(I) gleicht dem goth. kurzen i, wird jedoch be- schränkt theils durch die übergänge in e, theils durch die verwandlung in ei bei folgendem nk, ng. Auslaut ist (das wurzelhafte) i so wenig als a im nord., die goth. negation ni lautet hier ne (st. ne).
(O) ersetzt, wie das alth. und angels. o, bald das goth. n, bald das goth. au, z. b. god (Deus) bodi (nun- tius) holt. sonr; morgun. ormr (vermis) Thorn. horn etc., doch hat sich in manchen fällen das alte u erhal- ten, in welchen es jene mundarten bereits einbüßen, namentlich bei folgendem ll, als gull, fullr, alth. gold, foller, goth. gulTh, fulls. Auch zeigt sich das alte u (gleich dem alten i statt e) in ableitungen und flexio- nen, wo y (das heißt der umlaut des u) gilt, vgl. syni (fil o) hyrneingr (cornutus) yrmleingr (vermiculus) etc. -- Außerhalb der wurzel in den endungen schwanken u und o in den hss.
(U) das goth. kurze u, aber beschränkt durch über- gänge 1) in o (wie i in e) 2) in au, sobald es auslautet und die verbindung nk. ng. darauf folgt. 3) durch den umlaut in y, als: gull, gylleing (deauratio) full, fylli (plenitudo) luku (claudebant) lyki (clauderet). -- Wenn die heutige aussprache des u dem neuh. ü gleicht (Rask §. 24.) so kann sie früher nicht dieselbe gewesen seyn, als dem y noch der laut ü zustand; vermuthlich lautete also vordem das u rein, wie im hochd., und erst seit y = i lautete, fieng das u an = ü gesprochen zu werden.
(Y) y, umlaut des u (wie e des a) und nur schein- bar des o (nämlich wo dieses ein altes u vertritt); man sehe das eben beim o und u gesagte. Die isländ. aus- sprache vermischt dieses y mit i (wie y mit ei), die ältere unterschied beide beßer und gab dem y den laut des mittelh. ü (Rask §. 25. 67.) Ähnliche vermischung mit i zeigt das angels. (oben s. 228.). Die runen haben kein y, ersetzen es aber richtig durch u (wie e durch a) und nicht durch i; die zeit, wo der umlaut entsprungen, läßt sich schwer ausmitteln.
durch a, bald durch i, als: aftir (eftir) vir (ver, maritus) obschon häufig beide miteinander verwechselt, zumahl i für a steht. Auf späteren ursprung des umlauts e ist hier- aus nicht so gerade wie beim alth. zu schließen (vgl. oben s. 10.), doch ist er ohne zweifel in einer früheren zeit noch unvorhanden gewesen.
I. altnordiſche vocale.
(I) gleicht dem goth. kurzen i, wird jedoch be- ſchränkt theils durch die übergänge in ë, theils durch die verwandlung in î bei folgendem nk, ng. Auslaut iſt (das wurzelhafte) i ſo wenig als a im nord., die goth. negation ni lautet hier nê (ſt. në).
(O) erſetzt, wie das alth. und angelſ. o, bald das goth. n, bald das goth. aú, z. b. god (Deus) bodi (nun- tius) holt. ſonr; morgun. ormr (vermis) Þorn. horn etc., doch hat ſich in manchen fällen das alte u erhal- ten, in welchen es jene mundarten bereits einbüßen, namentlich bei folgendem ll, als gull, fullr, alth. gold, follêr, goth. gulÞ, fulls. Auch zeigt ſich das alte u (gleich dem alten i ſtatt ë) in ableitungen und flexio- nen, wo y (das heißt der umlaut des u) gilt, vgl. ſyni (fil o) hyrnîngr (cornutus) yrmlîngr (vermiculus) etc. — Außerhalb der wurzel in den endungen ſchwanken u und o in den hſſ.
(U) das goth. kurze u, aber beſchränkt durch über- gänge 1) in o (wie i in ë) 2) in û, ſobald es auslautet und die verbindung nk. ng. darauf folgt. 3) durch den umlaut in y, als: gull, gyllîng (deauratio) full, fylli (plenitudo) luku (claudebant) lyki (clauderet). — Wenn die heutige ausſprache des u dem neuh. ü gleicht (Raſk §. 24.) ſo kann ſie früher nicht dieſelbe geweſen ſeyn, als dem y noch der laut ü zuſtand; vermuthlich lautete alſo vordem das u rein, wie im hochd., und erſt ſeit y = i lautete, fieng das u an = ü geſprochen zu werden.
