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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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nachtrag.
cancettan (cachinnari) lysettan? (adulari) sprangettan (pal-
pitare). -- mhd. blinzen Parc. 187c Reinh. 135; blikze
(fulgur) MS. 2, 166b; brunzen a. w. 2, 56; für irzen hat
das lied von Anno 466. igizin, fehlerhaft, der cod. pal.
361. beßer iecin (iezin) cod. guelferb. irrizen; wuchzen steht
auch livl. 69a. -- nhd. auch psetzen. -- aus der oestr.
mundart noch folgende: sogazen (schlucken) gigazen (stot-
tern) himmelazen (wetterleuchten) juchazen (jauchzen)
krokazen (rülpsen) lachazen (lechzen) napfazen (schläfrig
kopfnicken) munkazen (murmeln) nischazen (niesen) nua-
gazen (schwanken) quekazen (quixen) schwoamazen (ohn-
mächtig werden) schnupfazen (schnaufen) wiagazen (hin
und her bewegen). -- 219, 34. die schreibung albiße f.
albiße (1, 162. note) ist N. Cap. 37. zu finden. -- 220.
muniß oder muniz? ist T. 126. masc. Das goth. thai
militondans (strateuomenoi) Luc. 3, 14. ist zwar lateini-
sches ursprungs, aber wahrscheinlich schon vor Ulf. ins
goth. aufgenommen, so wie in andere deutsche dialecte,
vgl. milizo (militum) ker. 68. 74. Ein bisher unbekann-
tes wort knellizze (scinifes, vom gr. sknips, skinips, mücke,
würmlein) sg. knelliz? gl. carlsr., verwandt mit knellen, knil-
len, knicken? aber sgall. 201. scifes mizun?; lenzo aus lengizo,
lengizin? (vgl. s. 510.); einem ags. rymette (spatium), wenn
Lyes angabe richtig, weiß ich kein ähnliches ahd. raumiß.
souuilizzo (calor) ker. 22. f. suilizo gehört wie suilizunga
(s. 361.) zu suelan nr. 317. und setzt ein verb. suilizan
oder suilazan voraus, doch N. 101, 3. hat suilizon. Es
gab ein ahd. adj. gremizi? (tristis) vgl. gremiz-aß (triste)
mons. 352. gremizju (perturbata) mons. 392. gremize (tri-
stes) mons. 356. wovon das verb. gremizon s. 217. her-
rührt, vgl. gremezi (ira) N. p. 264b, 27. -- 221, 16. ge-
emeßot (exercitatus) N. 118, 78. -- 222, 17. hierher auch
angweißo (pustula) angweißono (papularum) mons. 322?
-- 222, 23. meldo, ags. melta, ahd. smilzu. -- 226, 5. da
die verschiednen schriftzeichen th und d (= th, dh) im-
mer auch hinweisen auf eine verschiedne aussprache, da
th nur anlautend, d nur in- und auslautend gesetzt wird
und d der reinen media näher kommt als th; so mag das
altn. d, wie es in den meisten fällen von Rask gebraucht
wird, den beginn der in den in- und auslauten stattfin-
denden verderbnis des th anzeigen, folglich eine mittel-
stufe zwischen ihm und dem d einnehmen. Die lautreihe
wäre demnach: th, d, d; wofür goth. bloß th, d; streng-
ahd. bloß d, t. Eine analoge mittelstufe mag das ahd. ß
darbieten, nämlich ß sich zu z verhalten, wie d zu th;

nachtrag.
cancettan (cachinnari) lyſettan? (adulari) ſprangettan (pal-
pitare). — mhd. blinzen Parc. 187c Reinh. 135; blikze
(fulgur) MS. 2, 166b; brunzen a. w. 2, 56; für irzen hat
das lied von Anno 466. igizin, fehlerhaft, der cod. pal.
361. beßer iecin (iezin) cod. guelferb. irrizen; wuchzen ſteht
auch livl. 69a. — nhd. auch pſetzen. — aus der oeſtr.
mundart noch folgende: ſogazen (ſchlucken) gigazen (ſtot-
tern) himmelazen (wetterleuchten) juchazen (jauchzen)
krokazen (rülpſen) lachazen (lechzen) napfazen (ſchläfrig
kopfnicken) munkazen (murmeln) niſchazen (nieſen) nua-
gazen (ſchwanken) quekazen (quixen) ſchwoamazen (ohn-
mächtig werden) ſchnupfazen (ſchnaufen) wiagazen (hin
und her bewegen). — 219, 34. die ſchreibung albiſze f.
albiƷe (1, 162. note) iſt N. Cap. 37. zu finden. — 220.
muniƷ oder muniz? iſt T. 126. maſc. Das goth. þái
militôndans (στρατευόμενοι) Luc. 3, 14. iſt zwar lateini-
ſches urſprungs, aber wahrſcheinlich ſchon vor Ulf. ins
goth. aufgenommen, ſo wie in andere deutſche dialecte,
vgl. milizô (militum) ker. 68. 74. Ein bisher unbekann-
tes wort knellizze (ſcinifes, vom gr. σκνίψ, σκινίψ, mücke,
würmlein) ſg. knelliz? gl. carlsr., verwandt mit knellen, knil-
len, knicken? aber ſgall. 201. ſcifes mizun?; lenzo aus lengizo,
lengizin? (vgl. ſ. 510.); einem agſ. rŷmette (ſpatium), wenn
Lyes angabe richtig, weiß ich kein ähnliches ahd. rûmiƷ.
ſouuilizzo (calor) ker. 22. f. ſuilizo gehört wie ſuilizunga
(ſ. 361.) zu ſuëlan nr. 317. und ſetzt ein verb. ſuilizan
oder ſuilazan voraus, doch N. 101, 3. hat ſuilizôn. Es
gab ein ahd. adj. gremizi? (triſtis) vgl. gremiz-aƷ (triſte)
monſ. 352. gremizju (perturbata) monſ. 392. gremizê (tri-
ſtes) monſ. 356. wovon das verb. gremizôn ſ. 217. her-
rührt, vgl. gremezi (ira) N. p. 264b, 27. — 221, 16. ge-
emeƷôt (exercitatus) N. 118, 78. — 222, 17. hierher auch
angweiƷo (puſtula) angweiƷôno (papularum) monſ. 322?
— 222, 23. μέλδω, agſ. mëlta, ahd. ſmilzu. — 226, 5. da
die verſchiednen ſchriftzeichen þ und ð (= th, dh) im-
mer auch hinweiſen auf eine verſchiedne ausſprache, da
þ nur anlautend, ð nur in- und auslautend geſetzt wird
und ð der reinen media näher kommt als þ; ſo mag das
altn. ð, wie es in den meiſten fällen von Raſk gebraucht
wird, den beginn der in den in- und auslauten ſtattfin-
denden verderbnis des þ anzeigen, folglich eine mittel-
ſtufe zwiſchen ihm und dem ð einnehmen. Die lautreihe
wäre demnach: þ, ð, d; wofür goth. bloß þ, d; ſtreng-
ahd. bloß d, t. Eine analoge mittelſtufe mag das ahd. Ʒ
darbieten, nämlich Ʒ ſich zu z verhalten, wie ð zu þ;

