alth. ei (ovum) mit altn. egg; altn. a (flumen) mit alth. aha. Der vocal darf die wurzel anheben, z. b. goth. ab-a (vir) and-i (finis), beschließen nur in unablautba- ren partikeln, pronominal- und zahlwortsformen, wie: ni, bi, du, thu, ba, tva etc. nicht im eigentlichen ver- bum und nomen, d. h. höchstens scheinbar, bei abgefal- lenen consonanten, vgl. mhd. se, zwei mit goth. saivs, ags. tveig. Die consonanz der wurzel kann einfach sein, oder verbindung mehrerer. Der eine consonant, den sie geringsten falls hat, steht im nomen und verbum noth- wendig hinten, z. b. aus-o (auris), weit häufiger wird der vocal von zwei consonanten eingeschloßen: mal-an (molere). Es dürfen aber auch zweie anheben, zweie schließen: blind (coecum); zweie anheben und einer schließen: trud-an (calcare); einer anheben und zwei schließen: bind-an (nectere). Dreie heben an: sprauto (subito) alth. streit (pugna), schließen aber niemahls d. h. jeder auf den vocal folgende dritte cons. gehört der ab- leitung, z. b. kunst (ars) ist nothwendig kun-s-t *). Mithin sind fünf consonanten das höchste, was einer deut- schen wurzel gebührt, z. b. alth. streng-i (fortis), ge- wöhnlich zählt sie deren zwei, drei, vier, selten fünfe und einen.
Die reihen starker conjugation ordnen sich nach dem einfachen oder doppelten cons., welcher die wurzel schließt; auf die anlautende consonanz kommt nichts da- bei an. Auch die wortbildungslehre scheint der conso- nantanlaut wenig anzugehen, weil die ableitung hinten, nicht vornen zufügt und anlaute insgemein dauerhafter, als auslaute sind. Gleichwohl blicken hin und wieder in dem anlaut verdächtige, d. h. unursprünglichkeit ver- rathende elemente durch, die eine tiefer greifende unter- suchung auszuscheiden hätte; wer übersieht z. b. die ver- wandtschaft zwischen dem goth. auso (auris) und hauljan (audire) alth. ora, horjan? Ein so fuhlbares verhältnis weiß unsere sprache nicht mehr nachzuweisen **) und
*) Einziger einwand gegen diesen grundsatz kann aus den adj. perht (lueidus) zorht (splendidus) vorht (timens) herge- nommen werden; davon cap. 3. in der anmerkung über die verbal-adjectiva.
**) Noch näher liegen sich lat. auris und audire, directe ab- leitung scheint auch dabei unthunlich; vgl. litth. ausis (au- ris) mit klausyti (audire) d. h. alth. hlos[e]n.
III. wortbildung. einleitung.
alth. ei (ovum) mit altn. egg; altn. â (flumen) mit alth. aha. Der vocal darf die wurzel anheben, z. b. goth. ab-a (vir) and-i (finis), beſchließen nur in unablautba- ren partikeln, pronominal- und zahlwortsformen, wie: ni, bi, du, þu, ba, tva etc. nicht im eigentlichen ver- bum und nomen, d. h. höchſtens ſcheinbar, bei abgefal- lenen conſonanten, vgl. mhd. ſê, zwî mit goth. ſáivs, agſ. tvîg. Die conſonanz der wurzel kann einfach ſein, oder verbindung mehrerer. Der eine conſonant, den ſie geringſten falls hat, ſteht im nomen und verbum noth- wendig hinten, z. b. áuſ-ô (auris), weit häufiger wird der vocal von zwei conſonanten eingeſchloßen: mal-an (molere). Es dürfen aber auch zweie anheben, zweie ſchließen: blind (coecum); zweie anheben und einer ſchließen: trud-an (calcare); einer anheben und zwei ſchließen: bind-an (nectere). Dreie heben an: ſpráutô (ſubito) alth. ſtrît (pugna), ſchließen aber niemahls d. h. jeder auf den vocal folgende dritte conſ. gehört der ab- leitung, z. b. kunſt (ars) iſt nothwendig kun-ſ-t *). Mithin ſind fünf conſonanten das höchſte, was einer deut- ſchen wurzel gebührt, z. b. alth. ſtreng-i (fortis), ge- wöhnlich zählt ſie deren zwei, drei, vier, ſelten fünfe und einen.
