Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.Add. u. Subtr. der Elementargrössen erster St. § 102 negativen Zahlengrössen, welche wir auch hier Gewichte nennenkönnen, multiplicirt denkt, so lange nur die Summe der Gewichte einen geltenden Werth hat; nennen wir dann wieder die Gesammt- heit der so mit Gewichten behafteten Punkte einen Punktverein, so können wir den Satz aussprechen: "Wenn man von einem ver- änderlichen Punkte r nach den Punkten eines festen Punktvereins Strecken zieht, diese Strecken, ohne ihre Richtung zu ändern, mit den zugehörigen Gewichten multiplicirt, und die so gewonnenen Strecken von r aus stetig an einander legt, so geht die die Figur schliessende Seite durch einen festen Punkt s, welcher die Mitte jenes Punktvereins ist, und dessen Entfernung von r so oft in der schliessenden Seite enthalten ist, als das Gesammtgewicht beträgt." Ist das Gesammtgewicht null, so fällt, wie sich aus der Formel [Formel 1] ergiebt, der Punkt s ins Unendliche, und die schliessende Seite geht dann durch denselben unendlich entfernten Punkt, d. h. hat eine konstante Richtung. Dies ergiebt sich noch einfacher und zugleich bestimmter aus den Sätzen, die wir für den Fall, dass das Gesammtgewicht null ist, oben aufgestellt hatten, und es folgt dar- aus zugleich, dass diese schliessende Seite zugleich eine konstante Länge hat. Es erscheint also als Mitte des Punktvereins, wenn das Gesammtgewicht null ist, ein unendlich entfernter Punkt, oder was dasselbe ist eine konstante Richtung, also nicht ein (endlich liegender) Mittelpunkt, sondern eine Mittelaxe. Da dieser Fall ein besonderes Interesse darbietet, so sprechen wir ihn noch einmal mit mögstlichster Vermeidung aller Kunstausdrücke aus: "Zieht man von einem veränderlichen Punkte r die Strecken *) Sollten die Resultate dieses § in rein geometrische Form gekleidet wer-
den, so müsste man statt der Gewichte parallele Strecken nehmen, deren Grös- sen das Verhältniss der Gewichte darstellten. Add. u. Subtr. der Elementargrössen erster St. § 102 negativen Zahlengrössen, welche wir auch hier Gewichte nennenkönnen, multiplicirt denkt, so lange nur die Summe der Gewichte einen geltenden Werth hat; nennen wir dann wieder die Gesammt- heit der so mit Gewichten behafteten Punkte einen Punktverein, so können wir den Satz aussprechen: „Wenn man von einem ver- änderlichen Punkte ρ nach den Punkten eines festen Punktvereins Strecken zieht, diese Strecken, ohne ihre Richtung zu ändern, mit den zugehörigen Gewichten multiplicirt, und die so gewonnenen Strecken von ρ aus stetig an einander legt, so geht die die Figur schliessende Seite durch einen festen Punkt σ, welcher die Mitte jenes Punktvereins ist, und dessen Entfernung von ρ so oft in der schliessenden Seite enthalten ist, als das Gesammtgewicht beträgt.“ Ist das Gesammtgewicht null, so fällt, wie sich aus der Formel [Formel 1] ergiebt, der Punkt σ ins Unendliche, und die schliessende Seite geht dann durch denselben unendlich entfernten Punkt, d. h. hat eine konstante Richtung. Dies ergiebt sich noch einfacher und zugleich bestimmter aus den Sätzen, die wir für den Fall, dass das Gesammtgewicht null ist, oben aufgestellt hatten, und es folgt dar- aus zugleich, dass diese schliessende Seite zugleich eine konstante Länge hat. Es erscheint also als Mitte des Punktvereins, wenn das Gesammtgewicht null ist, ein unendlich entfernter Punkt, oder was dasselbe ist eine konstante Richtung, also nicht ein (endlich liegender) Mittelpunkt, sondern eine Mittelaxe. Da dieser Fall ein besonderes Interesse darbietet, so sprechen wir ihn noch einmal mit mögstlichster Vermeidung aller Kunstausdrücke aus: „Zieht man von einem veränderlichen Punkte ρ die Strecken *) Sollten die Resultate dieses § in rein geometrische Form gekleidet wer-
den, so müsste man statt der Gewichte parallele Strecken nehmen, deren Grös- sen das Verhältniss der Gewichte darstellten. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0178" n="142"/><fw place="top" type="header">Add. u. Subtr. der Elementargrössen erster St. § 102</fw><lb/> negativen Zahlengrössen, welche wir auch hier Gewichte nennen<lb/> können, multiplicirt denkt, so lange nur die Summe der Gewichte<lb/> einen geltenden Werth hat; nennen wir dann wieder die Gesammt-<lb/> heit der so mit Gewichten behafteten Punkte einen Punktverein,<lb/> so können wir den Satz aussprechen: „Wenn man von einem ver-<lb/> änderlichen Punkte ρ nach den Punkten eines festen Punktvereins<lb/> Strecken zieht, diese Strecken, ohne ihre Richtung zu ändern, mit<lb/> den zugehörigen Gewichten multiplicirt, und die so gewonnenen<lb/> Strecken von ρ aus stetig an einander legt, so geht die die Figur<lb/> schliessende Seite durch einen festen Punkt σ, welcher die Mitte<lb/> jenes Punktvereins ist, und dessen Entfernung von ρ so oft in der<lb/> schliessenden Seite enthalten ist, als das Gesammtgewicht beträgt.