(Y) y, umlaut des u (wie e des a) und nur ſchein- bar des o (nämlich wo dieſes ein altes u vertritt); man ſehe das eben beim o und u geſagte. Die isländ. aus- ſprache vermiſcht dieſes y mit i (wie ŷ mit î), die ältere unterſchied beide beßer und gab dem y den laut des mittelh. ü (Raſk §. 25. 67.) Ähnliche vermiſchung mit i zeigt das angelſ. (oben ſ. 228.). Die runen haben kein y, erſetzen es aber richtig durch u (wie e durch a) und nicht durch i; die zeit, wo der umlaut entſprungen, läßt ſich ſchwer ausmitteln.
durch a, bald durch i, als: aftir (eftir) vir (vër, maritus) obſchon häufig beide miteinander verwechſelt, zumahl i für a ſteht. Auf ſpäteren urſprung des umlauts e iſt hier- aus nicht ſo gerade wie beim alth. zu ſchließen (vgl. oben ſ. 10.), doch iſt er ohne zweifel in einer früheren zeit noch unvorhanden geweſen.
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I. altnordiſche vocale.
(I) gleicht dem goth. kurzen i, wird jedoch be-
ſchränkt theils durch die übergänge in ë, theils durch
die verwandlung in î bei folgendem nk, ng. Auslaut
iſt (das wurzelhafte) i ſo wenig als a im nord., die
goth. negation ni lautet hier nê (ſt. në).
(O) erſetzt, wie das alth. und angelſ. o, bald das
goth. n, bald das goth. aú, z. b. god (Deus) bodi (nun-
tius) holt. ſonr; morgun. ormr (vermis) Þorn. horn
etc., doch hat ſich in manchen fällen das alte u erhal-
ten, in welchen es jene mundarten bereits einbüßen,
namentlich bei folgendem ll, als gull, fullr, alth. gold,
follêr, goth. gulÞ, fulls. Auch zeigt ſich das alte u
(gleich dem alten i ſtatt ë) in ableitungen und flexio-
nen, wo y (das heißt der umlaut des u) gilt, vgl. ſyni
(fil o) hyrnîngr (cornutus) yrmlîngr (vermiculus) etc. —
Außerhalb der wurzel in den endungen ſchwanken u
und o in den hſſ.
(U) das goth. kurze u, aber beſchränkt durch über-
gänge 1) in o (wie i in ë) 2) in û, ſobald es auslautet
und die verbindung nk. ng. darauf folgt. 3) durch den
umlaut in y, als: gull, gyllîng (deauratio) full, fylli
(plenitudo) luku (claudebant) lyki (clauderet). — Wenn die
heutige ausſprache des u dem neuh. ü gleicht (Raſk §. 24.)
ſo kann ſie früher nicht dieſelbe geweſen ſeyn, als dem y
noch der laut ü zuſtand; vermuthlich lautete alſo vordem
das u rein, wie im hochd., und erſt ſeit y = i lautete,
fieng das u an = ü geſprochen zu werden.
(Y) y, umlaut des u (wie e des a) und nur ſchein-
bar des o (nämlich wo dieſes ein altes u vertritt); man
ſehe das eben beim o und u geſagte. Die isländ. aus-
ſprache vermiſcht dieſes y mit i (wie ŷ mit î), die ältere
unterſchied beide beßer und gab dem y den laut des
mittelh. ü (Raſk §. 25. 67.) Ähnliche vermiſchung mit i
zeigt das angelſ. (oben ſ. 228.). Die runen haben kein
y, erſetzen es aber richtig durch u (wie e durch a) und
nicht durch i; die zeit, wo der umlaut entſprungen,
läßt ſich ſchwer ausmitteln.
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**) durch a, bald durch i, als: aftir (eftir) vir (vër, maritus)
obſchon häufig beide miteinander verwechſelt, zumahl i
für a ſteht. Auf ſpäteren urſprung des umlauts e iſt hier-
aus nicht ſo gerade wie beim alth. zu ſchließen (vgl.
oben ſ. 10.), doch iſt er ohne zweifel in einer früheren
zeit noch unvorhanden geweſen.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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