Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858.pgo_184.001 Jm fürchterlich verworrenen Falle pgo_184.002 Ueber einander krachen sie alle, pgo_184.003 Und durch die übertrümmerten Klüfte pgo_184.004 Zischen und heulen die Lüfte. pgo_184.005 pgo_184.008 Dritter Abschnitt. pgo_184.009Ueber den Gebrauch des bildlichen Ausdruckes. pgo_184.010 pgo_184.025 pgo_184.001 Jm fürchterlich verworrenen Falle pgo_184.002 Ueber einander krachen sie alle, pgo_184.003 Und durch die übertrümmerten Klüfte pgo_184.004 Zischen und heulen die Lüfte. pgo_184.005 pgo_184.008 Dritter Abschnitt. pgo_184.009Ueber den Gebrauch des bildlichen Ausdruckes. pgo_184.010 pgo_184.025 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0206" n="184"/> <lb n="pgo_184.001"/> <lg> <l>Jm fürchterlich verworrenen Falle</l> <lb n="pgo_184.002"/> <l>Ueber einander krachen sie alle,</l> <lb n="pgo_184.003"/> <l>Und durch die übertrümmerten Klüfte</l> <lb n="pgo_184.004"/> <l>Zischen und heulen die Lüfte.</l> </lg> <p><lb n="pgo_184.005"/> Diese Figur artet, ähnlich wie die Tonmalereien der Musik, leicht in <lb n="pgo_184.006"/> eine Künstelei und Spielerei aus und kann daher nur selten in Anwendung <lb n="pgo_184.007"/> gebracht werden. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> <div n="4"> <lb n="pgo_184.008"/> <head> <hi rendition="#c">Dritter Abschnitt.</hi> </head> <lb n="pgo_184.009"/> <head> <hi rendition="#c">Ueber den Gebrauch des bildlichen Ausdruckes.</hi> </head> <p><lb n="pgo_184.010"/> Die meisten Rhetoriker, auch die englischen, ein <hi rendition="#g">Home, Priestley</hi> <lb n="pgo_184.011"/> und <hi rendition="#g">Hugo Blair</hi> nicht ausgenommen, haben das <hi rendition="#g">Bild</hi> zu sehr als <lb n="pgo_184.012"/> eine eingelegte Zierde der Rede betrachtet, nicht als einen organischen <lb n="pgo_184.013"/> Theil der Dichtung, nicht in seinem tieferen Zusammenhange mit dem <lb n="pgo_184.014"/> Genius des Dichters und seines Jahrhunderts. Aus dieser äußerlichen <lb n="pgo_184.015"/> Betrachtungsweise hat sich ein langes Register von Regeln ergeben, das <lb n="pgo_184.016"/> von Pedanten nachgebetet, von einer schulmeisterlichen Kritik auf die <lb n="pgo_184.017"/> Erscheinungen der Gegenwart angewendet wird, wobei ganz unbeachtet <lb n="pgo_184.018"/> bleibt, daß dasselbe Verfahren den Flügelstaub von den Schwingen der <lb n="pgo_184.019"/> größten Genien aller Zeiten abstreifen würde! Doch die moderne <lb n="pgo_184.020"/> Literatur ist einmal der Sündenbock für die kritischen Exercitien jener <lb n="pgo_184.021"/> schwachen Köpfe, die durch Arroganz, anscheinende Sicherheit der <lb n="pgo_184.022"/> Behauptungen und eine dem oberflächlichen Verstande der Menge <lb n="pgo_184.023"/> schmeichelnde Verständigkeit ersetzen, was ihnen an Phantasie, Geschmack <lb n="pgo_184.024"/> und tieferer ästhetischer Bildung fehlt.</p> <p><lb n="pgo_184.025"/> Der bildliche Ausdruck ist die organische Eigenthümlichkeit einiger großen <lb n="pgo_184.026"/> Dichtergenien, z. B. eines <hi rendition="#g">Shakespeare, Calderon, Jean Paul,</hi> <lb n="pgo_184.027"/> ganz abgesehen von den orientalischen Poeten, von Dichtern der Neuzeit, <lb n="pgo_184.028"/> wie <hi rendition="#g">Lenau, Grün</hi> u. A. Schon diese Thatsache wird uns gegen den <lb n="pgo_184.029"/> Vorwurf einer <hi rendition="#g">Ueberladung</hi> mit <hi rendition="#g">Bildern</hi> vorsichtig machen müssen, <lb n="pgo_184.030"/> ein Vorwurf, der aus jener oberflächlichen Theorie hervorgeht, nach welcher <lb n="pgo_184.031"/> die Bilder in einer so äußerlichen Weise der Dichtung angehängt <lb n="pgo_184.032"/> werden, wie sich die Wilden metallene Zierrathen an Ohren, Nasen </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [184/0206]
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Jm fürchterlich verworrenen Falle pgo_184.002
Ueber einander krachen sie alle, pgo_184.003
Und durch die übertrümmerten Klüfte pgo_184.004
Zischen und heulen die Lüfte.
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Diese Figur artet, ähnlich wie die Tonmalereien der Musik, leicht in pgo_184.006
eine Künstelei und Spielerei aus und kann daher nur selten in Anwendung pgo_184.007
gebracht werden.
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Dritter Abschnitt. pgo_184.009
Ueber den Gebrauch des bildlichen Ausdruckes. pgo_184.010
Die meisten Rhetoriker, auch die englischen, ein Home, Priestley pgo_184.011
und Hugo Blair nicht ausgenommen, haben das Bild zu sehr als pgo_184.012
eine eingelegte Zierde der Rede betrachtet, nicht als einen organischen pgo_184.013
Theil der Dichtung, nicht in seinem tieferen Zusammenhange mit dem pgo_184.014
Genius des Dichters und seines Jahrhunderts. Aus dieser äußerlichen pgo_184.015
Betrachtungsweise hat sich ein langes Register von Regeln ergeben, das pgo_184.016
von Pedanten nachgebetet, von einer schulmeisterlichen Kritik auf die pgo_184.017
Erscheinungen der Gegenwart angewendet wird, wobei ganz unbeachtet pgo_184.018
bleibt, daß dasselbe Verfahren den Flügelstaub von den Schwingen der pgo_184.019
größten Genien aller Zeiten abstreifen würde! Doch die moderne pgo_184.020
Literatur ist einmal der Sündenbock für die kritischen Exercitien jener pgo_184.021
schwachen Köpfe, die durch Arroganz, anscheinende Sicherheit der pgo_184.022
Behauptungen und eine dem oberflächlichen Verstande der Menge pgo_184.023
schmeichelnde Verständigkeit ersetzen, was ihnen an Phantasie, Geschmack pgo_184.024
und tieferer ästhetischer Bildung fehlt.
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Der bildliche Ausdruck ist die organische Eigenthümlichkeit einiger großen pgo_184.026
Dichtergenien, z. B. eines Shakespeare, Calderon, Jean Paul, pgo_184.027
ganz abgesehen von den orientalischen Poeten, von Dichtern der Neuzeit, pgo_184.028
wie Lenau, Grün u. A. Schon diese Thatsache wird uns gegen den pgo_184.029
Vorwurf einer Ueberladung mit Bildern vorsichtig machen müssen, pgo_184.030
ein Vorwurf, der aus jener oberflächlichen Theorie hervorgeht, nach welcher pgo_184.031
die Bilder in einer so äußerlichen Weise der Dichtung angehängt pgo_184.032
werden, wie sich die Wilden metallene Zierrathen an Ohren, Nasen
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