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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. subst. eigentl. comp. -- subst. mit adj.
kungen: 1) der ursprüngliche begriff der ähnlichkeit hat
sich schon in der alten sprache verloren in die mehrdeu-
tige allgemeinheit fast einer bloßen ableitungssilbe; daher
in einzelnen fälleu dialectisches schwanken zwischen com-
position mit-lich und derivation mit -isch, z. b. ags. heißt
es heofon-leic (selten heofon-isc) engl. heaven-ly, ahd.
himil-isc, nicht himil-leih; mhd. scheinen kind-esch und
kint-lich beinahe gleichviel (a. Heinr. 199b. c.), nhd. schei-
den sich beide in der bedeutung. Offenbar ist das -isch
noch gehaltloser, als das -lich und wohl jenes, nicht aber
dieses dient zu bloß genitivischem begriff, z. b. eben ge-
nitivlich läßt sich nicht sagen. Daher das ahd. chuning-
isc genau genommen durch regius, chuninc-leih durch
regalis zu übersetzen wäre, vgl. chuningisc kerta (baculus
regis) jun. 250. und chunincleihher rinc mons. 407. welches
mehr nachdruck auf die würde legt. Nicht anders ver-
halten sich weraltisc (mundanus) weraltleih (secularis),
jenes zu himilisc gegensatz, dieses zu keist-leih, atum-leih. --
2) des nhd. -ig für -lich und -lich für -iht ist s. 305.
382. gedacht worden, doch fallen die beispiele des letztern
nicht in die subst. comp. Engl. gilt meistens -ly statt -like.
-- 3) das nhd. -lich weckt in dem ersten einsilbigen wort
den umlaut (ausg. gast-l.); in zweisilbigem zuweilen (müt-
ter-l. väter-l. läster-l. jämmer-l. kümmer-l.) nicht über-
all (adel-l. herzog-l. wunder-l. jugend-l. abend-l.). Viel
unentschiedner ist der mhd. umlaut, z. b. schame-l. gote-
l. neben scheme-l. göte-l., jamer-l. neben jaemer-l. kaum
höve-l. köne-l., noch weniger zörn-l. -- 4) wir haben
gesehen, daß bloß die nord. mundart hier uneigentlich
mit dem gen. componiert; die ahd. bietet noch eine be-
sondere, im mhd. seltnere, aber nicht ganz verwischte
erscheinung dar: -leih bedeutet zuweilen jeder, das dazu
gehörige subst. wird im gen. pl. vorhergesetzt. Daß in
den folgenden beispielen keine eigentl. zus. setzung walte,
lehrt das bisweilen hinzugefügte adj. allero; der lose gen.
ist gleichwohl in uneigentliche comp. getreten, wo sich
das o der flexion in a, i assimilieren, ja (bei N.) in e ver-
wandeln kann. O. hat schwankend manno-leih, manna-
leih, manni-leih (omnis homo) I. 3, 80. III. 20, 77. 21, 47.
V. 1, 35, 47, 58, 71, 82, 94; io-manno-gileih Lud. 16.
weibi-leih (omnis mulier) IV. 26, 70; friunti-leih (omnis
amicus) V. 1, 59, 70. 4, 5. lido-leih (quodvis membrum)
I. 18, 34. N. manno-leih 63, 10. 103, 23. 118, 1. rosso-leih
(omnis cquus) 31, 9. dingo-leih (omnis res) Boeth. 162.
168. 169; allero dingo-leih Boeth. 165. 169. boume-leih (omnis

III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit adj.
kungen: 1) der urſprüngliche begriff der ähnlichkeit hat
ſich ſchon in der alten ſprache verloren in die mehrdeu-
tige allgemeinheit faſt einer bloßen ableitungsſilbe; daher
in einzelnen fälleu dialectiſches ſchwanken zwiſchen com-
poſition mit-lich und derivation mit -iſch, z. b. agſ. heißt
es hëofon-lîc (ſelten hëofon-iſc) engl. heaven-ly, ahd.
himil-iſc, nicht himil-lîh; mhd. ſcheinen kind-eſch und
kint-lich beinahe gleichviel (a. Heinr. 199b. c.), nhd. ſchei-
den ſich beide in der bedeutung. Offenbar iſt das -iſch
noch gehaltloſer, als das -lich und wohl jenes, nicht aber
dieſes dient zu bloß genitiviſchem begriff, z. b. eben ge-
nitivlich läßt ſich nicht ſagen. Daher das ahd. chuning-
iſc genau genommen durch regius, chuninc-lîh durch
regalis zu überſetzen wäre, vgl. chuningiſc kerta (baculus
regis) jun. 250. und chuninclîhhêr rinc monſ. 407. welches
mehr nachdruck auf die würde legt. Nicht anders ver-
halten ſich wëraltiſc (mundanus) wëraltlîh (ſecularis),
jenes zu himiliſc gegenſatz, dieſes zu keiſt-lîh, âtum-lîh. —
2) des nhd. -ig für -lich und -lich für -iht iſt ſ. 305.
382. gedacht worden, doch fallen die beiſpiele des letztern
nicht in die ſubſt. comp. Engl. gilt meiſtens -ly ſtatt -like.
