
ihnen kein neues Haus gönne. Zudem ward es ihnen
immer unheimeliger im alten Hauſe. Wenn ſie hier
am Tiſche ſaßen, ſo war es ihnen entweder als ſchnurre
hinter ihnen behaglich die Katze, oder als ginge leiſe
das Loch auf und die Spinne ziele nach ihrem Nacken.
Ihnen fehlte der Sinn, der das Loch vermachte, darum
fürchteten ſie ſich immer mehr, das Loch möchte ſich
öffnen. Darum fanden ſie einen guten Grund, ein
neues Haus zu bauen, in welchem ſie die Spinne nicht
zu fürchten hätten, wie ſie meinten. Das alte wollten ſie
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