Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.I. gothische vocale. 3) die analogie anderer stämme, welche uo oder o in denfällen des goth. o setzen. 4) unstatthaftigkeit der ge- mination nach dem o. -- Man spreche es allenthalben gedehnt, wie oo; außer den ablauten und endungen haben es zumahl folgende goth. wörter: o! dobn (ob- mutesce) drobnan (turbari). groba (fovea). fodr (vagina). fodjan (nutrire). flodus (fluctus). frods (prudens) gods (kalos). knods (genus). mods (ira). rodjan (loqui). ana- stodjan (incipere). vods (demens). gadofs (conveniens). lofa (manus). -dogs (-tägig) ogan (timere). svogjan (in- gemiscere). hoha (aratrum) rohsn (atrium). skohs (cal- ceus). skohsl (daemon). vrohs (accusatio). stojan (judicare). toja (opera). boka (liber). sokjan (quaerere). vokrs (fructus). goljan (salutare). holon (defraudare). stols (thronus). bloma (flos) doms (judicium). fon (ignis). hvopan (glo- riari) hropjan (clamare). vopjan (clamare). hors (adulter). blotan (colere). botjan (prodesse). fotus (pes). hrot (tectum). hvotjan (increpare). kroton (thlaein) mota (telonium). motjan (occurrere) nota (puppis). bloth (sanguis). brothar (frater). sothjan (saturare). Einige wurzeln könnten aus goth. eigennamen zugefügt werden als, konimundus, totila (totilas, alth. zuoßilo) etc. Die vergleichung lat. und gr. stämme scheint hier unergiebiger, doch stimmen flos und pous etwa mit bloma, fotus, obgleich der gen. podos, pedis correption erleidet; gerade in diesem wort ist die dehnung für alle deutschen sprachen ausgemacht. Erwägt man, daß in ihnen das kurze a in o ablautet, so wird klar, daß die oben bei dem a angeführten pa- rallelen lat. o ebenwohl hier bei dem o ein paralleles a zulaßen, folglich brothar, sothjan mit frater, saturare verglichen werden dürfen, obschon bei dem o sowohl als a die lat. kürzen und längen nicht immer entspre- chen, frods scheint das lat. praudens und zugleich das gr. phrades, wie das goth. froths sichtbarer ablaut von frathjan. -- Einiges bedenken verursacht mir fon (ignis) mit der schwachen nebenform funa, so wie in der en- dung -nda st. -oda zweimahl auffällt (s. die passive conjugation); vgl. ainohun und ainuhun beim unbest. pronomen lauhmoni und lauhmuni; vidovo, viduvo und einige andere dergl. In den eudungen ließe sich der übergang des unbetonten o in ein kurzes u begreifen, schwerer zwischen den wurzeln fon und funa, doch mag ich (des nord. funi wegen) weder fauna, noch ein sonst ganz allein stehendes fon annehmen; wondon Luc. 20, 12. scheint schreibf. für wundon. I. gothiſche vocale. 3) die analogie anderer ſtämme, welche uo oder ô in denfällen des goth. ô ſetzen. 4) unſtatthaftigkeit der ge- mination nach dem ô. — Man ſpreche es allenthalben gedehnt, wie oo; außer den ablauten und endungen haben es zumahl folgende goth. wörter: ô! dôbn (ob- muteſce) drôbnan (turbarí). grôba (fovea). fôdr (vagina). fôdjan (nutrire). flôdus (fluctus). frôds (prudens) gôds (καλὸς). knôds (genus). môds (ira). rôdjan (loqui). ana- ſtôdjan (incipere). vôds (demens). gadôfs (conveniens). lôfa (manus). -dôgs (-tägig) ôgan (timere). ſvôgjan (in- gemiſcere). hôha (aratrum) rôhſn (atrium). ſkôhs (cal- ceus). ſkôhſl (daemon). vrôhs (accuſatio). ſtôjan (judicare). tôja (opera). bôka (liber). ſôkjan (quaerere). vôkrs (fructus). gôljan (ſalutare). hôlôn (defraudare). ſtôls (thronus). blôma (flos) dôms (judicium). fôn (ignis). hvôpan (glo- riari) hrôpjan (clamare). vôpjan (clamare). hôrs (adulter). blôtan (colere). bôtjan (prodeſſe). fôtus (pes). hrôt (tectum). hvôtjan (increpare). krôtôn (θλάειν) môta (telonium). môtjan (occurrere) nôta (puppis). blôþ (ſanguis). brôþar (frater). ſôþjan (ſaturare). Einige wurzeln könnten aus goth. eigennamen zugefügt werden als, kônimundus, tôtila (τωτίλας, alth. zuoƷilo) etc. Die vergleichung lat. und gr. ſtämme ſcheint hier unergiebiger, doch ſtimmen flôs und ποῦς etwa mit blôma, fôtus, obgleich der gen. ποδὸς, pedis correption erleidet; gerade in dieſem wort iſt die dehnung für alle deutſchen ſprachen ausgemacht. Erwägt man, daß in ihnen das kurze a in ô ablautet, ſo wird klar, daß die oben bei dem a angeführten pa- rallelen lat. o ebenwohl hier bei dem ô ein paralleles a zulaßen, folglich brôþar, ſôþjan mit frater, ſaturare verglichen werden dürfen, obſchon bei dem o ſowohl als a die lat. kürzen und längen nicht immer entſpre- chen, frôds ſcheint das lat. prûdens und zugleich das gr. φραδὴς, wie das goth. frôþs ſichtbarer ablaut von fraþjan. — Einiges bedenken verurſacht mir fôn (ignis) mit der ſchwachen nebenform funa, ſo wie in der en- dung -nda ſt. -ôda zweimahl auffällt (ſ. die paſſive conjugation); vgl. áinôhun und áinuhun beim unbeſt. pronomen laúhmôni und laúhmuni; vidôvô, viduvô und einige andere dergl. In den eudungen ließe ſich der übergang des unbetonten ô in ein kurzes u begreifen, ſchwerer zwiſchen den wurzeln fôn und funa, doch mag ich (des nord. funi wegen) weder fûna, noch ein ſonſt ganz allein ſtehendes fon annehmen; wôndôn Luc. 20, 12. ſcheint ſchreibf. für wundôn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0066" n="40"/><fw place="top" type="header">I. <hi rendition="#i">gothiſche vocale.</hi></fw><lb/> 3) die analogie anderer ſtämme, welche <hi rendition="#i">uo</hi> oder <hi rendition="#i">ô</hi> in den<lb/> fällen des goth. ô ſetzen. 4) unſtatthaftigkeit der ge-<lb/> mination nach dem ô. — Man ſpreche es allenthalben<lb/> gedehnt, wie oo; außer den ablauten und endungen<lb/> haben es zumahl folgende goth. wörter: ô! dôbn (ob-<lb/> muteſce) drôbnan (turbarí). grôba (fovea). fôdr (vagina).<lb/> fôdjan (nutrire). flôdus (fluctus). frôds (prudens) gôds<lb/> (<hi rendition="#i">καλὸς</hi>). knôds (genus). môds (ira). rôdjan (loqui). ana-<lb/> ſtôdjan (incipere). vôds (demens). gadôfs (conveniens).<lb/> lôfa (manus). -dôgs (-tägig) ôgan (timere). ſvôgjan (in-<lb/> gemiſcere). hôha (aratrum) rôhſn (atrium). ſkôhs (cal-<lb/> ceus). ſkôhſl (daemon). vrôhs (accuſatio). ſtôjan (judicare).<lb/> tôja (opera). bôka (liber). ſôkjan (quaerere). vôkrs (fructus).<lb/> gôljan (ſalutare). hôlôn (defraudare). ſtôls (thronus).<lb/> blôma (flos) dôms (judicium). fôn (ignis). hvôpan (glo-<lb/> riari) hrôpjan (clamare). vôpjan (clamare). hôrs (adulter).<lb/> blôtan (colere). bôtjan (prodeſſe). fôtus (pes). hrôt (tectum).<lb/> hvôtjan (increpare). krôtôn (<hi rendition="#i">θλάειν</hi>) môta (telonium).<lb/> môtjan (occurrere) nôta (puppis). blôþ (ſanguis). brôþar<lb/> (frater). ſôþjan (ſaturare). 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I. gothiſche vocale.
