Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.ein mit unerhörter Pracht und gaben als sogenannte "Aber während allen dreien Tagen soll man im ganzen "Ja, wer blind ist, sieht auch die Sonne nicht, "Im alten Hause blieb das Gesinde alleine, lebte ein mit unerhörter Pracht und gaben als ſogenannte „Aber während allen dreien Tagen ſoll man im ganzen „Ja, wer blind iſt, ſieht auch die Sonne nicht, „Im alten Hauſe blieb das Geſinde alleine, lebte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0105" n="95"/> ein mit unerhörter Pracht und gaben als ſogenannte<lb/> Hausräuchi eine Kilbi, die drei Tage lang dauerte,<lb/> und Kind und Kindeskinder noch davon erzählten im<lb/> ganzen Emmenthal.</p><lb/> <p>„Aber während allen dreien Tagen ſoll man im ganzen<lb/> Hauſe ein ſeltſam Surren gehört haben, wie das einer<lb/> Katze, welcher es behaglich wird, weil man ihr den<lb/> Balg ſtreicht. Doch die Katze, von welcher es kam,<lb/> konnte man trotz alles Suchens nicht finden, da ward<lb/> Manchem unheimlich, und trotz aller Herrlichkeit lief er<lb/> Mitten aus dem Feſte. Nur die Weiber hörten nichts<lb/> oder achteten ſich deſſen nicht, mit dem neuen Hauſe<lb/> meinten ſie alles gewonnen.</p><lb/> <p>„Ja, wer blind iſt, ſieht auch die Sonne nicht,<lb/> und wer taub iſt, hört auch den Donner nicht. Darum<lb/> freuten die Weiber des neuen Hauſes ſich, wurden alle<lb/> Tage hoffärtiger, dachten an die Spinne nicht, ſondern<lb/> führten im neuen Hauſe ein üppiges, arbeitsloſes Le¬<lb/> ben mit putzen und eſſen; kein Menſch konnte es ihnen<lb/> treffen, und an Gott dachten ſie nicht.</p><lb/> <p>„Im alten Hauſe blieb das Geſinde alleine, lebte<lb/> wie es wollte, und wenn Chriſten daſſelbe auch unter<lb/> ſeiner Aufſicht haben wollte, ſo duldeten die Weiber<lb/> es nicht, und ſchalten ihn, die Mutter aus Hochmuth<lb/> hauptſächlich, das Weib aus Eiferſucht zu meiſt. Da¬<lb/> her war drunten keine Ordnung und bald auch keine<lb/> Gottesfurcht, und wo kein Meiſter iſt, geht es ſo<lb/> durchweg. Wenn kein Meiſter oben am Tiſche ſitzt,<lb/> kein Meiſter draußen und drinnen die Zügel hält, ſo<lb/> meint ſich bald der der Größte, welcher am wüſteſten<lb/> thut, und der der Beſte, welcher die ruchloſeſten Reden<lb/> führt.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [95/0105]
ein mit unerhörter Pracht und gaben als ſogenannte
Hausräuchi eine Kilbi, die drei Tage lang dauerte,
und Kind und Kindeskinder noch davon erzählten im
ganzen Emmenthal.
„Aber während allen dreien Tagen ſoll man im ganzen
Hauſe ein ſeltſam Surren gehört haben, wie das einer
Katze, welcher es behaglich wird, weil man ihr den
Balg ſtreicht. Doch die Katze, von welcher es kam,
konnte man trotz alles Suchens nicht finden, da ward
Manchem unheimlich, und trotz aller Herrlichkeit lief er
Mitten aus dem Feſte. Nur die Weiber hörten nichts
oder achteten ſich deſſen nicht, mit dem neuen Hauſe
meinten ſie alles gewonnen.
„Ja, wer blind iſt, ſieht auch die Sonne nicht,
und wer taub iſt, hört auch den Donner nicht. Darum
freuten die Weiber des neuen Hauſes ſich, wurden alle
Tage hoffärtiger, dachten an die Spinne nicht, ſondern
führten im neuen Hauſe ein üppiges, arbeitsloſes Le¬
ben mit putzen und eſſen; kein Menſch konnte es ihnen
treffen, und an Gott dachten ſie nicht.
„Im alten Hauſe blieb das Geſinde alleine, lebte
wie es wollte, und wenn Chriſten daſſelbe auch unter
ſeiner Aufſicht haben wollte, ſo duldeten die Weiber
es nicht, und ſchalten ihn, die Mutter aus Hochmuth
hauptſächlich, das Weib aus Eiferſucht zu meiſt. Da¬
her war drunten keine Ordnung und bald auch keine
Gottesfurcht, und wo kein Meiſter iſt, geht es ſo
durchweg. Wenn kein Meiſter oben am Tiſche ſitzt,
kein Meiſter draußen und drinnen die Zügel hält, ſo
meint ſich bald der der Größte, welcher am wüſteſten
thut, und der der Beſte, welcher die ruchloſeſten Reden
führt.
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