Der Gegenstand ist glücklich gewählt; der Verfasser zeichnet uns seinen Helden in den für den Charakter desselben entscheidenden Momenten, er läßt uns die Umwandlung seiner ursprünglich nicht unedlen Natur er- kennen. Doch ist von Anfang an dem Wesen Ezzelins ein Zug von Wildheit beigemischt, die ihn, sobald er sich selbst überlassen bleibt, zu Rachsucht und Grausamkeit anspornt. Die erste Ursache, welche Ezzelins Groll gegen Padua erweckte, fällt in seine frühe Jugend. Kaum dem Knabenalter entwachsen, ohne Rang und Güter, knüpft Ezzelin ein Liebesverständniß mit Bianca, der Tochter des Podesta von Padua an. Der Vater, der das Geheimniß entdeckt, treibt den stolzen Jüngling, nach öffentlicher Demüthigung, schmachvoll aus der Stadt; Ezzelin rächt den Spott, den er noch an dem Thore der Brenta erfährt, durch Er¬ mordung eines paduanischen Bürgers. Bianca wird an den Arzt Ber- netti, den Vetter des Ermordeten, vermählt. Indessen thut sich Ezzelin durch kriegerischen Muth im Gefolge Kaiser Friedrichs II. hervor; seine glänzende männliche Schönheit fesselt den Blick der Frauen; Bianca sucht vergebens, den Jugendgeliebten zu vergessen, und die schöne Brescianerin Laura, wirft ihr Auge auf den stattlichen Helden, als sie ihn bei dem Einzüge des Kaisers, der damals seine Vermählung mit Jolanthe feiern wollte, durch die Straßeu ihrer Vaterstadt reiten sah. Die ausgezeich¬ neten Gaben des ernsten, verschlossenen und kühnen Jünglings, bewogen den Kaiser, ihn den Paduanern zum Herrscher zu setzen. Er kennt den Groll, den Ezzelin gegen diese Stadt hegt, und entschuldigt ihn; er gibt Padua in seine Hand, weil diese Stadt in den welfisch-ghibellinischen Fehden eines strengen und unbeugsamen Herrn bedürfte. Ezzelin hält seinen Einzug in Padua. Auf einem Balkon erblickt er Bianca; die Leidenschaft erwacht mit erneuter Gewalt in der Brust des jungen Für¬ sten, den im Angesicht des Ortes, wo man ihn einst schimpflich bestraft, das volle Gefühl seiner Macht über die ihm anheimgegebene Stadt überfällt. Den Abend beim Tanz vermißt er die Geliebte. Stürmisch fordert er von Bernetti, ihrem Gemahl, daß er sie herführe. Aber der Bürger kennt die Grenzen der fürstlichen Gewalt, und verweigert es; endlich, als Ezzelin immer heftiger in ihn dringt, verläßt er den Saal. Vom Fieber der Leidenschaft und Wuth ergriffen, schlaflos, von Rache- gedanken gequält, steht der Fürst von seinem Lager auf; er fordert einen Trank zur Kühlung; ein paduanischer Edelknabe bringt einen Pokal. Als er ihn an die Lippen setzt, erschallt das Geschrei: es ist Gift in dem Tranke! Bianca, im Nachtgewande, erscheint, flüchtig, den Busen mit
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Der Gegenstand ist glücklich gewählt; der Verfasser zeichnet uns seinen Helden in den für den Charakter desselben entscheidenden Momenten, er läßt uns die Umwandlung seiner ursprünglich nicht unedlen Natur er- kennen. Doch ist von Anfang an dem Wesen Ezzelins ein Zug von Wildheit beigemischt, die ihn, sobald er sich selbst überlassen bleibt, zu Rachsucht und Grausamkeit anspornt. Die erste Ursache, welche Ezzelins Groll gegen Padua erweckte, fällt in seine frühe Jugend. Kaum dem Knabenalter entwachsen, ohne Rang und Güter, knüpft Ezzelin ein Liebesverständniß mit Bianca, der Tochter des Podesta von Padua an. Der Vater, der das Geheimniß entdeckt, treibt den stolzen Jüngling, nach öffentlicher Demüthigung, schmachvoll aus der Stadt; Ezzelin rächt den Spott, den er noch an dem Thore der Brenta erfährt, durch Er¬ mordung eines paduanischen Bürgers. Bianca wird an den Arzt Ber- netti, den Vetter des Ermordeten, vermählt. Indessen thut sich Ezzelin durch kriegerischen Muth im Gefolge Kaiser Friedrichs II. hervor; seine glänzende männliche Schönheit fesselt den Blick der Frauen; Bianca sucht vergebens, den Jugendgeliebten zu vergessen, und die schöne Brescianerin Laura, wirft ihr Auge auf den stattlichen Helden, als sie ihn bei dem Einzüge des Kaisers, der damals seine Vermählung mit Jolanthe feiern wollte, durch die Straßeu ihrer Vaterstadt reiten sah. Die ausgezeich¬ neten Gaben des ernsten, verschlossenen und kühnen Jünglings, bewogen den Kaiser, ihn den Paduanern zum Herrscher zu setzen. Er kennt den Groll, den Ezzelin gegen diese Stadt hegt, und entschuldigt ihn; er gibt Padua in seine Hand, weil diese Stadt in den welfisch-ghibellinischen Fehden eines strengen und unbeugsamen Herrn bedürfte. Ezzelin hält seinen Einzug in Padua. Auf einem Balkon erblickt er Bianca; die Leidenschaft erwacht mit erneuter Gewalt in der Brust des jungen Für¬ sten, den im Angesicht des Ortes, wo man ihn einst schimpflich bestraft, das volle Gefühl seiner Macht über die ihm anheimgegebene Stadt überfällt. Den Abend beim Tanz vermißt er die Geliebte. Stürmisch fordert er von Bernetti, ihrem Gemahl, daß er sie herführe. Aber der Bürger kennt die Grenzen der fürstlichen Gewalt, und verweigert es; endlich, als Ezzelin immer heftiger in ihn dringt, verläßt er den Saal. Vom Fieber der Leidenschaft und Wuth ergriffen, schlaflos, von Rache- gedanken gequält, steht der Fürst von seinem Lager auf; er fordert einen Trank zur Kühlung; ein paduanischer Edelknabe bringt einen Pokal. Als er ihn an die Lippen setzt, erschallt das Geschrei: es ist Gift in dem Tranke! Bianca, im Nachtgewande, erscheint, flüchtig, den Busen mit
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Der Gegenstand ist glücklich gewählt; der Verfasser zeichnet uns seinen
Helden in den für den Charakter desselben entscheidenden Momenten, er
läßt uns die Umwandlung seiner ursprünglich nicht unedlen Natur er-
kennen. Doch ist von Anfang an dem Wesen Ezzelins ein Zug von
Wildheit beigemischt, die ihn, sobald er sich selbst überlassen bleibt, zu
Rachsucht und Grausamkeit anspornt. Die erste Ursache, welche Ezzelins
Groll gegen Padua erweckte, fällt in seine frühe Jugend. Kaum dem
Knabenalter entwachsen, ohne Rang und Güter, knüpft Ezzelin ein
Liebesverständniß mit Bianca, der Tochter des Podesta von Padua an.
Der Vater, der das Geheimniß entdeckt, treibt den stolzen Jüngling,
nach öffentlicher Demüthigung, schmachvoll aus der Stadt; Ezzelin rächt
den Spott, den er noch an dem Thore der Brenta erfährt, durch Er¬
mordung eines paduanischen Bürgers. Bianca wird an den Arzt Ber-
netti, den Vetter des Ermordeten, vermählt. Indessen thut sich Ezzelin
durch kriegerischen Muth im Gefolge Kaiser Friedrichs II. hervor; seine
glänzende männliche Schönheit fesselt den Blick der Frauen; Bianca sucht
vergebens, den Jugendgeliebten zu vergessen, und die schöne Brescianerin
Laura, wirft ihr Auge auf den stattlichen Helden, als sie ihn bei dem
Einzüge des Kaisers, der damals seine Vermählung mit Jolanthe feiern
wollte, durch die Straßeu ihrer Vaterstadt reiten sah. Die ausgezeich¬
neten Gaben des ernsten, verschlossenen und kühnen Jünglings, bewogen
den Kaiser, ihn den Paduanern zum Herrscher zu setzen. Er kennt den
Groll, den Ezzelin gegen diese Stadt hegt, und entschuldigt ihn; er gibt
Padua in seine Hand, weil diese Stadt in den welfisch-ghibellinischen
Fehden eines strengen und unbeugsamen Herrn bedürfte. Ezzelin hält
seinen Einzug in Padua. Auf einem Balkon erblickt er Bianca; die
Leidenschaft erwacht mit erneuter Gewalt in der Brust des jungen Für¬
sten, den im Angesicht des Ortes, wo man ihn einst schimpflich bestraft,
das volle Gefühl seiner Macht über die ihm anheimgegebene Stadt
überfällt. Den Abend beim Tanz vermißt er die Geliebte. Stürmisch
fordert er von Bernetti, ihrem Gemahl, daß er sie herführe. Aber der
Bürger kennt die Grenzen der fürstlichen Gewalt, und verweigert es;
endlich, als Ezzelin immer heftiger in ihn dringt, verläßt er den Saal.
Vom Fieber der Leidenschaft und Wuth ergriffen, schlaflos, von Rache-
gedanken gequält, steht der Fürst von seinem Lager auf; er fordert einen
Trank zur Kühlung; ein paduanischer Edelknabe bringt einen Pokal.
Als er ihn an die Lippen setzt, erschallt das Geschrei: es ist Gift in dem
Tranke! Bianca, im Nachtgewande, erscheint, flüchtig, den Busen mit
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/207>, abgerufen am 21.11.2024.
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