Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_147.001 Und es wallet und siedet und brauset und zischt. (Schiller.) pgo_147.002Und drinnen waltet pgo_147.003 Die züchtige Hausfrau, pgo_147.004 Und herrschet weise pgo_147.005 Jm häuslichen Kreise, pgo_147.006 Und lehret die Mädchen, pgo_147.007 Und wehret dem Knaben pgo_147.008 Und reget ohn' Ende pgo_147.009 Die fleißigen Hände, pgo_147.010 Und mehrt den Gewinn pgo_147.011 Mit ordnendem Sinn u. s. f. (Schiller.) pgo_147.012 Wandle, strebe, dulde, schweige. (Zedlitz.) pgo_147.018Kochend wie aus Ofens Rachen pgo_147.019 Glühn die Lüfte, Balken krachen, pgo_147.020 Pfosten stürzen, Fenster klirren, pgo_147.021 Kinder jammern, Mütter irren, pgo_147.022 Thiere wimmern pgo_147.023 Unter Trümmern, pgo_147.024 Alles rennet, rettet, flüchtet, pgo_147.025 Taghell ist die Nacht gelichtet. (Schiller.) pgo_147.026 pgo_147.001 Und es wallet und siedet und brauset und zischt. (Schiller.) pgo_147.002Und drinnen waltet pgo_147.003 Die züchtige Hausfrau, pgo_147.004 Und herrschet weise pgo_147.005 Jm häuslichen Kreise, pgo_147.006 Und lehret die Mädchen, pgo_147.007 Und wehret dem Knaben pgo_147.008 Und reget ohn' Ende pgo_147.009 Die fleißigen Hände, pgo_147.010 Und mehrt den Gewinn pgo_147.011 Mit ordnendem Sinn u. s. f. (Schiller.) pgo_147.012 Wandle, strebe, dulde, schweige. (Zedlitz.) pgo_147.018Kochend wie aus Ofens Rachen pgo_147.019 Glühn die Lüfte, Balken krachen, pgo_147.020 Pfosten stürzen, Fenster klirren, pgo_147.021 Kinder jammern, Mütter irren, pgo_147.022 Thiere wimmern pgo_147.023 Unter Trümmern, pgo_147.024 Alles rennet, rettet, flüchtet, pgo_147.025 Taghell ist die Nacht gelichtet. 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Durch das Weglassen <lb n="pgo_147.015"/> des „<hi rendition="#g">Und</hi>“ an Stellen, wo es die Prosa setzen müßte, eine Figur, die man <lb n="pgo_147.016"/> <hi rendition="#g">Asyndeton</hi> genannt hat, gewinnt die Rede größere Kürze und Energie:</p> <lb n="pgo_147.017"/> <lg> <l> <hi rendition="#g">Wandle, strebe, dulde, schweige.</hi> </l> </lg> <p>(<hi rendition="#g">Zedlitz.</hi>)</p> <lb n="pgo_147.018"/> <lg> <l>Kochend wie aus Ofens Rachen</l> <lb n="pgo_147.019"/> <l>Glühn die Lüfte, Balken krachen,</l> <lb n="pgo_147.020"/> <l>Pfosten stürzen, Fenster klirren,</l> <lb n="pgo_147.021"/> <l>Kinder jammern, Mütter irren,</l> <lb n="pgo_147.022"/> <l>Thiere wimmern</l> <lb n="pgo_147.023"/> <l>Unter Trümmern,</l> <lb n="pgo_147.024"/> <l>Alles rennet, rettet, flüchtet,</l> <lb n="pgo_147.025"/> <l>Taghell ist die Nacht gelichtet.</l> </lg> <p>(<hi rendition="#g">Schiller</hi>.)</p> <p><lb n="pgo_147.026"/> Störend und im höchsten Grade abschwächend wirken die kleineren <lb n="pgo_147.027"/> Verbindungswörter <hi rendition="#g">nun, ja, wohl</hi> u. a., wo sie ohne innere Nöthigung <lb n="pgo_147.028"/> zur Ausfüllung des Metrums gebraucht werden, am störendsten, wenn <lb n="pgo_147.029"/> sie in die Thesis oder an das Ende der Verszeile gesetzt sind oder gar <lb n="pgo_147.030"/> den Reim bilden helfen. Ueberhaupt schließt die Anschaulichkeit und <lb n="pgo_147.031"/> Lebendigkeit, welche der dichterische Ausdruck erstrebt, alle Wörter aus, <lb n="pgo_147.032"/> welche nur eine syntaktische Bedeutung haben oder in der Prosa einen <lb n="pgo_147.033"/> kunstvoll verschlungenen Periodenbau aufbauen helfen. Die dichterische <lb n="pgo_147.034"/> Syntax ist kühn, naturwüchsig, kurz, haßt große Perioden und weitschweifige <lb n="pgo_147.035"/> Verbindungen, liebt die Sprünge, die Lücken, läßt zu Ergänzungen <lb n="pgo_147.036"/> Raum und kann daher die vermittelnden Partikeln ebensowenig brauchen, <lb n="pgo_147.037"/> wie die unnöthigerweise ausfüllenden Wörter.</p> </div> <div n="4"> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [147/0169]
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Und es wallet und siedet und brauset und zischt.
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Und wehret dem Knaben pgo_147.008
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Die fleißigen Hände, pgo_147.010
Und mehrt den Gewinn pgo_147.011
Mit ordnendem Sinn u. s. f.
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Durch das Polysyndeton wird eine größere Lebhaftigkeit des Ausdruckes pgo_147.013
erreicht, die aber dann in's Schleppende verfällt, wenn die einzelnen pgo_147.014
verbundenen Satzglieder zu weitgedehnt sind. Durch das Weglassen pgo_147.015
des „Und“ an Stellen, wo es die Prosa setzen müßte, eine Figur, die man pgo_147.016
Asyndeton genannt hat, gewinnt die Rede größere Kürze und Energie:
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Wandle, strebe, dulde, schweige.
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Verbindungswörter nun, ja, wohl u. a., wo sie ohne innere Nöthigung pgo_147.028
zur Ausfüllung des Metrums gebraucht werden, am störendsten, wenn pgo_147.029
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den Reim bilden helfen. Ueberhaupt schließt die Anschaulichkeit und pgo_147.031
Lebendigkeit, welche der dichterische Ausdruck erstrebt, alle Wörter aus, pgo_147.032
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kunstvoll verschlungenen Periodenbau aufbauen helfen. Die dichterische pgo_147.034
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Raum und kann daher die vermittelnden Partikeln ebensowenig brauchen, pgo_147.037
wie die unnöthigerweise ausfüllenden Wörter.
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