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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
ge-rinnen; rathen, ge-rathen; stehen, ge-stehen (confiteri,
d. h. bei einer behauptung bleiben, zuweilen auch noch
soviel als gerinnen). Die angeführten beispiele lehren,
daß die deutsche part. gewöhnlich dem lat. con-, zuwei-
len auch dem re-, oder einigen andern part. entspricht,
daher sie manchmahl mit dem bi- wechselt, z. b. T. 6,
6. ist conservavit durch gi-hielt, 12. 9. durch bi-hielt
verdeutscht. Nicht selten liegt im composito ein begriff
der dauer und des anhaltenden (ge-sitzen, ge-ligen, ge-
sweigen, ge-rinnen, ge-friesen etc.) wovon ich hernach
mehr sagen werde; einigemahl auch der des gedeihens
und wohlergehens (gegen, ge-lingen, ge-raten, ge-sitzen,
ge-vallen); in beiden fällen sind es lauter intransitiva.
oft aber hat das ge- vor starken verbis einen ganz un-
merklichen sinn und fällt mit dem simpl. zusammen, wie
sich servare und conservare, scribere und conscribere
nahe kommen. Goth. übertragen fahan Joh. 7, 44. 8, 20.
und ga-fahan Joh. 7, 32. Luc. 20, 20. beide piazein (ca-
pere); saihvan und ga-saihvan bedeuten beide videre, ob-
gleich jenes mehr blepein und oran, dieses mehr eidenai
ausdrückt; lisan sowohl sunagein als ga-lisan; sakan und
ga-sakan; sitan und ga-sitan; sviltan und ga-sviltan scheinen
bei Ulf. einerlei. Ahd. sind meistens gleichbedeutig duin-
gan, gi-duingan; chiosan mons. 328. N. 9, 14. gi-chiosan
mons. 321. 376. (deliberare, providere); slahan, gi-slahan;
sceidan, gi-sceidan; sehan, gi-sehan T. 64, 5, 6; suerban, gi-
suerban; vahan, gi-vahan etc. Nicht anders im ags. und mhd.;
allein im nhd. sind wenige ge- erhalten worden und je-
des, wenn das simplex daneben gilt, verändert dessen
bedeutung, wir dürfen nicht mehr sagen: ge-zwingen,
ge-scheiden, ge-sehen, ge-fangen etc. -- 2) vor schwa-
chen verbis
hat die partikel weit seltner die hervorge-
hobne bedeutung von con-, ohne zweifel, weil abgelei-
tete verba an sich beschränktes, enges sinnes sind. Nur
zuweilen finde ich noch einigen unterschied, namentlich
bei verbis zweiter und dritter conjugation. Goth. lathon
(kalein) Matth. 9, 13. Marc. 2, 17. ga-lathon (sugkalein)
Luc. 5, 16; haban (habere) ga-haban (tenere, retinere);
sveran (timan) Marc. 7, 6, 10. 10, 19. Luc. 18, 20. scheint
weniger als ga-sveran (doxazein) Joh. 12, 16. 13, 31; da-
gegen sind gleichviel idreigon, ga-idreigon; salbon, ga-
salbon; supon, ga-supon; aistan, ga-aistan; arman, ga-
arman; leikan, ga-leikan; slavan, ga-slavan; thahan, ga-
thahan; thlaihan, ga-thlaihan; thulan, ga-thulan; trauan, ga-
trauan; einige finden sich nicht ohne ga- vor, z. b. ga-

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III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
ge-rinnen; rathen, ge-rathen; ſtehen, ge-ſtehen (confiteri,
d. h. bei einer behauptung bleiben, zuweilen auch noch
ſoviel als gerinnen). Die angeführten beiſpiele lehren,
daß die deutſche part. gewöhnlich dem lat. con-, zuwei-
len auch dem re-, oder einigen andern part. entſpricht,
daher ſie manchmahl mit dem bi- wechſelt, z. b. T. 6,
6. iſt conſervavit durch gi-hielt, 12. 9. durch bi-hielt
verdeutſcht. Nicht ſelten liegt im compoſito ein begriff
der dauer und des anhaltenden (ge-ſitzen, ge-ligen, ge-
ſwîgen, ge-rinnen, ge-frieſen etc.) wovon ich hernach
mehr ſagen werde; einigemahl auch der des gedeihens
und wohlergehens (gegên, ge-lingen, ge-râten, ge-ſitzen,
ge-vallen); in beiden fällen ſind es lauter intranſitiva.
oft aber hat das ge- vor ſtarken verbis einen ganz un-
merklichen ſinn und fällt mit dem ſimpl. zuſammen, wie
ſich ſervare und conſervare, ſcribere und conſcribere
nahe kommen. Goth. übertragen fahan Joh. 7, 44. 8, 20.