Die reihen ſtarker conjugation ordnen ſich nach dem einfachen oder doppelten conſ., welcher die wurzel ſchließt; auf die anlautende conſonanz kommt nichts da- bei an. Auch die wortbildungslehre ſcheint der conſo- nantanlaut wenig anzugehen, weil die ableitung hinten, nicht vornen zufügt und anlaute insgemein dauerhafter, als auslaute ſind. Gleichwohl blicken hin und wieder in dem anlaut verdächtige, d. h. unurſprünglichkeit ver- rathende elemente durch, die eine tiefer greifende unter- ſuchung auszuſcheiden hätte; wer überſieht z. b. die ver- wandtſchaft zwiſchen dem goth. áuſô (auris) und háuljan (audire) alth. ôra, hôrjan? Ein ſo fuhlbares verhältnis weiß unſere ſprache nicht mehr nachzuweiſen **) und
*) Einziger einwand gegen dieſen grundſatz kann aus den adj. përht (lueidus) zorht (ſplendidus) vorht (timens) herge- nommen werden; davon cap. 3. in der anmerkung über die verbal-adjectiva.
**) Noch näher liegen ſich lat. auris und audire, directe ab- leitung ſcheint auch dabei unthunlich; vgl. litth. auſis (au- ris) mit klauſyti (audire) d. h. alth. hloſ[e]n.
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III. wortbildung. einleitung.
alth. ei (ovum) mit altn. egg; altn. â (flumen) mit alth.
aha. Der vocal darf die wurzel anheben, z. b. goth.
ab-a (vir) and-i (finis), beſchließen nur in unablautba-
ren partikeln, pronominal- und zahlwortsformen, wie:
ni, bi, du, þu, ba, tva etc. nicht im eigentlichen ver-
bum und nomen, d. h. höchſtens ſcheinbar, bei abgefal-
lenen conſonanten, vgl. mhd. ſê, zwî mit goth. ſáivs,
agſ. tvîg. Die conſonanz der wurzel kann einfach ſein,
oder verbindung mehrerer. Der eine conſonant, den ſie
geringſten falls hat, ſteht im nomen und verbum noth-
wendig hinten, z. b. áuſ-ô (auris), weit häufiger wird
der vocal von zwei conſonanten eingeſchloßen: mal-an
(molere). Es dürfen aber auch zweie anheben, zweie
ſchließen: blind (coecum); zweie anheben und einer
ſchließen: trud-an (calcare); einer anheben und zwei
ſchließen: bind-an (nectere). Dreie heben an: ſpráutô
(ſubito) alth. ſtrît (pugna), ſchließen aber niemahls d. h.
jeder auf den vocal folgende dritte conſ. gehört der ab-
leitung, z. b. kunſt (ars) iſt nothwendig kun-ſ-t *).
Mithin ſind fünf conſonanten das höchſte, was einer deut-
ſchen wurzel gebührt, z. b. alth. ſtreng-i (fortis), ge-
wöhnlich zählt ſie deren zwei, drei, vier, ſelten fünfe
und einen.
Die reihen ſtarker conjugation ordnen ſich nach dem
einfachen oder doppelten conſ., welcher die wurzel
ſchließt; auf die anlautende conſonanz kommt nichts da-
bei an. Auch die wortbildungslehre ſcheint der conſo-
nantanlaut wenig anzugehen, weil die ableitung hinten,
nicht vornen zufügt und anlaute insgemein dauerhafter,
als auslaute ſind. Gleichwohl blicken hin und wieder in
dem anlaut verdächtige, d. h. unurſprünglichkeit ver-
rathende elemente durch, die eine tiefer greifende unter-
ſuchung auszuſcheiden hätte; wer überſieht z. b. die ver-
wandtſchaft zwiſchen dem goth. áuſô (auris) und háuljan
(audire) alth. ôra, hôrjan? Ein ſo fuhlbares verhältnis
weiß unſere ſprache nicht mehr nachzuweiſen **) und
*) Einziger einwand gegen dieſen grundſatz kann aus den
adj. përht (lueidus) zorht (ſplendidus) vorht (timens) herge-
nommen werden; davon cap. 3. in der anmerkung über
die verbal-adjectiva.
**) Noch näher liegen ſich lat. auris und audire, directe ab-
leitung ſcheint auch dabei unthunlich; vgl. litth. auſis (au-
ris) mit klauſyti (audire) d. h. alth. hloſen.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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