— 3) das nhd. -lich weckt in dem erſten einſilbigen wort
den umlaut (ausg. gaſt-l.); in zweiſilbigem zuweilen (müt-
ter-l. väter-l. läſter-l. jämmer-l. kümmer-l.) nicht über-
all (adel-l. herzog-l. wunder-l. jugend-l. âbend-l.). Viel
unentſchiedner iſt der mhd. umlaut, z. b. ſchame-l. gote-
l. neben ſcheme-l. göte-l., jâmer-l. neben jæmer-l. kaum
höve-l. köne-l., noch weniger zörn-l. — 4) wir haben
geſehen, daß bloß die nord. mundart hier uneigentlich
mit dem gen. componiert; die ahd. bietet noch eine be-
ſondere, im mhd. ſeltnere, aber nicht ganz verwiſchte
erſcheinung dar: -lîh bedeutet zuweilen jeder, das dazu
gehörige ſubſt. wird im gen. pl. vorhergeſetzt. Daß in
den folgenden beiſpielen keine eigentl. zuſ. ſetzung walte,
lehrt das bisweilen hinzugefügte adj. allero; der loſe gen.
iſt gleichwohl in uneigentliche comp. getreten, wo ſich
das o der flexion in a, i aſſimilieren, ja (bei N.) in e ver-
wandeln kann. O. hat ſchwankend manno-lîh, manna-
lîh, manni-lîh (omnis homo) I. 3, 80. III. 20, 77. 21, 47.
V. 1, 35, 47, 58, 71, 82, 94; io-manno-gilîh Lud. 16.
wîbi-lîh (omnis mulier) IV. 26, 70; friunti-lîh (omnis
amicus) V. 1, 59, 70. 4, 5. lido-lîh (quodvis membrum)
I. 18, 34. N. manno-lîh 63, 10. 103, 23. 118, 1. roſſo-lîh
(omnis cquus) 31, 9. dingo-lîh (omnis res) Boeth. 162.
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[569/0587] III. ſubſt. eigentl. comp. — ſubſt. mit adj. kungen: 1) der urſprüngliche begriff der ähnlichkeit hat ſich ſchon in der alten ſprache verloren in die mehrdeu- tige allgemeinheit faſt einer bloßen ableitungsſilbe; daher in einzelnen fälleu dialectiſches ſchwanken zwiſchen com- poſition mit-lich und derivation mit -iſch, z. b. agſ. heißt es hëofon-lîc (ſelten hëofon-iſc) engl. heaven-ly, ahd. himil-iſc, nicht himil-lîh; mhd. ſcheinen kind-eſch und kint-lich beinahe gleichviel (a. Heinr. 199b. c.), nhd. ſchei- den ſich beide in der bedeutung. Offenbar iſt das -iſch noch gehaltloſer, als das -lich und wohl jenes, nicht aber dieſes dient zu bloß genitiviſchem begriff, z. b. eben ge- nitivlich läßt ſich nicht ſagen. Daher das ahd. chuning- iſc genau genommen durch regius, chuninc-lîh durch regalis zu überſetzen wäre, vgl. chuningiſc kerta (baculus regis) jun. 250. und chuninclîhhêr rinc monſ. 407. welches mehr nachdruck auf die würde legt. Nicht anders ver- halten ſich wëraltiſc (mundanus) wëraltlîh (ſecularis), jenes zu himiliſc gegenſatz, dieſes zu keiſt-lîh, âtum-lîh. — 2) des nhd. -ig für -lich und -lich für -iht iſt ſ. 305. 382. gedacht worden, doch fallen die beiſpiele des letztern nicht in die ſubſt. comp. Engl. gilt meiſtens -ly ſtatt -like. — 3) das nhd. -lich weckt in dem erſten einſilbigen wort den umlaut (ausg. gaſt-l.); in zweiſilbigem zuweilen (müt- ter-l. väter-l. läſter-l. jämmer-l. kümmer-l.) nicht über- all (adel-l. herzog-l. wunder-l. jugend-l. âbend-l.). Viel unentſchiedner iſt der mhd. umlaut, z. b. ſchame-l. gote- l. neben ſcheme-l. göte-l., jâmer-l. neben jæmer-l. kaum höve-l. köne-l., noch weniger zörn-l. — 4) wir haben geſehen, daß bloß die nord. mundart hier uneigentlich mit dem gen. componiert; die ahd. bietet noch eine be- ſondere, im mhd. ſeltnere, aber nicht ganz verwiſchte erſcheinung dar: -lîh bedeutet zuweilen jeder, das dazu gehörige ſubſt. wird im gen. pl. vorhergeſetzt. Daß in den folgenden beiſpielen keine eigentl. zuſ. ſetzung walte, lehrt das bisweilen hinzugefügte adj. allero; der loſe gen. iſt gleichwohl in uneigentliche comp. getreten, wo ſich das o der flexion in a, i aſſimilieren, ja (bei N.) in e ver- wandeln kann. O. hat ſchwankend manno-lîh, manna- lîh, manni-lîh (omnis homo) I. 3, 80. III. 20, 77. 21, 47. V. 1, 35, 47, 58, 71, 82, 94; io-manno-gilîh Lud. 16. wîbi-lîh (omnis mulier) IV. 26, 70; friunti-lîh (omnis amicus) V. 1, 59, 70. 4, 5. lido-lîh (quodvis membrum) I. 18, 34. N. manno-lîh 63, 10. 103, 23. 118, 1. roſſo-lîh (omnis cquus) 31, 9. dingo-lîh (omnis res) Boeth. 162. 168. 169; allero dingo-lîh Boeth. 165. 169. boume-lîh (omnis

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 569. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/587>, abgerufen am 28.06.2024.