Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.II. allgemeine vergleichung der conjugation. trinken, tranc etc. so sind schlüße von ähnlichen for-men auf verlorene schon durch die analogie des ver- fahrens, oft durch die ausdauer der formen in ver- wandten mundarten gerechtfertigt. Ich begnüge mich mit einigen beispielen untergegangener goth. und alth. verba nach ordnung der conjugationen. Gothische: I. spalda (findo) spaispald; III. haua (caedo) haihau; baua, baibau (altn. bio); stauta, staistaut hätte ich erst hier und nicht s. 841 anführen sollen, da sich das praet, aus Ulph. nicht beweisen läßt; bauta (tundo, verbero) baibaut, vgl. angels. beate. IV. reda (suadeo) rai- red oder nach VI. rairod? V. bloa (vireo) baiblo? roa (remigo) rairo? VII. ga-daba (evenio Marc. 10, 32) gadof, denn das adj. heißt gadofs (conveniens); daga (luceo) dog, nach dem subst. dags (dies, lux) und den adj. ahtaudogs, fidnrdogs, desgl. dem altn. doegr (se- missis diei naturalis) VIII. vleita (video) vlait; leisa (sequor) lais, lisun (vgl. oben s. 91) IX. das s. 842 aufgestellte liuga nicht aus Ulph. belegbar, auch mag der eigentliche begriff nicht mentior seyn, sondern celo, tego, wie das abgeleitete schwache liuga, liu- gaida (nubo d. h. tegor, vgl. nubes tegumentum) ver- räth; hriva (poenitet me) hrau, hrivum (wie snivum); liuda (cresco) lauth, vgl. jugga-lauths (adolescens) und das alth. liut (populus; liuha (luceo) lauh, lauhum, lauhans folgt aus liuhath (lux, vgl. dux mit tauho) und lauhmuni (fulgur, altn. liomi) aus liuhtja (lampo Matth. 5, 16 alth. liuhtu und lauhatja astrapto Luc. 17, 24. alth. lohizu). XII. tilga (vigeo) talg, tulgum nach dem adv. tulga (valde) und dem schw. tulgjan (firmare). -- Alth. beispiele: I halzu, heialz gehört aus s. 858 hierher und heißt nicht claudum reddo, sondern etwa debilis sum, die quellen liefern bloß halz (claudus) und arhelzu, arhalzta (debilito). III. poßu, peiaß (collido, tundo) angels. beate, vgl. ana-poß (in- cus); die anomalen wahan, sahan, pluohan (s. 885. 886) hatten früher starke praet. weio, seio, pleio, desgl. var- nauwan (oben 934) varneio. VII. chalu (frigeo) chuol nach den adj. chuoli und chalt (chal-t) vgl. altn. kel; stalu (sedeo?) stuol, nach stuol (sedes, thronus) und stal, stales (? locus); die subst. ruom (fama) tuom (judicium) das adj. zuomi (vacuus) weisen auf die drei starke verba ramu, tamu, zamu, aus deren praes. keine ableitung übrig scheint; das schwache hruoran auf hraran, hruor (wie vuoran auf varan, vuor); die II. allgemeine vergleichung der conjugation. trinken, tranc etc. ſo ſind ſchlüße von ähnlichen for-men auf verlorene ſchon durch die analogie des ver- fahrens, oft durch die ausdauer der formen in ver- wandten mundarten gerechtfertigt. Ich begnüge mich mit einigen beiſpielen untergegangener goth. und alth. verba nach ordnung der conjugationen. Gothiſche: I. ſpalda (findo) ſpáiſpald; III. háua (caedo) háiháu; báua, báibáu (altn. biô); ſtáuta, ſtáiſtáut hätte ich erſt hier und nicht ſ. 841 anführen ſollen, da ſich das praet, aus Ulph. nicht beweiſen läßt; báuta (tundo, verbero) báibáut, vgl. angelſ. beate. IV. rêda (ſuadeo) rái- rêd oder nach VI. ráirôd? V. blôa (vireo) báiblô? rôa (remigo) ráirô? VII. ga-daba (evenio Marc. 10, 32) gadôf, denn das adj. heißt gadôfs (conveniens); daga (luceo) dôg, nach dem ſubſt. dags (dies, lux) und den adj. ahtáudôgs, fidnrdôgs, desgl. dem altn. dœgr (ſe- miſſis diei naturalis) VIII. vleita (video) vláit; leiſa (ſequor) láis, liſun (vgl. oben ſ. 91) IX. das ſ. 842 aufgeſtellte liuga nicht aus Ulph. belegbar, auch mag der eigentliche begriff nicht mentior ſeyn, ſondern celo, tego, wie das abgeleitete ſchwache liuga, liu- gáida (nubo d. h. tegor, vgl. nubes tegumentum) ver- räth; hriva (poenitet me) hráu, hrivum (wie ſnivum); liuda (creſco) láuþ, vgl. jugga-lauþs (adoleſcens) und das alth. liut (populus; liuha (luceo) láuh, laúhum, laúhans folgt aus liuhaþ (lux, vgl. dux mit taúho) und laúhmuni (fulgur, altn. liomi) aus liuhtja (λάμπω Matth. 