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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.

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Empfindung und den Verstand ist, welche den Gedanken durch bestimmte pgo_150.002
Formen der Stellung und Wendung lebendiger und eindringlicher pgo_150.003
macht. Das Bild geht aus der Jntuition des Dichters; die Figur pgo_150.004
aus seinem Pathos hervor. Der unendliche Reichthum der Beziehungen, pgo_150.005
der für die Menge versteckt, für den Dichter offenbar ist, ruft pgo_150.006
das Bild hervor. Weil der Genius im Centrum der Welt ist, sieht er pgo_150.007
Alles, auch das scheinbar Entlegenste, in innigem Zusammenhang und pgo_150.008
schaut in zwei Dinge ein Drittes, eine höhere Gemeinsamkeit hinein. pgo_150.009
So überwindet er die Starrheit und Gebundenheit der Materie und ihre pgo_150.010
Fremdheit, dem Geiste gegenüber, und umgekehrt, die Gleichgültigkeit pgo_150.011
der Erscheinungen gegeneinander; er bewegt die todte Welt durch den pgo_150.012
lebendigen Fluß seines Denkens und Empfindens. Das Bild ist der pgo_150.013
lebensvolle Exponent für die Verhältnisse der geistigen und Erscheinungswelt, pgo_150.014
ein Exponent, den nur der Dichter findet. Die Figur dagegen stellt pgo_150.015
nur die Ausdrücke in bestimmte Schemate der Rede, welche von den pgo_150.016
Rhetorikern nicht erfunden sind, sondern nur von der Empfindung und pgo_150.017
Leidenschaft. Das Bild ist sachlich, die Figur nur sprachlich, das pgo_150.018
Bild poetisch im engeren Sinne, die Figur mehr rhetorisch. Deshalb pgo_150.019
haben die Rhetoriker die ganze wuchernde Flora von Figuren klassificirt, pgo_150.020
den Bildern dagegen nur eine geringe Aufmerksamkeit zugewendet.

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A. Bilder.
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1. Die Vergleichung.

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Die Vergleichung stellt die verglichenen Gegenstände ausdrücklich pgo_150.024
nebeneinander. Das Bild, das sie neben den Gegenstand setzt, wird mit pgo_150.025
Behagen ausgemalt, und zwar nicht blos in jenem Zuge, welcher das pgo_150.026
tertium comparationis bildet, sondern auch in anderen Zügen, welche pgo_150.027
mit ihm in keinem Zusammenhang stehen.

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Die Vergleichungen, welche Cicero lumina orationis, die Lichter der pgo_150.029
Rede, nennt, mögen in der Prosa oft zur Erläuterung dienen, indem sie pgo_150.030
durch irgend eine Analogie den aufgestellten Satz einleuchtender machen. pgo_150.031
Die vergleichende Thätigkeit des Verstandes, welche die den Gegenständen pgo_150.032
gemeinsamen Bestimmungen erfaßt und den einen durch den andern pgo_150.033
erhellt, bedarf indeß gerade jener Schärfe und Präcision, welche dem pgo_150.034
freien Spiel der dichterischen Phantasie bei ihren Gleichnissen entbehrlich

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Empfindung und den Verstand ist, welche den Gedanken durch bestimmte pgo_150.002
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der Erscheinungen gegeneinander; er bewegt die todte Welt durch den pgo_150.012
lebendigen Fluß seines Denkens und Empfindens. Das Bild ist der pgo_150.013
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Bild poetisch im engeren Sinne, die Figur mehr rhetorisch. Deshalb pgo_150.019
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den Bildern dagegen nur eine geringe Aufmerksamkeit zugewendet.

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A. Bilder.
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1. Die Vergleichung.

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Die Vergleichung stellt die verglichenen Gegenstände ausdrücklich pgo_150.024
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Behagen ausgemalt, und zwar nicht blos in jenem Zuge, welcher das pgo_150.026
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mit ihm in keinem Zusammenhang stehen.

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[150/0172] pgo_150.001 Empfindung und den Verstand ist, welche den Gedanken durch bestimmte pgo_150.002 Formen der Stellung und Wendung lebendiger und eindringlicher pgo_150.003 macht. Das Bild geht aus der Jntuition des Dichters; die Figur pgo_150.004 aus seinem Pathos hervor. Der unendliche Reichthum der Beziehungen, pgo_150.005 der für die Menge versteckt, für den Dichter offenbar ist, ruft pgo_150.006 das Bild hervor. Weil der Genius im Centrum der Welt ist, sieht er pgo_150.007 Alles, auch das scheinbar Entlegenste, in innigem Zusammenhang und pgo_150.008 schaut in zwei Dinge ein Drittes, eine höhere Gemeinsamkeit hinein. pgo_150.009 So überwindet er die Starrheit und Gebundenheit der Materie und ihre pgo_150.010 Fremdheit, dem Geiste gegenüber, und umgekehrt, die Gleichgültigkeit pgo_150.011 der Erscheinungen gegeneinander; er bewegt die todte Welt durch den pgo_150.012 lebendigen Fluß seines Denkens und Empfindens. Das Bild ist der pgo_150.013 lebensvolle Exponent für die Verhältnisse der geistigen und Erscheinungswelt, pgo_150.014 ein Exponent, den nur der Dichter findet. Die Figur dagegen stellt pgo_150.015 nur die Ausdrücke in bestimmte Schemate der Rede, welche von den pgo_150.016 Rhetorikern nicht erfunden sind, sondern nur von der Empfindung und pgo_150.017 Leidenschaft. Das Bild ist sachlich, die Figur nur sprachlich, das pgo_150.018 Bild poetisch im engeren Sinne, die Figur mehr rhetorisch. Deshalb pgo_150.019 haben die Rhetoriker die ganze wuchernde Flora von Figuren klassificirt, pgo_150.020 den Bildern dagegen nur eine geringe Aufmerksamkeit zugewendet. pgo_150.021 A. Bilder. pgo_150.022 1. Die Vergleichung. pgo_150.023 Die Vergleichung stellt die verglichenen Gegenstände ausdrücklich pgo_150.024 nebeneinander. Das Bild, das sie neben den Gegenstand setzt, wird mit pgo_150.025 Behagen ausgemalt, und zwar nicht blos in jenem Zuge, welcher das pgo_150.026 tertium comparationis bildet, sondern auch in anderen Zügen, welche pgo_150.027 mit ihm in keinem Zusammenhang stehen. pgo_150.028 Die Vergleichungen, welche Cicero lumina orationis, die Lichter der pgo_150.029 Rede, nennt, mögen in der Prosa oft zur Erläuterung dienen, indem sie pgo_150.030 durch irgend eine Analogie den aufgestellten Satz einleuchtender machen. pgo_150.031 Die vergleichende Thätigkeit des Verstandes, welche die den Gegenständen pgo_150.032 gemeinsamen Bestimmungen erfaßt und den einen durch den andern pgo_150.033 erhellt, bedarf indeß gerade jener Schärfe und Präcision, welche dem pgo_150.034 freien Spiel der dichterischen Phantasie bei ihren Gleichnissen entbehrlich

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Zitationshilfe: Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/172>, abgerufen am 21.11.2024.