3) die analogie anderer ſtämme, welche uo oder ô in den
fällen des goth. ô ſetzen. 4) unſtatthaftigkeit der ge-
mination nach dem ô. — Man ſpreche es allenthalben
gedehnt, wie oo; außer den ablauten und endungen
haben es zumahl folgende goth. wörter: ô! dôbn (ob-
muteſce) drôbnan (turbarí). grôba (fovea). fôdr (vagina).
fôdjan (nutrire). flôdus (fluctus). frôds (prudens) gôds
(καλὸς). knôds (genus). môds (ira). rôdjan (loqui). ana-
ſtôdjan (incipere). vôds (demens). gadôfs (conveniens).
lôfa (manus). -dôgs (-tägig) ôgan (timere). ſvôgjan (in-
gemiſcere). hôha (aratrum) rôhſn (atrium). ſkôhs (cal-
ceus). ſkôhſl (daemon). vrôhs (accuſatio). ſtôjan (judicare).
tôja (opera). bôka (liber). ſôkjan (quaerere). vôkrs (fructus).
gôljan (ſalutare). hôlôn (defraudare). ſtôls (thronus).
blôma (flos) dôms (judicium). fôn (ignis). hvôpan (glo-
riari) hrôpjan (clamare). vôpjan (clamare). hôrs (adulter).
blôtan (colere). bôtjan (prodeſſe). fôtus (pes). hrôt (tectum).
hvôtjan (increpare). krôtôn (θλάειν) môta (telonium).
môtjan (occurrere) nôta (puppis). blôþ (ſanguis). brôþar
(frater). ſôþjan (ſaturare). Einige wurzeln könnten aus
goth. eigennamen zugefügt werden als, kônimundus,
tôtila (τωτίλας, alth. zuoƷilo) etc. Die vergleichung lat.
und gr. ſtämme ſcheint hier unergiebiger, doch ſtimmen
flôs und ποῦς etwa mit blôma, fôtus, obgleich der gen.
ποδὸς, pedis correption erleidet; gerade in dieſem wort
iſt die dehnung für alle deutſchen ſprachen ausgemacht.
Erwägt man, daß in ihnen das kurze a in ô ablautet,
ſo wird klar, daß die oben bei dem a angeführten pa-
rallelen lat. o ebenwohl hier bei dem ô ein paralleles
a zulaßen, folglich brôþar, ſôþjan mit frater, ſaturare
verglichen werden dürfen, obſchon bei dem o ſowohl
als a die lat. kürzen und längen nicht immer entſpre-
chen, frôds ſcheint das lat. prûdens und zugleich das
gr. φραδὴς, wie das goth. frôþs ſichtbarer ablaut von
fraþjan. — Einiges bedenken verurſacht mir fôn (ignis)
mit der ſchwachen nebenform funa, ſo wie in der en-
dung -nda ſt. -ôda zweimahl auffällt (ſ. die paſſive
conjugation); vgl. áinôhun und áinuhun beim unbeſt.
pronomen laúhmôni und laúhmuni; vidôvô, viduvô und
einige andere dergl. In den eudungen ließe ſich der
übergang des unbetonten ô in ein kurzes u begreifen,
ſchwerer zwiſchen den wurzeln fôn und funa, doch
mag ich (des nord. funi wegen) weder fûna, noch ein
ſonſt ganz allein ſtehendes fon annehmen; wôndôn
Luc. 20, 12. ſcheint ſchreibf. für wundôn.
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