5, 16 alth. liuhtu und laúhatja ἀστράπτω Luc. 17, 24. alth. lohizu). XII. tilga (vigeo) talg, tulgum nach dem adv. tulga (valde) und dem ſchw. tulgjan (firmare). — Alth. beiſpiele: I halzu, hîalz gehört aus ſ. 858 hierher und heißt nicht claudum reddo, ſondern etwa debilis ſum, die quellen liefern bloß halz (claudus) und arhelzu, arhalzta (debilito). III. pôƷu, pîaƷ (collido, tundo) angelſ. beáte, vgl. ana-pôƷ (in- cus); die anomalen wâhan, ſâhan, pluohan (ſ. 885. 886) hatten früher ſtarke praet. wîô, ſîô, plîô, desgl. var- nûwan (oben 934) varnîô. VII. chalu (frigeo) chuol nach den adj. chuoli und chalt (chal-t) vgl. altn. kel; ſtalu (ſedeo?) ſtuol, nach ſtuol (ſedes, thronus) und ſtal, ſtales (? locus); die ſubſt. ruom (fama) tuom (judicium) das adj. zuomi (vacuus) weiſen auf die drei ſtarke verba ramu, tamu, zamu, aus deren praeſ. keine ableitung übrig ſcheint; das ſchwache hruoran auf hraran, hruor (wie vuoran auf varan, vuor); die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f1059" n="1033"/><fw place="top" type="header">II. <hi rendition="#i">allgemeine vergleichung der conjugation.</hi></fw><lb/> trinken, tranc etc. ſo ſind ſchlüße von ähnlichen for-<lb/> men auf verlorene ſchon durch die analogie des ver-<lb/> fahrens, oft durch die ausdauer der formen in ver-<lb/> wandten mundarten gerechtfertigt. Ich begnüge mich<lb/> mit einigen beiſpielen untergegangener goth. und alth.<lb/> verba nach ordnung der conjugationen. 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II. allgemeine vergleichung der conjugation.
trinken, tranc etc. ſo ſind ſchlüße von ähnlichen for-
men auf verlorene ſchon durch die analogie des ver-
fahrens, oft durch die ausdauer der formen in ver-
wandten mundarten gerechtfertigt. Ich begnüge mich
mit einigen beiſpielen untergegangener goth. und alth.
verba nach ordnung der conjugationen. Gothiſche:
I. ſpalda (findo) ſpáiſpald; III. háua (caedo) háiháu;
báua, báibáu (altn. biô); ſtáuta, ſtáiſtáut hätte ich erſt
hier und nicht ſ. 841 anführen ſollen, da ſich das
praet, aus Ulph. nicht beweiſen läßt; báuta (tundo,
verbero) báibáut, vgl. angelſ. beate. IV. rêda (ſuadeo) rái-
rêd oder nach VI. ráirôd? V. blôa (vireo) báiblô? rôa
(remigo) ráirô? VII. ga-daba (evenio Marc. 10, 32)
gadôf, denn das adj. heißt gadôfs (conveniens); daga
(luceo) dôg, nach dem ſubſt. dags (dies, lux) und den
adj. ahtáudôgs, fidnrdôgs, desgl. dem altn. dœgr (ſe-
miſſis diei naturalis) VIII. vleita (video) vláit; leiſa
(ſequor) láis, liſun (vgl. oben ſ. 91) IX. das ſ. 842
aufgeſtellte liuga nicht aus Ulph. belegbar, auch mag
der eigentliche begriff nicht mentior ſeyn, ſondern
celo, tego, wie das abgeleitete ſchwache liuga, liu-
gáida (nubo d. h. tegor, vgl. nubes tegumentum) ver-
räth; hriva (poenitet me) hráu, hrivum (wie ſnivum);
liuda (creſco) láuþ, vgl. jugga-lauþs (adoleſcens) und
das alth. liut (populus; liuha (luceo) láuh, laúhum,
laúhans folgt aus liuhaþ (lux, vgl. dux mit taúho) und
laúhmuni (fulgur, altn. liomi) aus liuhtja (λάμπω
Matth. 5, 16 alth. liuhtu und laúhatja ἀστράπτω Luc.
17, 24. alth. lohizu). XII. tilga (vigeo) talg, tulgum
nach dem adv. tulga (valde) und dem ſchw. tulgjan
(firmare). — Alth. beiſpiele: I halzu, hîalz gehört
aus ſ. 858 hierher und heißt nicht claudum reddo,
ſondern etwa debilis ſum, die quellen liefern bloß
halz (claudus) und arhelzu, arhalzta (debilito). III. pôƷu,
pîaƷ (collido, tundo) angelſ. beáte, vgl. ana-pôƷ (in-
cus); die anomalen wâhan, ſâhan, pluohan (ſ. 885. 886)
hatten früher ſtarke praet. wîô, ſîô, plîô, desgl. var-
nûwan (oben 934) varnîô. VII. chalu (frigeo) chuol
nach den adj. chuoli und chalt (chal-t) vgl. altn. kel;
ſtalu (ſedeo?) ſtuol, nach ſtuol (ſedes, thronus) und
ſtal, ſtales (? locus); die ſubſt. ruom (fama) tuom
(judicium) das adj. zuomi (vacuus) weiſen auf die
drei ſtarke verba ramu, tamu, zamu, aus deren praeſ.
keine ableitung übrig ſcheint; das ſchwache hruoran
auf hraran, hruor (wie vuoran auf varan, vuor); die
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