“<lb/> Ist das Gesammtgewicht null, so fällt, wie sich aus der Formel<lb/><formula/> ergiebt, der Punkt σ ins Unendliche, und die schliessende Seite<lb/> geht dann durch denselben unendlich entfernten Punkt, d. h. hat<lb/> eine konstante Richtung. Dies ergiebt sich noch einfacher und<lb/> zugleich bestimmter aus den Sätzen, die wir für den Fall, dass das<lb/> Gesammtgewicht null ist, oben aufgestellt hatten, und es folgt dar-<lb/> aus zugleich, dass diese schliessende Seite zugleich eine konstante<lb/> Länge hat. Es erscheint also als Mitte des Punktvereins, wenn<lb/> das Gesammtgewicht null ist, ein unendlich entfernter Punkt, oder<lb/> was dasselbe ist eine konstante Richtung, also nicht ein (endlich<lb/> liegender) Mittelpunkt, sondern eine Mittelaxe. Da dieser Fall ein<lb/> besonderes Interesse darbietet, so sprechen wir ihn noch einmal<lb/> mit mögstlichster Vermeidung aller Kunstausdrücke aus:</p><lb/> <p>„Zieht man von einem veränderlichen Punkte ρ die Strecken<lb/> nach einer Reihe fester Punkte, zu welchen eine Reihe von Zah-<lb/> lengrössen, deren Summe null ist, gehört, und man legt diese<lb/> Strecken, nachdem man sie, ohne ihre Richtung zu verändern, mit<lb/> den zugehörigen Zahlen multiplicirt hat, stetig an einander, so hat<lb/> die schliessende Seite konstante Richtung und Länge, und kann die<lb/> Axe jenes Punktvereins genannt werden <note place="foot" n="*)">Sollten die Resultate dieses § in rein geometrische Form gekleidet wer-<lb/> den, so müsste man statt der Gewichte parallele Strecken nehmen, deren Grös-<lb/> sen das Verhältniss der Gewichte darstellten.</note>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [142/0178]
Add. u. Subtr. der Elementargrössen erster St. § 102
negativen Zahlengrössen, welche wir auch hier Gewichte nennen
können, multiplicirt denkt, so lange nur die Summe der Gewichte
einen geltenden Werth hat; nennen wir dann wieder die Gesammt-
heit der so mit Gewichten behafteten Punkte einen Punktverein,
so können wir den Satz aussprechen: „Wenn man von einem ver-
änderlichen Punkte ρ nach den Punkten eines festen Punktvereins
Strecken zieht, diese Strecken, ohne ihre Richtung zu ändern, mit
den zugehörigen Gewichten multiplicirt, und die so gewonnenen
Strecken von ρ aus stetig an einander legt, so geht die die Figur
schliessende Seite durch einen festen Punkt σ, welcher die Mitte
jenes Punktvereins ist, und dessen Entfernung von ρ so oft in der
schliessenden Seite enthalten ist, als das Gesammtgewicht beträgt.“
Ist das Gesammtgewicht null, so fällt, wie sich aus der Formel
[FORMEL] ergiebt, der Punkt σ ins Unendliche, und die schliessende Seite
geht dann durch denselben unendlich entfernten Punkt, d. h. hat
eine konstante Richtung. Dies ergiebt sich noch einfacher und
zugleich bestimmter aus den Sätzen, die wir für den Fall, dass das
Gesammtgewicht null ist, oben aufgestellt hatten, und es folgt dar-
aus zugleich, dass diese schliessende Seite zugleich eine konstante
Länge hat. Es erscheint also als Mitte des Punktvereins, wenn
das Gesammtgewicht null ist, ein unendlich entfernter Punkt, oder
was dasselbe ist eine konstante Richtung, also nicht ein (endlich
liegender) Mittelpunkt, sondern eine Mittelaxe. Da dieser Fall ein
besonderes Interesse darbietet, so sprechen wir ihn noch einmal
mit mögstlichster Vermeidung aller Kunstausdrücke aus:
„Zieht man von einem veränderlichen Punkte ρ die Strecken
nach einer Reihe fester Punkte, zu welchen eine Reihe von Zah-
lengrössen, deren Summe null ist, gehört, und man legt diese
Strecken, nachdem man sie, ohne ihre Richtung zu verändern, mit
den zugehörigen Zahlen multiplicirt hat, stetig an einander, so hat
die schliessende Seite konstante Richtung und Länge, und kann die
Axe jenes Punktvereins genannt werden *).
*) Sollten die Resultate dieses § in rein geometrische Form gekleidet wer-
den, so müsste man statt der Gewichte parallele Strecken nehmen, deren Grös-
sen das Verhältniss der Gewichte darstellten.
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Zitationshilfe: | Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/178>, abgerufen am 16.02.2025. |