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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelniederländische consonanten. linguales.
folgere, auch dieses sch. ist kein zisch, sondern verbin-
dung des sause- mit dem kehllaut, gewissermaßen ein
aspirierter sauselaut (sh) wie das niederl. auslautende s
das hs. vertritt. Ferner hat das niederl. z keine ge-
meinschaft mit dem goth. z (s. 65.) welches nie anlau-
tet, cons. hinter sich leidet (razn, huzd) und sich viel-
mehr mit dem r berührt. -- Diese erörterung des neu-
niederl. s und z. muste vorweg erfolgen, um die be-
antwortung der frage möglich zu machen: ob ein sol-
ches z bereits im mittelniederl. eintritt? Die denkmäh-
ler zeigen es in der regel noch nicht, sie schreiben
sake, sal, seide wie slaep, was; ausnahmsweise und ein-
zeln, d. h. ohne consequenz, setzen hss. des 14. 15.
jahrh. freilich zake, zin, ziele etc.; beispiele auf allen
bogen der ausg. Maerl. und Stokes, auch im Rein. kann
man sie aufschlagen (320. steht zat, ziere, zye, zere,
zwoer, zwaer neben sach, sein, eisingren, wesen, soude).
Entscheiden müsten die ältesten, fleißigsten hss; vorläu-
fig enthalte ich mich in der mittelniederl. grammatik
aller z für s. -- Übrigens gibt es einige wenige niederl.
wörter, deren anlautendes s. dem hochd. z. begegnet;
anders ausgedrückt, wo dem hochd. z kein niederd. t
entspricht. Die merkwürdigsten beispiele sind: sa (in-
terj.) versaghet (vecors) Maerl. 1, 453. 2, 249. saghe Rein. 287.
vermuthlich auch sidderen (tremere) mittelh. za (oben
s. 341.) verzaget, zittern, neuniederl. tsa, vertsaagt, tsidderen
geschrieben. Hier ist der wirkliche zischlaut unbezwei-
felbar, daher auch diese wörter im plattd. ein z und
kein t haben. Sind sie nun mit hochd. aussprache ins
niederd. aufgenommen worden? oder hat ihr hochd.
zischlaut andere bedentung, als gewöhnlich? zagun
(ignavi) zagaheit (ignavia) kennen bereits alth. denkmähler.

gemination. (TT) dem mittelh. tz parallel, nicht
dem ß, statt welches hier richtiger einfaches t gilt,
vgl. water (aqua) netele (urtica) hat, hates (odium).
Beispiele sind: setten (ponere) lettel (parum) sitten (se-
dere) hitte (calor) pit, pittes (puteus) letten (impedire)
smetten (maculare) wet, pl. wetten (leges) scat, scattes
(thes.) dit, seltner ditte (hoc, : hitte Maerl. 2, 76.) vet,
vettes (pinguis) *) sot, sottes (fatuus) etc. Folgt in der
flexion noch ein t, so wird das wurzelhafte tt. auslau-

*) Angels. fät, fättes; altn. feitr, alth. feißit (= gifeißit, sa-
ginatus) mittelh. feißt.
I i

I. mittelniederländiſche conſonanten. linguales.
folgere, auch dieſes ſch. iſt kein ziſch, ſondern verbin-
dung des ſauſe- mit dem kehllaut, gewiſſermaßen ein
aſpirierter ſauſelaut (ſh) wie das niederl. auslautende ſ
das hſ. vertritt. Ferner hat das niederl. z keine ge-
meinſchaft mit dem goth. z (ſ. 65.) welches nie anlau-
tet, conſ. hinter ſich leidet (razn, huzd) und ſich viel-
mehr mit dem r berührt. — Dieſe erörterung des neu-
niederl. ſ und z. muſte vorweg erfolgen, um die be-
antwortung der frage möglich zu machen: ob ein ſol-
ches z bereits im mittelniederl. eintritt? Die denkmäh-
ler zeigen es in der regel noch nicht, ſie ſchreiben
ſake, ſal, ſeide wie ſlaep, was; ausnahmsweiſe und ein-
zeln, d. h. ohne conſequenz, ſetzen hſſ. des 14. 15.
jahrh. freilich zake, zin, ziele etc.; beiſpiele auf allen
bogen der ausg. Maerl. und Stokes, auch im Rein. kann
man ſie aufſchlagen (320. ſteht zat, ziere, zye, zêre,
zwoer, zwaer neben ſach, ſîn, îſingrên, wëſen, ſoude).
Entſcheiden müſten die älteſten, fleißigſten hſſ; vorläu-
fig enthalte ich mich in der mittelniederl. grammatik
aller z für ſ. — Übrigens gibt es einige wenige niederl.
wörter, deren anlautendes ſ. dem hochd. z. begegnet;
anders ausgedrückt, wo dem hochd. z kein niederd. t
entſpricht. Die merkwürdigſten beiſpiele ſind: ſâ (in-
terj.) verſaghet (vecors) Maerl. 1, 453. 2, 249. ſaghe Rein. 287.
vermuthlich auch ſidderen (tremere) mittelh. zâ (oben
ſ. 341.) verzaget, zittern, neuniederl. tſa, vertſaagt, tſidderen
geſchrieben. Hier iſt der wirkliche ziſchlaut unbezwei-
felbar, daher auch dieſe wörter im plattd. ein z und
kein t haben. Sind ſie nun mit hochd. ausſprache ins
niederd. aufgenommen worden? oder hat ihr hochd.
ziſchlaut andere bedentung, als gewöhnlich? zagun
(ignavi) zagaheit (ignavia) kennen bereits alth. denkmähler.

