Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_149.001 pgo_149.009 *) pgo_149.022 Scaliger (Poetices liber III. cap. XXIX. u. flgde.) zählt, nachdem er sich pgo_149.023 gerühmt, der erste zu sein, der die Figuren in bestimmte Rubriken gebracht, u. a. folgende pgo_149.024 auf: significatio, demonstratio, sermocinatio, attemperatio, moderatio et correctio, pgo_149.025 asseveratio, conditio, exclamatio, repetitio, frequentatio, acervatio, celeritas, pgo_149.026 evasio, commoratio, coniunctio, attributio, anticipatio, assimilatio, exemplum, pgo_149.027 imago, translatio, collatio, comparatio, retributio, substitutio, allegoria, praescriptio, pgo_149.028 agnominatio und so mit Grazie noch durch 30 weitere Kapitel; Joannes Bentzius pgo_149.029 in seinen: de figuris libri duo 1594 ist ebenso unerschöpflich in verwirrender Aufzählung. pgo_149.030 Mit mehr Takt, Geschmack und Beschränkung verfährt Marcus Rambler pgo_149.031 in: Elocutionis rhetoricae libri duo (1598). **) pgo_149.032
Eine solche Reform ist neuerdings versucht worden von Guethe: Ueber die pgo_149.033 wirklichen und scheinbaren Fehler der bildlichen Darstellung überhaupt pgo_149.034 und der Metapher insbesondere (1844); sie enthält manches Beherzigenswerthe, pgo_149.035 obgleich sie sich ebenfalls auf zu feine Distinktionen einläßt und in ihren pgo_149.036 Rechtfertigungsgründen des scheinbar Verfehlten zu weit geht. pgo_149.001 pgo_149.009 *) pgo_149.022 Scaliger (Poetices liber III. cap. XXIX. u. flgde.) zählt, nachdem er sich pgo_149.023 gerühmt, der erste zu sein, der die Figuren in bestimmte Rubriken gebracht, u. a. folgende pgo_149.024 auf: significatio, demonstratio, sermocinatio, attemperatio, moderatio et correctio, pgo_149.025 asseveratio, conditio, exclamatio, repetitio, frequentatio, acervatio, celeritas, pgo_149.026 evasio, commoratio, coniunctio, attributio, anticipatio, assimilatio, exemplum, pgo_149.027 imago, translatio, collatio, comparatio, retributio, substitutio, allegoria, praescriptio, pgo_149.028 agnominatio und so mit Grazie noch durch 30 weitere Kapitel; Joannes Bentzius pgo_149.029 in seinen: de figuris libri duo 1594 ist ebenso unerschöpflich in verwirrender Aufzählung. pgo_149.030 Mit mehr Takt, Geschmack und Beschränkung verfährt Marcus Rambler pgo_149.031 in: Elocutionis rhetoricae libri duo (1598). **) pgo_149.032
Eine solche Reform ist neuerdings versucht worden von Guethe: Ueber die pgo_149.033 wirklichen und scheinbaren Fehler der bildlichen Darstellung überhaupt pgo_149.034 und der Metapher insbesondere (1844); sie enthält manches Beherzigenswerthe, pgo_149.035 obgleich sie sich ebenfalls auf zu feine Distinktionen einläßt und in ihren pgo_149.036 Rechtfertigungsgründen des scheinbar Verfehlten zu weit geht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0171" n="149"/><lb n="pgo_149.001"/> Scholasticismus, der selbst die gefrorenen Blumen der Grammatik <lb n="pgo_149.002"/> und Syntax mit in seinem Register führt, über der mikroskopischen <lb n="pgo_149.003"/> Feinheit der Unterschiede ganz ihre tiefere Begründung vergißt<note xml:id="PGO_149_1" place="foot" n="*)"><lb n="pgo_149.022"/><hi rendition="#g">Scaliger</hi> (Poetices liber III. cap. XXIX. u. flgde.) zählt, nachdem er sich <lb n="pgo_149.023"/> gerühmt, der erste zu sein, der die Figuren in bestimmte Rubriken gebracht, u. a. folgende <lb n="pgo_149.024"/> auf: significatio, demonstratio, sermocinatio, attemperatio, moderatio et correctio, <lb n="pgo_149.025"/> asseveratio, conditio, exclamatio, repetitio, frequentatio, acervatio, celeritas, <lb n="pgo_149.026"/> evasio, commoratio, coniunctio, attributio, anticipatio, assimilatio, exemplum, <lb n="pgo_149.027"/> imago, translatio, collatio, comparatio, retributio, substitutio, allegoria, praescriptio, <lb n="pgo_149.028"/> agnominatio und so mit Grazie noch durch 30 weitere Kapitel; <hi rendition="#g">Joannes Bentzius</hi> <lb n="pgo_149.029"/> in seinen: de figuris libri duo 1594 ist ebenso unerschöpflich in verwirrender Aufzählung. <lb n="pgo_149.030"/> Mit mehr Takt, Geschmack und Beschränkung verfährt <hi rendition="#g">Marcus Rambler</hi> <lb n="pgo_149.031"/> in: Elocutionis rhetoricae libri duo (1598).</note>. Später <lb n="pgo_149.004"/> ist diese Lehre von den Tropen und Figuren eher vernachlässigt worden <lb n="pgo_149.005"/> und auf einige Gemeinplätze beschränkt, die bei der Tageskritik in <lb n="pgo_149.006"/> Curs blieben. Sie bedarf einer gründlichen Reform, zu der leider die <lb n="pgo_149.007"/> Grenzen, die diesem Werke vorgezeichnet sind, nicht den genügenden <lb n="pgo_149.008"/> Raum gewähren<note xml:id="PGO_149_2" place="foot" n="**)"><lb n="pgo_149.032"/> Eine solche Reform ist neuerdings versucht worden von <hi rendition="#g">Guethe:</hi> Ueber die <lb n="pgo_149.033"/> <hi rendition="#g">wirklichen und scheinbaren Fehler der bildlichen Darstellung überhaupt <lb n="pgo_149.034"/> und der Metapher insbesondere</hi> (1844); sie enthält manches Beherzigenswerthe, <lb n="pgo_149.035"/> obgleich sie sich ebenfalls auf zu feine Distinktionen einläßt und in ihren <lb n="pgo_149.036"/> Rechtfertigungsgründen des scheinbar Verfehlten zu weit geht.