und ga-fahan Joh. 7, 32. Luc. 20, 20. beide πιάζειν (ca-
pere); ſaíhvan und ga-ſaíhvan bedeuten beide videre, ob-
gleich jenes mehr βλέπειν und ὁρᾶν, dieſes mehr εἰδέναι
ausdrückt; liſan ſowohl συνάγειν als ga-liſan; ſakan und
ga-ſakan; ſitan und ga-ſitan; ſviltan und ga-ſviltan ſcheinen
bei Ulf. einerlei. Ahd. ſind meiſtens gleichbedeutig duin-
gan, gi-duingan; chioſan monſ. 328. N. 9, 14. gi-chioſan
monſ. 321. 376. (deliberare, providere); ſlahan, gi-ſlahan;
ſceidan, gi-ſceidan; ſëhan, gi-ſëhan T. 64, 5, 6; ſuërban, gi-
ſuërban; vâhan, gi-vâhan etc. Nicht anders im agſ. und mhd.;
allein im nhd. ſind wenige ge- erhalten worden und je-
des, wenn das ſimplex daneben gilt, verändert deſſen
bedeutung, wir dürfen nicht mehr ſagen: ge-zwingen,
ge-ſcheiden, ge-ſehen, ge-fangen etc. — 2) vor ſchwa-
chen verbis
hat die partikel weit ſeltner die hervorge-
hobne bedeutung von con-, ohne zweifel, weil abgelei-
tete verba an ſich beſchränktes, enges ſinnes ſind. Nur
zuweilen finde ich noch einigen unterſchied, namentlich
bei verbis zweiter und dritter conjugation. Goth. laþôn
(καλεῖν) Matth. 9, 13. Marc. 2, 17. ga-laþôn (συγκαλεῖν)
Luc. 5, 16; haban (habere) ga-haban (tenere, retinere);
ſvêran (τιμᾷν) Marc. 7, 6, 10. 10, 19. Luc. 18, 20. ſcheint
weniger als ga-ſvêran (δοξάζειν) Joh. 12, 16. 13, 31; da-
gegen ſind gleichviel ïdreigôn, ga-ïdreigôn; ſalbôn, ga-
ſalbôn; ſupôn, ga-ſupôn; áiſtan, ga-áiſtan; arman, ga-
arman; leikan, ga-leikan; ſlavan, ga-ſlavan; þahan, ga-
þahan; þlaíhan, ga-þlaíhan; þulan, ga-þulan; tráuan, ga-
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[835/0853] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. ge-rinnen; rathen, ge-rathen; ſtehen, ge-ſtehen (confiteri, d. h. bei einer behauptung bleiben, zuweilen auch noch ſoviel als gerinnen). Die angeführten beiſpiele lehren, daß die deutſche part. gewöhnlich dem lat. con-, zuwei- len auch dem re-, oder einigen andern part. entſpricht, daher ſie manchmahl mit dem bi- wechſelt, z. b. T. 6, 6. iſt conſervavit durch gi-hielt, 12. 9. durch bi-hielt verdeutſcht. Nicht ſelten liegt im compoſito ein begriff der dauer und des anhaltenden (ge-ſitzen, ge-ligen, ge- ſwîgen, ge-rinnen, ge-frieſen etc.) wovon ich hernach mehr ſagen werde; einigemahl auch der des gedeihens und wohlergehens (gegên, ge-lingen, ge-râten, ge-ſitzen, ge-vallen); in beiden fällen ſind es lauter intranſitiva. oft aber hat das ge- vor ſtarken verbis einen ganz un- merklichen ſinn und fällt mit dem ſimpl. zuſammen, wie ſich ſervare und conſervare, ſcribere und conſcribere nahe kommen. Goth. übertragen fahan Joh. 7, 44. 8, 20. und ga-fahan Joh. 7, 32. Luc. 20, 20. beide πιάζειν (ca- pere); ſaíhvan und ga-ſaíhvan bedeuten beide videre, ob- gleich jenes mehr βλέπειν und ὁρᾶν, dieſes mehr εἰδέναι ausdrückt; liſan ſowohl συνάγειν als ga-liſan; ſakan und ga-ſakan; ſitan und ga-ſitan; ſviltan und ga-ſviltan ſcheinen bei Ulf. einerlei. Ahd. ſind meiſtens gleichbedeutig duin- gan, gi-duingan; chioſan monſ. 328. N. 9, 14. gi-chioſan monſ. 321. 376. (deliberare, providere); ſlahan, gi-ſlahan; ſceidan, gi-ſceidan; ſëhan, gi-ſëhan T. 64, 5, 6; ſuërban, gi- ſuërban; vâhan, gi-vâhan etc. Nicht anders im agſ. und mhd.; allein im nhd. ſind wenige ge- erhalten worden und je- des, wenn das ſimplex daneben gilt, verändert deſſen bedeutung, wir dürfen nicht mehr ſagen: ge-zwingen, ge-ſcheiden, ge-ſehen, ge-fangen etc. — 2) vor ſchwa- chen verbis hat die partikel weit ſeltner die hervorge- hobne bedeutung von con-, ohne zweifel, weil abgelei- tete verba an ſich beſchränktes, enges ſinnes ſind. Nur zuweilen finde ich noch einigen unterſchied, namentlich bei verbis zweiter und dritter conjugation. Goth. laþôn (καλεῖν) Matth. 9, 13. Marc. 2, 17. ga-laþôn (συγκαλεῖν) Luc. 5, 16; haban (habere) ga-haban (tenere, retinere); ſvêran (τιμᾷν) Marc. 7, 6, 10. 10, 19. Luc. 18, 20. ſcheint weniger als ga-ſvêran (δοξάζειν) Joh. 12, 16. 13, 31; da- gegen ſind gleichviel ïdreigôn, ga-ïdreigôn; ſalbôn, ga- ſalbôn; ſupôn, ga-ſupôn; áiſtan, ga-áiſtan; arman, ga- arman; leikan, ga-leikan; ſlavan, ga-ſlavan; þahan, ga- þahan; þlaíhan, ga-þlaíhan; þulan, ga-þulan; tráuan, ga- tráuan; einige finden ſich nicht ohne ga- vor, z. b. ga- G g g 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 835. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/853>, abgerufen am 22.11.2024.