Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.sie wäre sogar gerne zärtlich geworden um Stündigung ſie wäre ſogar gerne zärtlich geworden um Stündigung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="41"/> ſie wäre ſogar gerne zärtlich geworden um Stündigung<lb/> zu erhalten, allein der Grüne war nicht aufgelegt,<lb/> wankte nicht, jetzt oder nie, ſagte er. Sobald aber der<lb/> Handel geſchloſſen ſei um ein einzig Kind, ſo wolle er<lb/> in jeder Nacht ſo viel Buchen auf Bärhegen führen,<lb/> als man ihm vor Mitternacht unten an den Kilchſtal¬<lb/> den liefere, dort wollte er ſie in Empfang nehmen. —<lb/> „Nun, ſchöne Frau, bedenke dich nicht“, ſagte der Grüne,<lb/> und klopfte Chriſtine holdſelig auf die Wange. Da<lb/> klopfte doch ihr Herz, ſie hätte lieber die Männer hin¬<lb/> eingeſtoßen, um hintendrein ſie ſchuld geben zu können.<lb/> Aber die Zeit drängte, kein Mann war da als Sünden¬<lb/> bock, und der Glaube verließ ſie nicht, daß ſie liſtiger<lb/> als der Grüne ſei, und wohl ein Einfall kommen werde,<lb/> ihn mit langer Naſe abzuſpeiſen. Darum ſagte Chri¬<lb/> ſtine: Sie für ihre Perſon wolle zugeſagt haben, wenn<lb/> aber dann ſpäter die Männer nicht wollten, ſo ver¬<lb/> möchte ſie ſich deſſen nicht, und er ſolle es ſie nicht ent¬<lb/> gelten laſſen. Mit dem Verſprechen, zu thun was ſie<lb/> könne, ſei er hinlänglich zufrieden, ſagte der Grüne.<lb/> Jetzt ſchauderte es Chriſtine doch an Leib und Seele,<lb/> jetzt meinte ſie, komme der ſchreckliche Augenblick, wo ſie<lb/> mit Blut von ihrem Blute dem Grünen den Akkord<lb/> unterſchreiben müſſe. Aber der Grüne machte es viel<lb/> leichtlicher und ſagte: Von hübſchen Weibern begehre<lb/> er nie eine Unterſchrift, mit einem Kuß ſei er zufrie¬<lb/> den. Somit ſpitzte er ſeinen Mund gegen Chriſtinens<lb/> Geſicht und Chriſtine konnte nicht fliehen, war wiederum<lb/> wie gebannt, ſteif und ſtarr. Da berührte der ſpitzige<lb/> Mund Chriſtinens Geſicht, und ihr war als ob von<lb/> ſpitzigem Eiſen das Feuer durch Mark und Bein fahre,<lb/> durch Leib und Seele; und ein gelber Blitz fuhr zwi¬<lb/> ſchen ihnen durch und zeigte Chriſtine freudig verzerrt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0051]
ſie wäre ſogar gerne zärtlich geworden um Stündigung
zu erhalten, allein der Grüne war nicht aufgelegt,
wankte nicht, jetzt oder nie, ſagte er. Sobald aber der
Handel geſchloſſen ſei um ein einzig Kind, ſo wolle er
in jeder Nacht ſo viel Buchen auf Bärhegen führen,
als man ihm vor Mitternacht unten an den Kilchſtal¬
den liefere, dort wollte er ſie in Empfang nehmen. —
„Nun, ſchöne Frau, bedenke dich nicht“, ſagte der Grüne,
und klopfte Chriſtine holdſelig auf die Wange. Da
klopfte doch ihr Herz, ſie hätte lieber die Männer hin¬
eingeſtoßen, um hintendrein ſie ſchuld geben zu können.
Aber die Zeit drängte, kein Mann war da als Sünden¬
bock, und der Glaube verließ ſie nicht, daß ſie liſtiger
als der Grüne ſei, und wohl ein Einfall kommen werde,
ihn mit langer Naſe abzuſpeiſen. Darum ſagte Chri¬
ſtine: Sie für ihre Perſon wolle zugeſagt haben, wenn
aber dann ſpäter die Männer nicht wollten, ſo ver¬
möchte ſie ſich deſſen nicht, und er ſolle es ſie nicht ent¬
gelten laſſen. Mit dem Verſprechen, zu thun was ſie
könne, ſei er hinlänglich zufrieden, ſagte der Grüne.
Jetzt ſchauderte es Chriſtine doch an Leib und Seele,
jetzt meinte ſie, komme der ſchreckliche Augenblick, wo ſie
mit Blut von ihrem Blute dem Grünen den Akkord
unterſchreiben müſſe. Aber der Grüne machte es viel
leichtlicher und ſagte: Von hübſchen Weibern begehre
er nie eine Unterſchrift, mit einem Kuß ſei er zufrie¬
den. Somit ſpitzte er ſeinen Mund gegen Chriſtinens
Geſicht und Chriſtine konnte nicht fliehen, war wiederum
wie gebannt, ſteif und ſtarr. Da berührte der ſpitzige
Mund Chriſtinens Geſicht, und ihr war als ob von
ſpitzigem Eiſen das Feuer durch Mark und Bein fahre,
durch Leib und Seele; und ein gelber Blitz fuhr zwi¬
ſchen ihnen durch und zeigte Chriſtine freudig verzerrt
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