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Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842.

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saß ihm auf der Faust, am Sattel hing die Lanze,
lustig bäumte sich das Pferd; halb schadenfroh, halb
ängstlich sah man ihn aus dem Schlosse reiten und
gedachte der nächtlichen Wache auf Bärhegen, wo die
Kraft der weltlichen Waffen gegen diesen Feind so
schlecht sich bewährt hatte.

"Er ritt am Saume eines Tannenwaldes dem
nächsten Gehöfte zu, scharfen Auges spähend um und
über sich. Als er das Haus erblickte, Leute darum,
rief er den Hunden, machte das Haupt des Falken
frei, lose klirrte in der Scheide der Dolch. Wie der
Falke die geblendeten Augen zum Ritter kehrte, seines
Winkes gewärtig, prallte er ab der Faust und schoß
in die Luft, die hergesprungenen Hunde heulten auf
und suchten mit dem Schweife zwischen den Beinen
das Weite. Vergebens ritt und rief der Ritter, seine
Thiere sah er nicht wieder. Da ritt er den Menschen
zu, wollte Kunde einziehen, sie stunden ihm, bis er
nahe kam. Da schrien sie gräßlich auf und flohen in
Wald und Schlucht, denn auf des Ritters Helm saß
schwarz, in übernatürlicher Größe die Spinne und
glotzte giftig und schadenfroh ins Land. Was er
suchte, das trug der Ritter und wußte es nicht; in
glühendem Zorne rief und ritt er den Menschen nach,
rief immer wüthender, ritt immer toller, brüllte immer
entsetzlicher, bis er und sein Roß über eine Fluh hinab
zu Thale stürzten. Dort fand man Helm und Leib,
und durch den Helm hindurch hatten die Füße der
Spinne sich gebrannt, dem Ritter bis ins Gehirn hin¬
ein, den schrecklichsten Brand ihm dort entzündet, bis
er den Tod gefunden.

"Da kehrte der Schreck erst recht ein ins Schloß;
sie schlossen sich ein und fühlten sich doch nicht sicher;

ſaß ihm auf der Fauſt, am Sattel hing die Lanze,
luſtig bäumte ſich das Pferd; halb ſchadenfroh, halb
ängſtlich ſah man ihn aus dem Schloſſe reiten und
gedachte der nächtlichen Wache auf Bärhegen, wo die
Kraft der weltlichen Waffen gegen dieſen Feind ſo
ſchlecht ſich bewährt hatte.

„Er ritt am Saume eines Tannenwaldes dem
nächſten Gehöfte zu, ſcharfen Auges ſpähend um und
über ſich. Als er das Haus erblickte, Leute darum,
rief er den Hunden, machte das Haupt des Falken
frei, loſe klirrte in der Scheide der Dolch. Wie der
Falke die geblendeten Augen zum Ritter kehrte, ſeines
Winkes gewärtig, prallte er ab der Fauſt und ſchoß
in die Luft, die hergeſprungenen Hunde heulten auf
und ſuchten mit dem Schweife zwiſchen den Beinen
das Weite. Vergebens ritt und rief der Ritter, ſeine
Thiere ſah er nicht wieder. Da ritt er den Menſchen
zu, wollte Kunde einziehen, ſie ſtunden ihm, bis er
nahe kam. Da ſchrien ſie gräßlich auf und flohen in
Wald und Schlucht, denn auf des Ritters Helm ſaß
ſchwarz, in übernatürlicher Größe die Spinne und
glotzte giftig und ſchadenfroh ins Land. Was er
ſuchte, das trug der Ritter und wußte es nicht; in
glühendem Zorne rief und ritt er den Menſchen nach,
rief immer wüthender, ritt immer toller, brüllte immer
entſetzlicher, bis er und ſein Roß über eine Fluh hinab
zu Thale ſtürzten. Dort fand man Helm und Leib,
und durch den Helm hindurch hatten die Füße der
Spinne ſich gebrannt, dem Ritter bis ins Gehirn hin¬
ein, den ſchrecklichſten Brand ihm dort entzündet, bis
er den Tod gefunden.

„Da kehrte der Schreck erſt recht ein ins Schloß;
ſie ſchloſſen ſich ein und fühlten ſich doch nicht ſicher;

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[79/0089] ſaß ihm auf der Fauſt, am Sattel hing die Lanze, luſtig bäumte ſich das Pferd; halb ſchadenfroh, halb ängſtlich ſah man ihn aus dem Schloſſe reiten und gedachte der nächtlichen Wache auf Bärhegen, wo die Kraft der weltlichen Waffen gegen dieſen Feind ſo ſchlecht ſich bewährt hatte. „Er ritt am Saume eines Tannenwaldes dem nächſten Gehöfte zu, ſcharfen Auges ſpähend um und über ſich. Als er das Haus erblickte, Leute darum, rief er den Hunden, machte das Haupt des Falken frei, loſe klirrte in der Scheide der Dolch. Wie der Falke die geblendeten Augen zum Ritter kehrte, ſeines Winkes gewärtig, prallte er ab der Fauſt und ſchoß in die Luft, die hergeſprungenen Hunde heulten auf und ſuchten mit dem Schweife zwiſchen den Beinen das Weite. Vergebens ritt und rief der Ritter, ſeine Thiere ſah er nicht wieder. Da ritt er den Menſchen zu, wollte Kunde einziehen, ſie ſtunden ihm, bis er nahe kam. Da ſchrien ſie gräßlich auf und flohen in Wald und Schlucht, denn auf des Ritters Helm ſaß ſchwarz, in übernatürlicher Größe die Spinne und glotzte giftig und ſchadenfroh ins Land. Was er ſuchte, das trug der Ritter und wußte es nicht; in glühendem Zorne rief und ritt er den Menſchen nach, rief immer wüthender, ritt immer toller, brüllte immer entſetzlicher, bis er und ſein Roß über eine Fluh hinab zu Thale ſtürzten. Dort fand man Helm und Leib, und durch den Helm hindurch hatten die Füße der Spinne ſich gebrannt, dem Ritter bis ins Gehirn hin¬ ein, den ſchrecklichſten Brand ihm dort entzündet, bis er den Tod gefunden. „Da kehrte der Schreck erſt recht ein ins Schloß; ſie ſchloſſen ſich ein und fühlten ſich doch nicht ſicher;

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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias: Bilder und Sagen aus der Schweiz. Bdch. 1. Die schwarze Spinne. - Ritter von Brandis - Das gelbe Vögelein und das arme Margrithli. Solothurn, 1842, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_sagen_1842/89>, abgerufen am 19.05.2024.