gemination. (TT) dem mittelh. tz parallel, nicht
dem ƷƷ, ſtatt welches hier richtiger einfaches t gilt,
vgl. water (aqua) nëtele (urtica) hat, hates (odium).
Beiſpiele ſind: ſëtten (ponere) lëttel (parum) ſitten (ſe-
dere) hitte (calor) pit, pittes (puteus) lëtten (impedire)
ſmëtten (maculare) wët, pl. wëtten (leges) ſcat, ſcattes
(theſ.) dit, ſeltner ditte (hoc, : hitte Maerl. 2, 76.) vët,
vëttes (pinguis) *) ſot, ſottes (fatuus) etc. Folgt in der
flexion noch ein t, ſo wird das wurzelhafte tt. auslau-

*) Angelſ. fät, fättes; altn. feitr, alth. feiƷit (= gifeiƷit, ſa-
ginatus) mittelh. feiƷt.
I i
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[497/0523] I. mittelniederländiſche conſonanten. linguales. folgere, auch dieſes ſch. iſt kein ziſch, ſondern verbin- dung des ſauſe- mit dem kehllaut, gewiſſermaßen ein aſpirierter ſauſelaut (ſh) wie das niederl. auslautende ſ das hſ. vertritt. Ferner hat das niederl. z keine ge- meinſchaft mit dem goth. z (ſ. 65.) welches nie anlau- tet, conſ. hinter ſich leidet (razn, huzd) und ſich viel- mehr mit dem r berührt. — Dieſe erörterung des neu- niederl. ſ und z. muſte vorweg erfolgen, um die be- antwortung der frage möglich zu machen: ob ein ſol- ches z bereits im mittelniederl. eintritt? Die denkmäh- ler zeigen es in der regel noch nicht, ſie ſchreiben ſake, ſal, ſeide wie ſlaep, was; ausnahmsweiſe und ein- zeln, d. h. ohne conſequenz, ſetzen hſſ. des 14. 15. jahrh. freilich zake, zin, ziele etc.; beiſpiele auf allen bogen der ausg. Maerl. und Stokes, auch im Rein. kann man ſie aufſchlagen (320. ſteht zat, ziere, zye, zêre, zwoer, zwaer neben ſach, ſîn, îſingrên, wëſen, ſoude). Entſcheiden müſten die älteſten, fleißigſten hſſ; vorläu- fig enthalte ich mich in der mittelniederl. grammatik aller z für ſ. — Übrigens gibt es einige wenige niederl. wörter, deren anlautendes ſ. dem hochd. z. begegnet; anders ausgedrückt, wo dem hochd. z kein niederd. t entſpricht. Die merkwürdigſten beiſpiele ſind: ſâ (in- terj.) verſaghet (vecors) Maerl. 1, 453. 2, 249. ſaghe Rein. 287. vermuthlich auch ſidderen (tremere) mittelh. zâ (oben ſ. 341.) verzaget, zittern, neuniederl. tſa, vertſaagt, tſidderen geſchrieben. Hier iſt der wirkliche ziſchlaut unbezwei- felbar, daher auch dieſe wörter im plattd. ein z und kein t haben. Sind ſie nun mit hochd. ausſprache ins niederd. aufgenommen worden? oder hat ihr hochd. ziſchlaut andere bedentung, als gewöhnlich? zagun (ignavi) zagaheit (ignavia) kennen bereits alth. denkmähler. gemination. (TT) dem mittelh. tz parallel, nicht dem ƷƷ, ſtatt welches hier richtiger einfaches t gilt, vgl. water (aqua) nëtele (urtica) hat, hates (odium). Beiſpiele ſind: ſëtten (ponere) lëttel (parum) ſitten (ſe- dere) hitte (calor) pit, pittes (puteus) lëtten (impedire) ſmëtten (maculare) wët, pl. wëtten (leges) ſcat, ſcattes (theſ.) dit, ſeltner ditte (hoc, : hitte Maerl. 2, 76.) vët, vëttes (pinguis) *) ſot, ſottes (fatuus) etc. Folgt in der flexion noch ein t, ſo wird das wurzelhafte tt. auslau- *) Angelſ. fät, fättes; altn. feitr, alth. feiƷit (= gifeiƷit, ſa- ginatus) mittelh. feiƷt. I i

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/523>, abgerufen am 22.11.2024.