Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830.

Bild:
<< vorherige Seite
Entschuld'gung sie für manches Schlimm' und Schiefe --
Doch ist es Liebe nicht, ist Tobsucht nur,
Des ungezähmten Geistes trotzig Walten,
Der Eigensinn, der will, weil er gewoll't.
Ich aber denk' es nimmermehr zu dulden,
Am mind'sten, wo ich Frau und Königin. --
Mir kommt die Lust an, Wunder zu versuchen!
-- Steh' auf, und sey gesund, sprech' ich zu dir.
Steh' auf, und zwar zur Stelle! Jetzt! Ich will's!

(Sie hat seine Schulter mit ihrer Hand berührt, Otto richtet
sich empor, und sitzt mit aufgestützter Hand, und vorhängendem
Haupte da.)

O, Jammerbild der selbstgeschaff'nen Schwäche!
Wie schäm' ich mich, daß du von meinem Blut! --
Wo geh'st du hin? -- Was willst du?
Otto
der aufgestanden ist, und einige Sch ritte gemacht hat, die Stirne
reibend).

Wußt' ich's doch! --
Ei, ja!
Königin.
Wo willst du hin? Bleib', Otto, bleib'!
Du willst doch nicht in's Freie? -- Otto, sprich!
Otto.
Ich will!
Königin.
Die Luft ist rauh, der Abend kühl,
Du selber bist erhitz't.

(Sie hat seine Hand gefaßt.)
Entſchuld’gung ſie für manches Schlimm’ und Schiefe —
Doch iſt es Liebe nicht, iſt Tobſucht nur,
Des ungezähmten Geiſtes trotzig Walten,
Der Eigenſinn, der will, weil er gewoll’t.
Ich aber denk’ es nimmermehr zu dulden,
Am mind’ſten, wo ich Frau und Königin. —
Mir kommt die Luſt an, Wunder zu verſuchen!
— Steh’ auf, und ſey geſund, ſprech’ ich zu dir.
Steh’ auf, und zwar zur Stelle! Jetzt! Ich will’s!

(Sie hat ſeine Schulter mit ihrer Hand berührt, Otto richtet
ſich empor, und ſitzt mit aufgeſtützter Hand, und vorhängendem
Haupte da.)

O, Jammerbild der ſelbſtgeſchaff’nen Schwäche!
Wie ſchäm' ich mich, daß du von meinem Blut! —
Wo geh’ſt du hin? — Was willſt du?
Otto
der aufgeſtanden iſt, und einige Sch ritte gemacht hat, die Stirne
reibend).

Wußt’ ich’s doch! —
Ei, ja!
Königin.
Wo willſt du hin? Bleib’, Otto, bleib’!
Du willſt doch nicht in’s Freie? — Otto, ſprich!
Otto.
Ich will!
Königin.
Die Luft iſt rauh, der Abend kühl,
Du ſelber biſt erhitz’t.

(Sie hat ſeine Hand gefaßt.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp who="#KOENIGIN">
          <p><pb facs="#f0083" n="75"/>
Ent&#x017F;chuld&#x2019;gung &#x017F;ie für manches Schlimm&#x2019; und Schiefe &#x2014;<lb/>
Doch i&#x017F;t es Liebe nicht, i&#x017F;t Tob&#x017F;ucht nur,<lb/>
Des ungezähmten Gei&#x017F;tes trotzig Walten,<lb/>
Der Eigen&#x017F;inn, der will, weil er gewoll&#x2019;t.<lb/>
Ich aber denk&#x2019; es nimmermehr zu dulden,<lb/>
Am mind&#x2019;&#x017F;ten, wo ich Frau und Königin. &#x2014;<lb/>
Mir kommt die Lu&#x017F;t an, Wunder zu ver&#x017F;uchen!<lb/>
&#x2014; Steh&#x2019; auf, und &#x017F;ey ge&#x017F;und, &#x017F;prech&#x2019; ich zu dir.<lb/>
Steh&#x2019; auf, und zwar zur Stelle! Jetzt! Ich will&#x2019;s!</p><lb/>
          <stage>(Sie hat &#x017F;eine Schulter mit ihrer Hand berührt, Otto richtet<lb/>
&#x017F;ich empor, und &#x017F;itzt mit aufge&#x017F;tützter Hand, und vorhängendem<lb/>
Haupte da.)</stage><lb/>
          <p>O, Jammerbild der &#x017F;elb&#x017F;tge&#x017F;chaff&#x2019;nen Schwäche!<lb/>
Wie &#x017F;chäm' ich mich, daß du von meinem Blut! &#x2014;<lb/>
Wo geh&#x2019;&#x017F;t du hin? &#x2014; Was will&#x017F;t du?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#OTTO">
          <speaker> <hi rendition="#g">Otto</hi> </speaker><lb/>
          <stage>der aufge&#x017F;tanden i&#x017F;t, und einige Sch ritte gemacht hat, die Stirne<lb/>
reibend).</stage><lb/>
          <p>Wußt&#x2019; ich&#x2019;s doch! &#x2014;<lb/>
Ei, ja!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Wo will&#x017F;t du hin? Bleib&#x2019;, Otto, bleib&#x2019;!<lb/>
Du will&#x017F;t doch nicht in&#x2019;s Freie? &#x2014; Otto, &#x017F;prich!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#OTTO">
          <speaker><hi rendition="#g">Otto</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Ich will!</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#KOENIGIN">
          <speaker><hi rendition="#g">Königin</hi>.</speaker><lb/>
          <p>Die Luft i&#x017F;t rauh, der Abend kühl,<lb/>
Du &#x017F;elber bi&#x017F;t erhitz&#x2019;t.</p><lb/>
          <stage>(Sie hat &#x017F;eine Hand gefaßt.)</stage><lb/>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0083] Entſchuld’gung ſie für manches Schlimm’ und Schiefe — Doch iſt es Liebe nicht, iſt Tobſucht nur, Des ungezähmten Geiſtes trotzig Walten, Der Eigenſinn, der will, weil er gewoll’t. Ich aber denk’ es nimmermehr zu dulden, Am mind’ſten, wo ich Frau und Königin. — Mir kommt die Luſt an, Wunder zu verſuchen! — Steh’ auf, und ſey geſund, ſprech’ ich zu dir. Steh’ auf, und zwar zur Stelle! Jetzt! Ich will’s! (Sie hat ſeine Schulter mit ihrer Hand berührt, Otto richtet ſich empor, und ſitzt mit aufgeſtützter Hand, und vorhängendem Haupte da.) O, Jammerbild der ſelbſtgeſchaff’nen Schwäche! Wie ſchäm' ich mich, daß du von meinem Blut! — Wo geh’ſt du hin? — Was willſt du? Otto der aufgeſtanden iſt, und einige Sch ritte gemacht hat, die Stirne reibend). Wußt’ ich’s doch! — Ei, ja! Königin. Wo willſt du hin? Bleib’, Otto, bleib’! Du willſt doch nicht in’s Freie? — Otto, ſprich! Otto. Ich will! Königin. Die Luft iſt rauh, der Abend kühl, Du ſelber biſt erhitz’t. (Sie hat ſeine Hand gefaßt.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/83
Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Ein treuer Diener seines Herrn. Wien, 1830, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_diener_1830/83>, abgerufen am 21.11.2024.