11) in IX. sind keine stämme iul, ium. iun. iur: in VIII. keine eil, eim, eir; in VII. keine am vorhanden (von an das einzige anan); und wiewohl mir scheint, daß sie vor zeiten dagewesen seyn können, mithin ihre ausschließung nicht im wesen dieser conjug. liegt; so mag doch die natur dieser liq. widerstand gegen den ablaut begründen.
12) auf dem unterschiede zwischen mut. und liq. beruht auch gerade die trennung von X. und XI., welche sich nahe liegen und später in einander verschwim- men; zu X. gehören stämme, wo einfache muta, zu XI. wo einfache liq. dem kurzen i folgt (die form in scheint auch hier ausgegangen).
13) XII. befaßt lauter stämme, wo ursprünglichem i liq. cum muta oder geminierte liq. nachfolgt; die mit a vor liq. cum mut. und liq. gem. fallen meistens in I, einige in VII. --
D) die schwache conj. bildet ihr praet. nicht durch re- dupl. oder ablautung der wurzel, sondern durch die zwischen verbum und personenflexion eingeschaltete lingualis d (alth. t), über deren sinn ich mich erst am schluße des capitels erkläre. Diese schwache conj. begreift unerläßlich abgeleitete wörter, womit nicht gesagt wird, daß der starken nothwendig wurzeln ge- bühren. Bloß das ist zu behaupten, daß alle reine wurzeln immer stark flectieren; ableitungen mit star- ker flexion sind selten und scheinen die verwachsung eines ableitenden cons. in die wurzel vorauszusetzen. Ein beispiel wäre das goth. saltan, saisalt aus sal-t-an (nach s. 825.); mehrere wird die alth. conj. XII. ver- deutlichen. Sichtbar ist die starke conj. die ursprüng- liche, ihre bewegungen geschehen freier, vollständi- ger, als die der schwachen. Auch das bewährt diese ansicht, daß die starke flexion stufenweise versinkt und ausstirbt, die schwache aber um sich greift; daß fremdher eingeführte verba beständig der schwachen unterworfen werden, kaum an der starken theilneh- men können (späterhin doch einige ausnahmen hier- von). Mischungen beider formen werden unter den anomalien abgehandelt.
II. von der conjugation im allgemeinen.
11) in IX. ſind keine ſtämme iul, ium. iun. iur: in VIII. keine eil, eim, eir; in VII. keine am vorhanden (von an das einzige anan); und wiewohl mir ſcheint, daß ſie vor zeiten dageweſen ſeyn können, mithin ihre ausſchließung nicht im weſen dieſer conjug. liegt; ſo mag doch die natur dieſer liq. widerſtand gegen den ablaut begründen.
12) auf dem unterſchiede zwiſchen mut. und liq. beruht auch gerade die trennung von X. und XI., welche ſich nahe liegen und ſpäter in einander verſchwim- men; zu X. gehören ſtämme, wo einfache muta, zu XI. wo einfache liq. dem kurzen i folgt (die form in ſcheint auch hier ausgegangen).
13) XII. befaßt lauter ſtämme, wo urſprünglichem i liq. cum muta oder geminierte liq. nachfolgt; die mit a vor liq. cum mut. und liq. gem. fallen meiſtens in I, einige in VII. —
D) die ſchwache conj. bildet ihr praet. nicht durch re- dupl. oder ablautung der wurzel, ſondern durch die zwiſchen verbum und perſonenflexion eingeſchaltete lingualis d (alth. t), über deren ſinn ich mich erſt am ſchluße des capitels erkläre. Dieſe ſchwache conj. begreift unerläßlich abgeleitete wörter, womit nicht geſagt wird, daß der ſtarken nothwendig wurzeln ge- bühren. Bloß das iſt zu behaupten, daß alle reine wurzeln immer ſtark flectieren; ableitungen mit ſtar- ker flexion ſind ſelten und ſcheinen die verwachſung eines ableitenden conſ. in die wurzel vorauszuſetzen. Ein beiſpiel wäre das goth. ſaltan, ſáiſalt aus ſal-t-an (nach ſ. 825.); mehrere wird die alth. conj. XII. ver- deutlichen. Sichtbar iſt die ſtarke conj. die urſprüng- liche, ihre bewegungen geſchehen freier, vollſtändi- ger, als die der ſchwachen. Auch das bewährt dieſe anſicht, daß die ſtarke flexion ſtufenweiſe verſinkt und ausſtirbt, die ſchwache aber um ſich greift; daß fremdher eingeführte verba beſtändig der ſchwachen unterworfen werden, kaum an der ſtarken theilneh- men können (ſpäterhin doch einige ausnahmen hier- von). Miſchungen beider formen werden unter den anomalien abgehandelt.
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II. von der conjugation im allgemeinen.
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keine eil, eim, eir; in VII. keine am vorhanden (von
an das einzige anan); und wiewohl mir ſcheint, daß
ſie vor zeiten dageweſen ſeyn können, mithin ihre
ausſchließung nicht im weſen dieſer conjug. liegt;
ſo mag doch die natur dieſer liq. widerſtand gegen
den ablaut begründen.
12) auf dem unterſchiede zwiſchen mut. und liq. beruht
auch gerade die trennung von X. und XI., welche
ſich nahe liegen und ſpäter in einander verſchwim-
men; zu X. gehören ſtämme, wo einfache muta, zu
XI. wo einfache liq. dem kurzen i folgt (die form in
ſcheint auch hier ausgegangen).
13) XII. befaßt lauter ſtämme, wo urſprünglichem i liq.
cum muta oder geminierte liq. nachfolgt; die mit a
vor liq. cum mut. und liq. gem. fallen meiſtens in I,
einige in VII. —
D) die ſchwache conj. bildet ihr praet. nicht durch re-
dupl. oder ablautung der wurzel, ſondern durch die
zwiſchen verbum und perſonenflexion eingeſchaltete
lingualis d (alth. t), über deren ſinn ich mich erſt am
ſchluße des capitels erkläre. Dieſe ſchwache conj.
begreift unerläßlich abgeleitete wörter, womit nicht
geſagt wird, daß der ſtarken nothwendig wurzeln ge-
bühren. Bloß das iſt zu behaupten, daß alle reine
wurzeln immer ſtark flectieren; ableitungen mit ſtar-
ker flexion ſind ſelten und ſcheinen die verwachſung
eines ableitenden conſ. in die wurzel vorauszuſetzen.
Ein beiſpiel wäre das goth. ſaltan, ſáiſalt aus ſal-t-an
(nach ſ. 825.); mehrere wird die alth. conj. XII. ver-
deutlichen. Sichtbar iſt die ſtarke conj. die urſprüng-
liche, ihre bewegungen geſchehen freier, vollſtändi-
ger, als die der ſchwachen. Auch das bewährt dieſe
anſicht, daß die ſtarke flexion ſtufenweiſe verſinkt
und ausſtirbt, die ſchwache aber um ſich greift; daß
fremdher eingeführte verba beſtändig der ſchwachen
unterworfen werden, kaum an der ſtarken theilneh-
men können (ſpäterhin doch einige ausnahmen hier-
von). Miſchungen beider formen werden unter den
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/865>, abgerufen am 22.11.2024.
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