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[996/1014] nachtrag. cancettan (cachinnari) lyſettan? (adulari) ſprangettan (pal- pitare). — mhd. blinzen Parc. 187c Reinh. 135; blikze (fulgur) MS. 2, 166b; brunzen a. w. 2, 56; für irzen hat das lied von Anno 466. igizin, fehlerhaft, der cod. pal. 361. beßer iecin (iezin) cod. guelferb. irrizen; wuchzen ſteht auch livl. 69a. — nhd. auch pſetzen. — aus der oeſtr. mundart noch folgende: ſogazen (ſchlucken) gigazen (ſtot- tern) himmelazen (wetterleuchten) juchazen (jauchzen) krokazen (rülpſen) lachazen (lechzen) napfazen (ſchläfrig kopfnicken) munkazen (murmeln) niſchazen (nieſen) nua- gazen (ſchwanken) quekazen (quixen) ſchwoamazen (ohn- mächtig werden) ſchnupfazen (ſchnaufen) wiagazen (hin und her bewegen). — 219, 34. die ſchreibung albiſze f. albiƷe (1, 162. note) iſt N. Cap. 37. zu finden. — 220. muniƷ oder muniz? iſt T. 126. maſc. Das goth. þái militôndans (στρατευόμενοι) Luc. 3, 14. iſt zwar lateini- ſches urſprungs, aber wahrſcheinlich ſchon vor Ulf. ins goth. aufgenommen, ſo wie in andere deutſche dialecte, vgl. milizô (militum) ker. 68. 74. Ein bisher unbekann- tes wort knellizze (ſcinifes, vom gr. σκνίψ, σκινίψ, mücke, würmlein) ſg. knelliz? gl. carlsr., verwandt mit knellen, knil- len, knicken? aber ſgall. 201. ſcifes mizun?; lenzo aus lengizo, lengizin? (vgl. ſ. 510.); einem agſ. rŷmette (ſpatium), wenn Lyes angabe richtig, weiß ich kein ähnliches ahd. rûmiƷ. ſouuilizzo (calor) ker. 22. f. ſuilizo gehört wie ſuilizunga (ſ. 361.) zu ſuëlan nr. 317. und ſetzt ein verb. ſuilizan oder ſuilazan voraus, doch N. 101, 3. hat ſuilizôn. Es gab ein ahd. adj. gremizi? (triſtis) vgl. gremiz-aƷ (triſte) monſ. 352. gremizju (perturbata) monſ. 392. gremizê (tri- ſtes) monſ. 356. wovon das verb. gremizôn ſ. 217. her- rührt, vgl. gremezi (ira) N. p. 264b, 27. — 221, 16. ge- emeƷôt (exercitatus) N. 118, 78. — 222, 17. hierher auch angweiƷo (puſtula) angweiƷôno (papularum) monſ. 322? — 222, 23. μέλδω, agſ. mëlta, ahd. ſmilzu. — 226, 5. da die verſchiednen ſchriftzeichen þ und ð (= th, dh) im- mer auch hinweiſen auf eine verſchiedne ausſprache, da þ nur anlautend, ð nur in- und auslautend geſetzt wird und ð der reinen media näher kommt als þ; ſo mag das altn. ð, wie es in den meiſten fällen von Raſk gebraucht wird, den beginn der in den in- und auslauten ſtattfin- denden verderbnis des þ anzeigen, folglich eine mittel- ſtufe zwiſchen ihm und dem ð einnehmen. Die lautreihe wäre demnach: þ, ð, d; wofür goth. bloß þ, d; ſtreng- ahd. bloß d, t. Eine analoge mittelſtufe mag das ahd. Ʒ darbieten, nämlich Ʒ ſich zu z verhalten, wie ð zu þ;

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 996. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/1014>, abgerufen am 21.11.2024.