</note>.</p> <p><lb n="pgo_149.009"/> Man unterscheidet zunächst <hi rendition="#g">Bilder</hi> und <hi rendition="#g">Figuren,</hi> und zwar, indem <lb n="pgo_149.010"/> man unter den ersteren alle jene Wendungen versteht, in denen das Wort <lb n="pgo_149.011"/> nicht in seiner eigentlichen, sondern in einer übertragenen Bedeutung <lb n="pgo_149.012"/> gebraucht wird, unter den letzteren alle anderen, vom Gewöhnlichen <lb n="pgo_149.013"/> abweichenden Wendungen der Sprache und des Gedankens. Doch scheint <lb n="pgo_149.014"/> uns diese Erklärung des Unterschiedes nicht durchgreifend genug, indem <lb n="pgo_149.015"/> z. B. die <hi rendition="#g">Vergleichung,</hi> die Nichts ist, als ein ausgeführtes <hi rendition="#g">Bild,</hi> <lb n="pgo_149.016"/> nicht zu den Bildern gerechnet werden könnte, weil in ihr keine Uebertragung <lb n="pgo_149.017"/> vorkommt. Wir verstehen, dem Wortlaut gemäß, unter <hi rendition="#g">Bild</hi> die <lb n="pgo_149.018"/> Belebung des Ausdruckes für die Phantasie, welche das Sinnliche entweder <lb n="pgo_149.019"/> mittelbar oder unmittelbar vergeistigt, das Geistige versinnlicht, <lb n="pgo_149.020"/> eine Erscheinung durch die andere erhellt, während die <hi rendition="#g">Figur</hi> (von den <lb n="pgo_149.021"/> Griechen schon<hi rendition="#g"><foreign xml:lang="grc">οχήμα</foreign></hi> genannt) die Belebung des Ausdruckes für die </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0171]
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Scholasticismus, der selbst die gefrorenen Blumen der Grammatik pgo_149.002
und Syntax mit in seinem Register führt, über der mikroskopischen pgo_149.003
Feinheit der Unterschiede ganz ihre tiefere Begründung vergißt *). Später pgo_149.004
ist diese Lehre von den Tropen und Figuren eher vernachlässigt worden pgo_149.005
und auf einige Gemeinplätze beschränkt, die bei der Tageskritik in pgo_149.006
Curs blieben. Sie bedarf einer gründlichen Reform, zu der leider die pgo_149.007
Grenzen, die diesem Werke vorgezeichnet sind, nicht den genügenden pgo_149.008
Raum gewähren **).
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Man unterscheidet zunächst Bilder und Figuren, und zwar, indem pgo_149.010
man unter den ersteren alle jene Wendungen versteht, in denen das Wort pgo_149.011
nicht in seiner eigentlichen, sondern in einer übertragenen Bedeutung pgo_149.012
gebraucht wird, unter den letzteren alle anderen, vom Gewöhnlichen pgo_149.013
abweichenden Wendungen der Sprache und des Gedankens. Doch scheint pgo_149.014
uns diese Erklärung des Unterschiedes nicht durchgreifend genug, indem pgo_149.015
z. B. die Vergleichung, die Nichts ist, als ein ausgeführtes Bild, pgo_149.016
nicht zu den Bildern gerechnet werden könnte, weil in ihr keine Uebertragung pgo_149.017
vorkommt. Wir verstehen, dem Wortlaut gemäß, unter Bild die pgo_149.018
Belebung des Ausdruckes für die Phantasie, welche das Sinnliche entweder pgo_149.019
mittelbar oder unmittelbar vergeistigt, das Geistige versinnlicht, pgo_149.020
eine Erscheinung durch die andere erhellt, während die Figur (von den pgo_149.021
Griechen schonοχήμα genannt) die Belebung des Ausdruckes für die
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Scaliger (Poetices liber III. cap. XXIX. u. flgde.) zählt, nachdem er sich pgo_149.023
gerühmt, der erste zu sein, der die Figuren in bestimmte Rubriken gebracht, u. a. folgende pgo_149.024
auf: significatio, demonstratio, sermocinatio, attemperatio, moderatio et correctio, pgo_149.025
asseveratio, conditio, exclamatio, repetitio, frequentatio, acervatio, celeritas, pgo_149.026
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imago, translatio, collatio, comparatio, retributio, substitutio, allegoria, praescriptio, pgo_149.028
agnominatio und so mit Grazie noch durch 30 weitere Kapitel; Joannes Bentzius pgo_149.029
in seinen: de figuris libri duo 1594 ist ebenso unerschöpflich in verwirrender Aufzählung. pgo_149.030
Mit mehr Takt, Geschmack und Beschränkung verfährt Marcus Rambler pgo_149.031
in: Elocutionis rhetoricae libri duo (1598).
**) pgo_149.032
Eine solche Reform ist neuerdings versucht worden von Guethe: Ueber die pgo_149.033
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obgleich sie sich ebenfalls auf zu feine Distinktionen einläßt und in ihren pgo_149.036
Rechtfertigungsgründen des scheinbar Verfehlten zu weit geht.
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